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WÜRZBURG
Rettungs-Übung: Abtauchen für den Ernstfall
DLRG-Würzburg Am Ludwigkai versinkt ein Auto im Main. Bei ihrer ersten Übung in diesem Jahr stellen die Lebensretter eine sehr reale Situation nach.
Von unserer Mitarbeiterin Yvonne Müller
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:03 Uhr

Macht euch fertig, ich geb' gleich den Startschuss“, ruft Übungsleiter Wolfgang Keller ins Funkgerät. Anlässlich des 85-jährigen Bestehens der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) in Bayern, stellt die Ortsgruppe einen Notfall nach. Ein Auto ist wegen eines technischen Defekts in den Main gefahren. Jetzt geht es darum, die Insassen so schnell wie möglich zu retten. In Würzburg ist das zuletzt 2007 passiert. Damals waren zwei Frauen mit ihrem Wagen im Main gelandet.

Bei der Inszenierung des Unfalls am Ludwigkai sind 14 Helfer im Einsatz. Ein Schwimmer zieht zwei im Wasser treibende Menschen an Land. „Sie sind bei Bewusstsein“, sagt Keller und erfährt, dass sich noch eine weitere Person im Wagen befindet. Ein Einsatztaucher muss zum Fahrzeug tauchen und den Vermissten suchen. „Unsere Taucher haben Unterwassertelefone dabei, um die Landretter sofort über die Lage zu informieren“, erklärt Keller. Doch die Bergung ist schwieriger als gedacht. Die vermisste Person ist leblos, die Scheibe eingeschlagen und der Gurt klemmt. Der Taucher muss erst den Gurt zerschneiden, um die Person herauszuholen.

Fotoserie

Doch wie verhält man sich, wenn man tatsächlich einmal mit dem Wagen in einen Fluss fährt? Michael Trifellner ist Einsatzleiter der DLRG Bayern und weiß, wie man richtig reagiert. „Je nach Auto, hat man zwischen einer und zehn Minuten Zeit, bevor der Wagen mit dem Motor zuerst nach unten sinkt“, sagt Trifellner, der seit 32 Jahren bei der DLRG tätig ist. Elektrische Fensterheber müsse man so schnell wie möglich bedienen, weil die Technik rasch versage. Danach löst man den Gurt, um sich nicht zu verheddern. Bei manuellen Fensterhebern müsse man sich zuerst abschnallen. „Schafft man es nicht mehr, die Fenster herunterzulassen, muss man mit den Füßen oder einem schweren Gegenstand die Scheibe einschlagen.“ Dabei unbedingt das Gesicht wegdrehen und dann mit dem Kopf zuerst aus dem Auto klettern, so Trifellners Tipp.

Wenn der Außendruck höher ist als der Innendruck, lassen sich die Türen nicht mehr öffnen, warnt Trifellner. Das funktioniere erst dann wieder, wenn ein Druckausgleich stattgefunden hat. „Doch das ist nur für kurze Zeit möglich und zwar dann, wenn einem das Wasser im wahrsten Sinne des Wortes bis zum Hals steht“, sagt der DLRG-Experte. Bei dieser Übung ist beinahe die gesamte Schnelleinsatzgruppe der Würzburger DLRG im Einsatz. „Die haben eine besondere Ausbildung, zum Beispiel als Rettungsschwimmer oder als Taucher“, erklärt Michael Germer, Vorsitzender des DLRG-Bezirksverbandes.

Die Helfer der DLRG opfern ständig ihre Freizeit. Das ist nicht immer einfach. „Oft ist es schwierig, einen Mittelweg zwischen Familie und DLRG zu finden“, gibt Michael Trifellner zu. Auch Wolfgang Keller ist mindestens zehn Stunden in der Woche für die DLRG beschäftigt. „Aber ich mache etwas Gutes. Ich rette Menschenleben und bilde Jugendliche aus, damit sie sich selbst und anderen im Notfall helfen können“, sagt Keller, der seit 34 Jahren dabei ist.

Bei der Übung am Ludwigkai hatten die Taucher unter Wasser gute Sicht. Doch das ist die Ausnahme. Denn im Normalfall wirbeln die Schiffe den Boden auf. Die Taucher arbeiten dann mit ihrem Tastsinn. 2012 hatte die DLRG in Würzburg noch keinen Einsatz – zum Glück, sagt Keller. Im vergangenen Jahr waren es neun. Leider kommt es immer wieder vor, dass Menschen nicht gerettet werden können. Dieter Kunad, DLRG-Präsident in Bayern, der zu diesem Anlass nach Würzburg gekommen ist, hat sogenannte Peer-Stellen geschaffen. Hier können sich die Helfer selbst Hilfe holen, wenn sie nach einem Einsatz Betreuung brauchen. Kunad: „Es ist wichtig, dass sie das Ereignis nicht in sich hineinfressen.“

Es ist fast Mittag und die Feuerwehr hat das Dummy-Auto mit einem Kran aus dem Wasser geborgen. Noch einmal greift Keller zu seinem Funkgerät: „Ende – Tauchereinsatz um 11.53 Uhr beendet.“

 
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