Drei Monate ist es her, dass weite Teile der Republik unter Wasser standen. Viele Menschen in den Hochwassergebieten verloren alles, was sie hatten. Neben den Wohltätigkeitsorganisationen stampften auch Privatleute Hilfsprojekte aus dem Boden. Während die etablierten Initiativen mit ihrer Logistik effektiv helfen konnten, ist so mancher private Spendensammler gescheitert – und hat gutwillige Spender verärgert.
„Würzburger helfen mit Möbeln und Kleidung“ war der Main-Post-Artikel überschrieben, der Anfang Juni erschien. Kevin H. (22) und seine Freundin Maria E. (23) erklärten darin, dass sie Sachspenden sammeln und an Hochwasseropfer in Ostdeutschland weitergeben wollen. Das Paar war voller Elan. „Wir wollen sofort helfen“, sagten die beiden.
Passiert ist allerdings nichts. Keine einzige Hilfsladung haben die beiden in die überschwemmten Gebiete gefahren, keine Möbel, Spielsachen, Kleidung gesammelt. An der Spendenbereitschaft lag es nicht, dass die Aktion scheiterte. Viele Würzburger wollten helfen.
„Mein Mann hat einen nicht mehr benötigten Kleiderschrank mit neuen Beschlägen versehen“, erzählt die 76-jährige Helene K., „ich habe das Holz mit Möbelpolitur bearbeitet, damit es schon glänzt“. Ihre Nachbarin Andrea S. hat die Couchgarnitur, die nicht in die neue Wohnung passte, an ihrem freien Tag „mit Polsterschaum gereinigt“, um sie über Kevin H. den Hochwasseropfern zukommen zu lassen. Bei der Zwillingsmutter Sarah H. lief „ein ganzes Wochenende die Waschmaschine und das Bügeleisen glühte“, weil sie Kleidung ihrer Kinder mitschicken wollte. Max W. hat, zusammen mit seinen Söhnen, „einen ganzen Samstag lang“ nicht mehr benutztes Spielzeug gesäubert und zwei Fahrräder „aufgehübscht und mit neuen Ketten versehen“. In der Wohnung von Karl-Heinz N., der seine Freunde gebeten hatte, sich auch an der Aktion zu beteiligen, stapelten sich „Kisten mit Hilfsgütern“.
Sachen wurden nicht abgeholt
Alle diese Sachen hat Kevin H. nie abgeholt. Wer seine Telefonnummer anrief, habe erfahren, dass sich „die Sache erledigt“ habe, erzählen Spender. Dann sei aufgelegt worden.
Tatsache ist, dass Kevin H. und Maria E. zwar gutwillig waren, aber überfordert und unorganisiert. Ihr blauäugiger Plan, „ohne Kapazitäten zu helfen“, ging nicht auf. „Wir hatten keine Lagermöglichkeiten, keine Transporter und kein Geld“, erklärt der 22-Jährige gegenüber der Redaktion. Zwar hätten sich auf den Zeitungsartikel auch Besitzer von Lagerhallen gemeldet. Aber zu Bedingungen, die das Paar nicht habe erfüllen können. Auch eine Spedition habe mitmachen wollen. „Die hätten Hilfsgüter in Hochwassergebiete gefahren“, sagt Kevin H., „aber nur in Bayern“. Und da seien keine Sachspenden „mehr gebraucht worden“.
Den Vorwurf, er habe die Spender im Regen stehen lassen, will der 22-Jährige nicht auf sich sitzen lassen. Er habe „allen gesagt, sie sollen warten, bis die Logistik steht“, sagt er. Und vielen Spendern habe er auch mitgeteilt, dass „wir die Initiative beenden müssen“.
Auf facebook wimmelt es von Meldungen enttäuschter Spender und desillusionierter Helfer aus ganz Deutschland. „Als wir nach dreistündiger Fahrt mit einem Kombi voller Kleidung im Hochwassergebiet ankamen, standen da noch ungeöffnet die Kartons mit Kindersachen rum, die wir drei Wochen zuvor per Paketdienst geschickt hatten“, klagt eine Frau. Eine andere hat „zwei Garagen voll Möbel zusammengebettelt und nun will niemand sie haben“. Weil sie seit Anfang September Miete für die Garagen zahlen muss, ist sie jetzt „total verzweifelt“. Ein Mann, der „wochenlang Möbel für die Flutopfer gesammelt“ hat, hat jetzt „eine ganze Scheune voll Hausrat“, den er nicht los wird. „Im Herbst muss die Scheune leer sein“, schimpft er, „wenn ich die Sachen bis dahin nicht los bin, muss ich sie auf eigene Kosten entsorgen“.
Die Hilfsorganisationen haben schon lange gemeldet, dass sie keine Sachspenden mehr benötigen, sondern Geld.