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GEMÜNDEN
Piraten geben sich auf Landesparteitag optimistisch: Drogen als Wahlkampfthema
Benjamin Stahl
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:34 Uhr

„In den Bundestag werden wir auf jeden Fall einziehen, da kann ich gar nichts dran ändern.“ Einst konnte sich Johannes Ponader, früher unumstrittener Geschäftsführer der Piraten, in Talk-Shows entspannt zurücklehnen und auf seinem Smartphone tippend wie beiläufig solch vollmundige Kommentare abgeben. Bei zwölf Prozent und mehr sahen Umfragen die Polit-Neulinge damals, im Frühjahr 2012 – im Frühjahr 2013 ist alles anders. So gaben sich die Piraten bei ihrem Landesparteitag am Wochenende in Gemünden (Lkr. Main-Spessart) nicht nur ein Programm für die Landtagswahl: Sie übten sich auch in Durchhalteparolen und Optimismus.

In aktuellen Umfragen liegen die Piraten sowohl im Bund als auch in Bayern zwischen zwei und drei Prozent. Stefan Körner interessiert das wenig. Erhebungen, „die ein halbes Jahr vor einer Wahl gemacht werden, haben wenig Aussagekraft“, glaubt der Vorsitzende des Landesverbands Bayern.

Dass die Landtagswahl eine Woche vor der Bundestagswahl stattfindet, sei unterdessen ein Vorteil. „Wähler sind bei Landtagswahlen experimentierfreudiger“, so Körner. Deswegen sei er felsenfest davon überzeugt, dass die Piraten „den Landtag in Bayern erobern werden“. Und das gebe dann zusätzlichen Schub für die Bundestagswahl.

„Streiten wie die Kesselflicker“

Dabei haben die Piraten in den vergangenen Monaten kein glückliches Bild abgegeben. Der öffentliche Streit um Ponader, der inzwischen seinen Rücktritt für Mai angekündigt hat, hat der Partei „ziemlich geschadet“, räumt Körner ein. „Das hat gezeigt, dass wir wie andere Parteien, wenn es um Posten geht, streiten wie die Kesselflicker.“

Wie andere Parteien sein – das ist etwas, was die Piraten eigentlich um jeden Preis vermeiden wollen. Das zeigte auch der Parteitag in Gemünden, bei dem nicht nur die viel gepredigte Transparenz in politischen Entscheidungen, sondern auch das Nerd-Image gepflegt wurde. Außenstehende mag es allerdings etwas irritieren, wenn sich Delegierte während der schier endlosen Diskussionen über jeden Punkt des Wahlprogramms, bei der jeder Pirat Argumente für oder gegen einen Vorschlag vortragen darf, die Zeit mit Internet-Spielen vertreiben; der Parteitag war gerade einmal vier Stunden alt, als die Verbindung wegen Überlastung kurz zusammenbrach.

Vielleicht war es eben dieses Anderssein, das den Piraten vor einem Jahr Sympathisanten und mediale Aufmerksamkeit brachte und sich nun überlebt hat. Beate Kesper, Kandidatin für Land- und Bundestag aus Kitzingen hadert jedenfalls mit dem schlechten Timing ihrer Partei. „Anfangs waren wir sehr populär, aber wir wussten nicht, wie wir unsere komplexen Themen an den Wähler bringen“, erklärt die 44-Jährige. „Jetzt haben wir unsere Themen aufbereitet. Aber laut den Medien sind wir inzwischen schon wieder eine tote Partei.“

Schlecht getimt dürfte aus Sicht der Piraten auch das Aufkommen der Protestpartei AfD (Alternative für Deutschland) sein. Gemeinsamkeiten weisen zwar sowohl Kesper als auch Landeschef Körner weit von sich. Doch Letzterer warnt: „Sie werden uns einige Stimmen kosten, weil der Wähler nun zwei Möglichkeiten hat, seinen Protest loszuwerden.“

Dennoch glaubt auch Kesper an einen Wahlerfolg. „Die fünf Prozent“, sagt die unterfränkische Kandidatin, „sind sowohl bei der Landtags- als auch bei der Bundestagswahl möglich.“ Die Wähler wollen die Piraten nicht nur mit ihren klassischen Themen wie Urheberrecht, Bürgerbeteiligung oder Datenschutz überzeugen.

Im Wahlprogramm spielen auch Felder wie Bildungs-, Drogen- und Gesellschaftspolitik eine Rolle. Und da sind einige Aufreger dabei: Im Bildungsbereich verlangen die Piraten etwa eine individuellere Förderung für Schüler und eine Reform des Fachs Sexualkunde. Für einen aufgeklärten Unterricht müsse beispielsweise auch Pornografie thematisiert werden. In der Drogenpolitik wollen sie den Cannabis-Besitz von bis zu 30 Gramm zum Eigengebrauch erlauben. Zudem will sich die Partei für eine stärkere Trennung von Kirche und Staat sowie für die Abschaffung der Stillen Tage einsetzen.

 
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