Nach der Entführung des Sohnes des Milliardärs Reinhold Würth sucht eine Sonderkommission (Soko) weiter den oder die Täter. Die Ermittler haben aus den zahlreichen Aussagen „15 werthaltige Hinweise“ herausgefiltert, wie Thomas Hauburger von der Staatsanwaltschaft Gießen am Montag sagte. Die Hinweise bezögen sich etwa auf auffällige Personen und Fahrzeuge am Ort des Verschwindens und des Auffindens des 50 Jahre alten Opfers.
Eine entscheidende Spur hatte die 30-köpfige Soko auch zu Wochenbeginn noch nicht: „Es gibt keinen konkreten Tatverdacht, sagte Hauburger. Neben den Zeugenaussagen werten die Experten noch sichergestellte Spuren aus.
Der 50-jährige Markus Würth, Sohn des Konzernchefs, war am vergangenen Mittwoch in Schlitz (Vogelsbergkreis) entführt worden. Auf dem dortigen Hofgut Sassen lebte er in einer Wohngemeinschaft für behinderte und nicht-behinderte Menschen. Am Donnerstagmorgen wurde er in einem Wald bei Kist (Lkr. Würzburg) - rund eine Stunde Autofahrt entfernt - unversehrt gefunden.
Zuvor war beim Unternehmen eine Lösegeld-Forderung eingegangen. Die Forderung soll nicht in der Firmenzentrale in Künzelsau eingegangen sein. Laut der am Firmensitz erscheinenden „Südwest Presse“ erreichte der Anruf eine Tochterfirma, die mit der Handelssparte nichts zu tun habe. Daraus könne gefolgert werden, dass die Täter über Insiderwissen und gute Kenntnisse der Besitzstruktur verfügen müssten, hieß es. Die Gießener Staatsanwaltschaft will den Bericht aus ermittlungstaktischen Gründen nicht kommentieren. „Wir beteiligen uns auch nicht an Spekulationen“, sagte Hauburger.
Das Opfer sei derzeit nicht vernehmungsfähig. Die Einrichtung lehnte Anfragen zu der Entführung und der derzeitigen Situation in der sogenannten Lebensgemeinschaft in Schlitz ab.
Reinhold Würth sprach am Dienstagabend laut "Heilbronner Stimme" bei der Friedrichsruher Begegnung 2015 des Wirtschaftsrats der CDU über "Herausforderungen des Jahres 2016". Der Termin stand schon lange fest. Zu Beginn seiner Rede ging er kurz auf die Geschehnisse ein. "Der Entführungsfall hat mir, meiner lieben Frau und der Familie enorm zugesetzt. Wenn man dasitzt und überhaupt nichts tun kann, das war die schlimmste Nacht meines mehr als 80-jährigen Lebens. Wie sind sehr, sehr dankbar, dass Markus wieder zurück ist, nun geht das Leben weiter", sagte Würth. "Wir haben so viel Zuwendung und Mitleiden erfahren, das hat uns unglaublich viel Kraft gegeben. Ich darf mich ganz herzlich dafür bedanken."
In einer großen Anzeige der regionalen "Heilbronner Stimme" bedankte sich die Familie des "Schraubenkönigs" bei Polizei und Öffentlichkeit. Hier die Anzeige im Wortlaut: „Verehrte, liebe hohenloher Bürgerinnen und Bürger, sehr geehrte Polizeikräfte! Am 17. Juni wurde unser Sohn Markus von Kriminellen entführt. Gott sei Dank tauchte er am 18. Juni unversehrt wieder auf. Die Nacht vom 17. auf den 18. Juni war die schlimmste unseres Lebens! Vom Zeitpunkt der Entführung bis jetzt haben wir von den Bürgern der Region, von Freunden und Bekannten eine riesige Welle von Anteilnahme, Mitleiden und Zuneigung erfahren dürfen. Meine liebe Frau und ich sowie Markus und die ganze Familie bedanken uns ganz herzlich bei Ihnen für dieses Wohlwollen. Wir konnten daraus viel Kraft schöpfen. Auch den Polizeikräften aus Baden-Württemberg, Hessen und Bayern danken wir von ganzem Herzen für diesen Nachteinsatz einer großen Zahl an Polizistinnen und Polizisten, die unter Stress hochprofessionell gearbeitet haben. Die Polizei vermittelte meiner Frau und mir die Sicherheit, dass alles Menschenmögliche zur Rettung von Markus unternommen wird. In großer Dankbarkeit (...). “