Was ist davon zu halten, wenn aus der Asche von Toten Bäume werden? Oliver Wirthmann, Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur mit Sitz in Düsseldorf, hat auf unsere Anfrage Stellung zu solchen neuen Bestattungsformen genommen.
Wirthmann ist kein Unbekannter in Unterfranken. Der Lohrer war katholischer Pfarrer in Kitzingen, heiratete 2009 und trat 2010 zum evangelischen Glauben über. Wiederholt hatte sich der Bundesverband Deutscher Bestatter mit der Entnahme von Aschebestandteilen nach der Kremation eines Verstorbenen zu befassen. Die Verwendung ist die Voraussetzung für kommerzielle Angebote im Bereich der Sepulkralkultur. Angeblich dienen sie als Hilfe bei der Trauerbewältigung. Aber auch kommerziell sei die Verwandlung oder gesonderte Aufbewahrung von Aschebestandteilen von Bedeutung, so Wirthmann.
Auch skurril anmutende Angebote seien in einer nahezu tabulosen Ideenwelt vertreten. Eine Künstlerin aus dem hessischen Hanau male beispielsweise Bilder aus der Asche Verstorbener, eine Firma namens „Holy Smoke“ mische Asche Jagdpatronen bei, Vinyl-Schallplatten würden mit Ascheteilen hergestellt, Tattoos würden mit aschehaltigen Stoffen unter die Haut seziert und Pringles-Dosen dienten als Aschebehältnis.
Insbesondere „Trauerdiamanten“, ein „Saphir als letzte Ruhestätte“ oder der nun verstärkt beworbene „Tree of life“ sind für den Geschäftsführer Ausdruck eines vermeintlich transzendenten Verständnisses, das sich nicht nur in der Werbung wiederfinde, sondern auch durch eine schreibende Lobby verstärkt werde. Das mediale Interesse dafür sei ausgeprägt und lasse mitunter vergessen, dass es sich im Verhältnis zur Gesamtzahl aller Bestattungen nur um einen Bruchteil von Fällen handele. Von Trend könne man nicht sprechen.
Wirthmann zieht dieses Fazit: Nach Auffassung des Bundesverbandes Deutscher Bestatter (BDB) sind Aschenreste eines Verstorbenen ungeteilt in ein zu verschließendes Behältnis aufzunehmen und an einem nach dem jeweiligen Bestattungsgesetz zulässigen Bestattungsort beizusetzen. Eine Aushändigung an Angehörige oder Dritte – auch von Teilen der Asche – sei danach nicht zulässig.
„Die Argumentation, die auch in dem Main-Post-Artikel zum Ausdruck kommt, Angehörige wohnten weit auseinander, die Menschen würden heute andere Formen verstärkt wünschen und der Friedhof sei kein zeitgemäßer Ort der Trauer, ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar. Vielmehr zeigt sich trauerpsychologisch, dass viele derartige Angebote nach einiger Zeit größere Probleme bereiten, die dafür aufgerufenen Preise inadäquat sind und im Letzten, Angehörige in der Trauer schlecht beraten wurden“, schreibt Oliver Wirthmann in seiner Stellungnahme.
Besonders hart geht Wirthmann mit der Aussage von Angela Stegerwald ins Gericht, die Asche können auch in fränkischen Rebstöcken weiterleben: „Das stellt jede Form würdiger Bestattung auf den Kopf, verhöhnt die gewachsene fränkische Weintradition und offenbart bestürzend schnell ein rein merkantiles Interesse, das mit einem Pseudo-Heimatgefühl genährt wird“.
Eine Mitwirkung an der Ascheteilung sei regelmäßig bußgeldbewehrt und könne den Straftatbestand der Störung der Totenruhe erfüllen. Darüber hinaus sei nach vorliegender Rechtsprechung eine Werbung mit der Teilung der Asche wettbewerbswidrig. „Wir halten daher daran fest, dass der Friedhof der adäquate Ort für die Urnen Verstorbener ist.“
Matthias Liebler, Bestatter in Marktheidenfeld, ist zweiter Vorsitzender des Bestatterverbandes Bayern. „Bei den Bestattungen hat sich viel getan“, sagt er. Er erinnert an Baumbestattungen im Friedwald und im Ruheforst. Als eher exotisch bezeichnet er Weltraumbestattungen oder die Umformung der Asche eines Verstorbenen in einen Diamanten. Die „Tree of Life“-Methode könne sich jedermann leisten. Neben den Gebühren für eine Verbrennung kommen Kosten in dreistelliger Höhe auf den Kunden zu.
Ein Problem mit der Pietät sieht Liebler nicht. Schließlich würden die Verstorbenen zuerst in einem Krematorium nach besonderen Richtlinien eingeäschert. Erst dann ginge die Asche weiter.