Münzen und Geld, das kannten schon antike Kulturen. „Und schon damals hatte Geld etwas mit Politik und mit Machtansprüchen zu tun“, sagt Studentenpfarrer Burkhard Hose von der Katholischen Hochschulgemeinde. Inwiefern dies damals der Fall war, inwiefern dies heute so ist und was verändert werden müsste, darüber diskutierten Burkhard Hose und seine Kollegin Susanne Hötzel von der ESG beim Ökumenischen Gesprächskreis zum Thema „Gott und Geld“ am Dienstag in der Evangelischen Studierendengemeinde.
Ein dramatisches Machtspiel, bei dem es nicht zuletzt um Geld ging, fand im Jahr 70 in Palästina statt. Die römischen Besatzer hatten ein Steuersystem mit etlichen direkten und indirekten Abgaben ausgeklügelt, das Juden mit einem Mal zu Pächtern im eigenen Land machte. Hose: „Ein solches Steuersystem ist ein Machtinstrument und demütigend für die, die damit unterdrückt werden.“ Rund 65 Prozent dessen, was sie einnahmen, mussten die Juden an die Römer abgeben. Markus, der um diese Zeit sein Evangelium schrieb, kannte die Situation. Das von ihm verfasste, älteste Jesusbuch ist deutlich geprägt von den verheerenden Auswirkungen des Jüdischen Kriegs von 66 bis 70.
Laut Burkhard Hose ist das Markus-Evangelium ein mutiger Gegenentwurf zum unterdrückerischen Herrschaftssystem der Römer. An vielen Stellen ist von „Geld“ und „Reichtum“ die Rede. Berühmt die Aussage: „Eher kommt ein Kamel durch ein Nadelöhr als ein Reicher in die Gottesherrschaft!“ Für Burkhard Hose ist die Botschaft unmissverständlich: „Geld versperrt den Weg zu Gott – zumindest solange man es für sich behält.“ Doch genau dies war damals der Fall. Und ist es heute. Es gab große soziale Unterschiede in den frühen christlichen Gemeinden. Eine kleine Gruppe Reicher stand einer großen Zahl armer Menschen gegenüber. Das klingt auffallend „heutig“.
In der Ära von „Rettungsschirmen“ und „Turbokapitalismus“ wird wieder pausenlos über „Geld“ geredet. Wie konnte es zur finanziellen Krise in Europa kommen? Wieso wird es immer schwieriger, genug Geld zu verdienen, um gut mit der eigenen Familie leben zu können? Wiese wird in dieser Gesellschaft im Großen wie im Kleinen dauernd dem Geld hinterhergejagt? Die wichtigste Frage bei der Ökumenischen Gesprächsrunde lautete: Und wie verhalten sich die Kirchen angesichts dieser Situation? Natürlich sehen sie, wie sich die Gesellschaft aufspaltet in Reiche und Arme. Durch Hilfsangebote soll gegengesteuert werden. Doch Burkhard Hose sagt klar: „Das reicht nicht.“
Armut lässt sich nach Meinung des Bibelexperten nicht durch Wohltätigkeit regeln: „Es geht nicht um Charity, sondern um Teilhabe.“ Christlichen Gemeinden sei von Beginn an mehr abverlangt worden, als lediglich etwas vom eigenen Überfluss abzugeben: „Reiche sind zu einem Positionswechsel aufgefordert.“ Wie das gehen soll, ist in der Apostelgeschichte des Lukas beschrieben. Privates Eigentum gibt es in doirt vorgestellten Idealgemeinde nicht mehr. Alle leben in einer Gütergemeinschaft. Hose: „An die Stelle des Modells der Wohltätigkeitsethik tritt das Prinzip der Umverteilung.“ Alle haben am Ende das gleiche. Und alle begegnen sich auf Augenhöhe.
Viele Christen glauben, diese Ideen zu verwirklichen, sei schlechthin unmöglich, weiß ESG-Studentenpfarrerin Susanne Hötzel. Das herrschende System erscheint ihnen derart übermächtig und fest fundamentiert, dass sie sich nicht an Korrekturen trauen. „Doch jeder kann bei sich anfangen“, so die evangelische Theologin. Studierendengemeinden wie die KHG und die ESG können und sollen Räume sein, in denen ein alternatives, herrschaftsfreies Miteinander gelebt werden kann. Mut machen schließlich auch die rund 50 Regionalwährungsinitiativen in Deutschland, die einem alternativen Geldsystem zum Durchbruch zu verhelfen versuchen.