Die Gaslaternen am Tisch, in den alten Mauern mit wunderschönem Runderker, scheinen die Geschichte dieses Ortes lebendig zu erzählen – und seien es Sagen und Legenden, die keineswegs belegbar sind wie diejenige, dass früher die Maultiere des seinerzeitigen Gestütes von der Weide ausgebüchst und zum nahe gelegenen Kreuzberg gelaufen seien, weil sie dort gutes Futter von den Mönchen bekommen hätten. So erzählen es die alten Dorfbewohner.
Was von Mären und Sagen wahrlich bleibt, ist eine wechselvolle Geschichte und ein paar Lücken in der Chronik des kleinen Jagdschlosses, das heute im ersten Stock die Gaststätte und in der Etage darunter Ausstellungsräume für schön aufbereitete alte Holzschränke und manches Jagdgut vorweist. Dort sind auch Leckereien gelagert, wie Marmeladen und Gelees aus Früchten der näheren und weiteren Umgebung: ob Waldbeeren, Holunder oder Quitten.
Forst- und Jägerhaus
Das etwas abseits der Hochrhönstraße gelegene kleine Jagdschloss, sieben Kilometer nördlich von Bischofsheim, wirkt fast unberührt. Früher wurden in dieser Gegend vor allem Eisenwerke und Glashütten betrieben, errichtet durch die Freiherren von Thüngen im 16. Jahrhundert. Eisenschmelzen und Glashütten waren damals die größten Holzfresser, denn sie wurden mit Holzkohle betrieben. Überall rauchten die Meiler. Die kahlen Flächen der Hochrhön sind das Ergebnis.
1614 kaufte der Würzburger Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn den Holzberghof. Echter ließ hier ein Forst- und Jägerhaus erbauen. An den damaligen Bau aus blauem Basalt erinnert noch heute das Echter-Wappen und die Jahreszahl 1614 über der Eingangstür des Hauses. Die fürstbischöfliche Kammer errichtete auf dem erworbenen Gut ein Gestüt mit Maultierzucht, „Es seien ungeführ 30 Lastmulis jährlich gezüchtet worden“, heißt es in den Archiven. „In der Franzosenzeit 1796 ging die Zuchtstation ein, weil französische Marodeure die besten Maultiere weggeführt haben sollen“, berichten Chronisten weiter.
Der Hof – immer wieder verpachtet – blieb bis 1803 in Händen des Hochstiftes Würzburg. Von 1803 an war er in churfürstlich bayerischem Eigentum und wurde später Staatseigentum. 1850 verkaufte der bayerische Staat das Gut Holzberghof um 7050 Gulden an den Freiherrn Constantin von Gebsattel zu Lebenhan. Nach weiteren Besitzerwechseln ging das Gut 1902 an Graf Paul Frederik Schimmelmann aus Hellebeck in Dänemark, den Adoptivsohn der ledigen Gräfin Adeline Schimmelmann, die ihrerseits Hofdame der Kaiserin Augusta war.
Die durch den Volksmund verbreitete Behauptung, dass Kaiser Wilhelm II. den Holzberghof für Gräfin Schimmelmann erworben habe, fand sich aber nie bestätigt, eben so wenig wie das Gerücht, ihr Sohn sei ein Sohn des Kaisers.
Im Gegenteil: Paul Frederik Schimmelmann – weil nicht leiblicher Sohn, sondern adoptiert – musste hinnehmen, dass ihm der Grafentitel aberkannt wurde. Die Gräfin selbst war erbost darüber und schrieb an das königliche Bezirksamt in Neustadt an der Saale: „Ist es nur ein Versehen, so bitte ich es zu revidieren. Ist das Bezirksamt aber gewillt, uns ganz belanglose Schwierigkeiten zu machen, so werde ich das meinem Sohn gegebene Versprechen, ein Schloss zu bauen, zurückziehen, da wir Ruhe haben wollen.“
Das Versprechen wurde dennoch eingelöst und der Umbau des Wohnhauses vorgenommen. Hinzu kam eine Fassade mit zwei Türmen und einer Veranda. Die Gräfin nannte es nun: „Schloss Frederikstein am Münzkopf.“ Am Portal ist an einem Rundturm ein verwittertes Sandsteinrelief der Heiligen Familie eingelassen, vermutlich der Aufsatz eines Bildstockes. Die daneben befindlichen Blumenkästen aus Zement sollen ursprünglich Futtertröge gewesen sein.
Eine Erinnerung an Gräfin Adeline Schimmelmann war die sogenannte Adelinen-Eiche an der alten Holzbergstraße. Unter dieser Eiche pflegte die Gräfin, wenn sie sich in einer Sänfte nach Bischofsheim tragen ließ, auszuruhen. Die Eiche soll um 1920 gefällt worden sein.
Nach dem Ersten Weltkrieg verließ Paul Schimmelmann sein Schloss Frederikstein in der Rhön, um nach England überzusiedeln. Die neuen Besitzer Viktor und Anna Hösch investierten erheblich in das Gut, aber die Landwirtschaft erwies sich als unrentabel. Nach weiteren Besitzerwechseln erwarb 1955 der Tuchkaufmann Ferdinand Meinschäfer aus Mellrich, Kreis Lippstadt, den Holzberghof.
Geprüfte Pilzberaterin
Heute betreiben das Hotel und Restaurant Holzberghof Ulrike und Bernd Meinschäfer. Hausgäste kommen bei Ulrike Meinschäfer im Herbst zuweilen in den Genuss eines besonderen Privilegs: Sie dürfen mitgehen, wenn die geprüfte Pilzberaterin, die ihrerseits die Giftzentrale berät, im Wald Steinpilze, Goldröhrlinge und Perlpilze für die Küche sammelt. Pfifferlinge sind auch manchmal dabei – für den privaten Gebrauch, denn diese zu sammeln, sei sehr aufwendig, sagt sie. Dank ihres Wissens kommen im Restaurant neben bekannten Schmankerln öfter auch ausgefallene Gerichte auf den Speiseplan, etwa gebackener Pilze oder eine Mischpilzpfanne, ohne, dass man sich als Gast Sorgen machen bräuchte, es könne ein giftiger darunter sein.
Küchenchef Bernd Meinschäfer bereitet vor allem Wild zu. Reh, Hirsch und Wildschwein stammen aus seiner Jagd oder aus Bischofsheimer Nachbarrevieren.