Zumal, wenn die Ehe mit der Amerikanerin kurz und kinderlos war und die Haushälterin später die zweite Frau des Barons Truchseß von und zu Wetzhausen wurde.
Erst enteignete die Wehrmacht Schloss Craheim, dann residierten dort die Amerikaner. Ein Heim für Blinde, Russlanddeutsche, ein Internat, waren weitere Stationen, bis das Schloss, das Freiherr Crafft und die Amerikanerin Clara bauten, zum Sitz der „Lebensgemeinschaft für die Einheit der Christen“ wurde.
Siegfried Eisenmann, der seit 40 Jahren hier lebt, hat noch mit Baronin Hedwig, der zweiten Frau des Erbauers Crafft Freiherr Truchseß von und zu Wetzhausen, oben in ihren Räumen Tee getrunken. Hat erlebt, wie aus dem „Einfamilienhaus für eine hochherrschaftliche Familie“ über einige Stationen die Lebensgemeinschaft wurde. Eine Begegnungsstätte, ein Ort, um Glauben zu leben, sich auszutauschen, Hilfe und Zuspruch zu suchen. „Wir begleiten Menschen in verschiedenen Lebenslagen“, sagt Pfarrer Heiner Frank.
Andere Begegnungsstätten mögen in jedem Zimmer eine Dusche haben, praktischer sein. Nur einen Spiegelsaal und einen prachtvollen Wintergarten im Tiffany-Stil haben sie sicher nicht. Und auch keine Ahnengalerie an der Treppe im Kuppelsaal, keinen idyllischen Park. Eben das Gefühl, in einer ganz anderen Welt zu sein.„Die Stille ist wichtig“, sagt Eisenmann. Die schätzt auch das Bayerische Ärzteorchester, das seit Jahren hier zehn Tage probt.
Eine Kopie von Schloss Solitude in Stuttgart wollten Crafft, der preußische Rittmeister, und Clara bauen. Das verbat sich König Wilhelm II. von Württemberg. Deshalb bauten sie keine exakte Kopie, sondern ihre Vorstellung eines verkleinerten Königsschlosses. 400 Handwerker arbeiteten hier, erzählt Eisenmann, der viel lieber über die Einheit der Christen, die Philosophie, die hinter der Lebensgemeinschaft steckt, reden würde. Haus, Lebensgemeinschaft und Begegnungsstätte gehören zusammen, deswegen werden auch keine Schlossführungen angeboten. Wäre auch schwierig mit den vielen Seminarteilnehmern. „Das ist ein geistliches Haus, keine Fortbildungsakademie.“
Das spürt der Besucher auch sofort. Ruhig, friedlich und heimelig ist es hier. Was gebaut wurde, um ein bisschen zu protzen, strahlt jetzt Frieden, Ruhe und Bescheidenheit aus. Stuck, Ahnengalerie und Marmorboden hin oder her: „Am Schluss sind die Leute immer glücklich“, sagt Eisenmann.