Lingual heißt zungenseitig. Mit dieser Technik wurde erstmals in den 70er Jahren experimentiert, damals waren die Apparaturen aber noch nicht ausgereift. Mittlerweile sind die Behandlungserfolge denen herkömmlicher fester Zahnspangen ebenbürtig. "Die Methode ist in den letzten Jahren weiter verbessert worden", bestätigt Dr. Albrecht Dees. Der Würzburger Kieferorthopäde sieht die Lingualtechnik nicht allein als Frage der Ästhetik.
Gerade bei Korrekturen im Unterkiefer biete diese Methode funktionelle Vorteile: "Es wird verhindert, dass sich die Patienten mit den oberen Zähnen auf die unteren Brackets beißen." Nachgefragt wird das Verfahren allerdings wenig. Das liegt am Preis, erläutert Dr. Dees. "Würzburg ist eben nicht Berlin", bestätigt Dr. Klaus Keß, in dessen kieferorthopädischer Praxis die linguale Zahnspange ebenfalls "die große Ausnahme" ist. Gegenüber einer herkömmlichen Zahnspange kämen auf die Patienten für ein komplettes Gebiss Mehrkosten von etwa 3000 Euro zu, die die gesetzlichen Krankenkassen nicht übernehmen, so Dr. Dees: "Bei den Privatversicherungen kommt es auf den individuellen Vertrag an." Zusätzlicher Laboraufwand, höhere Materialkosten und kompliziertere Handhabung für den Arzt - die Positionierung der Brackets auf der Innenseite der Zähne ist wesentlich schwieriger als auf der Zahnaußenseite - wollen bezahlt sein.
Erwachsene Patienten müssten Kosten einer kieferorthopädischen Behandlung in aller Regel ohnehin selbst tragen, erläutert Winfried Willauer Teamleiter Kieferorthopädie bei der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK). Kinder und Jugendliche mit massiven Zahnfehlstellungen bekämen zwar eine herkömmliche Zahnspange von der Kasse bezahlt, nicht aber die linguale. Eltern müssten gegebenenfalls nicht nur den Differenzbetrag, sondern die komplette Behandlung aus eigener Tasche zahlen. Den ästhetischen Vorzügen stehen mehr oder weniger starke Eingewöhnungsschwierigkeiten des Patienten gegenüber, bis sich die Zunge an den Fremdkörper im Mund gewöhnt hat: "Die Brackets sind zwar klein, aber für die Zunge doch groß. Das ist eine gewisse Umstellung", so Dr. Dees. In den ersten zwei Wochen können erhebliche Probleme beim Essen und Sprechen und Irritationen der Zunge auftreten, warnt auch Dr. Keß.
Neben der lingualen Zahnspange gibt es noch ein zweites Verfahren, das als "unsichtbare Zahnspange" beworben wird: Invisalign. Die so genannten Aligner sind dünne, durchsichtige Kunststoffschienen, die über die Zähne geschoben und nur zum Essen und Zähneputzen entfernt werden. "Eine elegante Methode für kleine Korrekturen", so Dr. Dees. So lassen sich Zahnfehlstellungen in vielen kleinen Teilschritten beheben. Die Anwendungsmöglichkeiten sind allerdings begrenzt. "Es kommt hier ganz auf den Einzelfall an: Welche Fehlstellungen vorliegen und wie groß diese sind", sagt Dr. Dees.
Im Blickpunkt
Tipps zur festen Zahnspange
· Vorsicht beim Abbeißen und
Kauen harter Nahrungsmittel, die
Brackets und Drähte beschädigen
könnten.
· Auch nach Zwischenmahlzeiten
unbedingt die Zähne putzen.
· Längere und sorgfältigere Mund-
hygiene, da das Risiko von Ablage-
rungen und Karies erhöht ist.