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Prinz Pi zieht Bilanz
Der Berliner Rapper Prinz Pi  bei einem Auftritt: Vor kurzem ist sein neues Album „Kompass ohne Norden“ erschienen.
Foto: Matthias Balk, dpa | Der Berliner Rapper Prinz Pi bei einem Auftritt: Vor kurzem ist sein neues Album „Kompass ohne Norden“ erschienen.
Das Interview führte Steffen Rüth
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:37 Uhr

Er gehört nicht richtig dazu, und das gefällt ihm gut. Friedrich Kautz, der sich Prinz Pi nennt, ist ein Rapper für das gehobene Bildungsniveau, ein Intellektueller in einer von Proleten geprägten Szene. Einst besuchte der 33-jährige Berliner das elitäre Gymnasium Steglitz, anschließend studierte er Kommunikationsdesign. Trotzdem liebt der Vater einer drei Jahre alten Tochter den Hip-Hop. „Kompass ohne Norden“ ist bereits sein fünfzehntes Album. Und es dürfte ihm den überfälligen Durchbruch bescheren. Zu starken Melodien und unterlegt mit einer fetten Produktion rappt Prinz Pi über die Themen die ihn beschäftigen.

Frage: Du bist lange, wie deine Plattenfirma es beschreibt, „unter dem Radar geflogen“. Mit deinem 2011 erschienenen Album „Rebell ohne Grund“ hast du es erstmals in die Top Ten geschafft. Warum ist Hip-Hop wieder so gefragt?

Prinz Pi: Der Zeitgeist für Musik, die auf Hip-Hop basiert, ist seit ungefähr zwei, drei Jahren sehr günstig. Selbst der Stil etwa einer Lana del Rey ist ja stark vom Hip-Hop geprägt. Irgendwann ist man dann reif für die Akzeptanz einer breiteren Masse.

Das haben auch Kollegen Casper oder Marteria erlebt. Was unterscheidet dich von der Konkurrenz?

Prinz Pi: Meine Inhalte. Bei Casper geht es sehr viel um seine eigene Geschichte, seine Songs sind inszeniert wie Kinofilme. Wenn seine Lieder das große Symphonieorchester verkörpern, sind meine die kleine Kammermusik. Und Marterias Themen wie Partymachen oder gute Laune finden bei mir gar nicht statt.

Bei dir geht es, oft mit melancholischem Unterton, immer gleich ans Eingemachte: Im Titelsong sagst du „Die Ersten sind gescheitert/Die Ersten was geworden/Die Ersten wurden Eltern/Die Ersten sind gestorben/Bob Dylan gab mir einst einen Kompass ohne Norden/So treibe ich verloren in ein unbekanntes Morgen“. Klingt wie die Zwischenbilanz aus Anlass des 15-jährigen Abi-Jubiläums . . .

Prinz Pi: Genau so ist es. Mit Anfang 30 fängt man an, Bilanz zu ziehen. Man guckt, wie weit man gekommen ist und vergleicht das damit, wie weit die anderen gekommen sind.

Bist du zufrieden mit dem Erreichten?

Prinz Pi: Ich habe mich arrangiert. Ich bin zufrieden, aber nicht unbedingt glücklich. Immerhin: Ich habe den Beruf, den ich liebe, eine feste Partnerin und ein Kind. So übel ist die Zwischenbilanz nicht.

Dennoch heißt es in „Fähnchen im Wind“: „Ich warte, dass mein Leben beginnt/Und ich weiß, was ich will, und ich weiß, wer ich bin/Bald nicht mehr Fähnchen im Wind/Lauf schon so lang und weiß nicht, wohin“

Prinz Pi: Der Song behandelt die Zukunft aus der Sicht eines Teenagers. Ich denke wirklich, dass diese Ziellosigkeit ein großes Problem in meiner Generation und der Generation nach mir ist. Früher war es klar: Heiraten, Häuschen, Kinder. Das Spießeridyll, das ich gar nicht verurteilen mag – es hat seinen Reiz. Du hast es einfacher, wenn dich materielle Sachen glücklich machen. Wenn du zum Beispiel darauf stehst, deinen Erfolg mit Rolex, Porsche und junger, blonder Frau zu zeigen, gibt es für dich ganz viele Belohnungsmöglichkeiten. Bloß bin ich keiner dieser Menschen.

In „Moderne Zeiten“ rappst du, dass man die Obdachlosen nicht mehr von den Trendsettern unterscheiden kann, weil beide den gleichen Gammel-Look tragen. Willst du unsere Gesellschaft mit dem Song anprangern?

Prinz Pi: Weniger anprangern, sondern mehr beschreiben. Ich wohne in Kreuzkölln, also in Kreuzberg, Ecke Neukölln, und damit in einem der Epizentren der weltweiten Hipsterbewegung. Junge Leute, Touristen kommen von überall hierher, um einen vermeintlich originären Stil in Sachen Mode, Essen, Clubkultur zu sich nach Hause mitzunehmen. Überall fotografieren die Blogger, Trendscouts laufen durch die Gegend, es ist extrem.

Mit deiner Hornbrille und dem Kapuzenpulli siehst du so wahnsinnig unhip jetzt auch nicht aus . . .

Prinz Pi: Ich will mich auch gar nicht ausklammern. Ich bin ja Berliner und auch eines dieser Originale, von denen die anderen den Stil klauen.

Im Hip-Hop geht es um Kappen und die coolsten Sneaker. Trägst du beides nicht, oder?

Prinz Pi: Ist nicht mein Ding. Die normalen Rapper ziehen sich deutlich anders an als ich.

Was für ein Rapper bist du denn?

Prinz Pi: Schwierig. „Der Rapper mit den intelligenten Texten“ wäre etwas dick aufgetragen. Ich versuche, jemand zu sein, der vernünftige Themen bearbeitet und seine Seele in die Musik packt. Der persönlich ist und doch stellvertretend für andere die Dinge anspricht.

Wieso bist du überhaupt mit dem Rappen angefangen?

Prinz Pi: Am Anfang war die Wut mein Hauptmotiv. Ich habe meine Schulzeit größtenteils als furchtbar empfunden und wollte mich abgrenzen von meinen Mitschülern. Ich weiß noch, wie ich in dem Sommer nach dem Abi bei uns im Keller saß und anfing, erste Songs aufzunehmen. Alle anderen waren auf Abi-Fahrt, nur ich blieb zuhause. Es war ein schöner Sommer.

 
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