
Pfadfinder gibt es schon seit über 100 Jahren. Der Gründer Robert Baden-Powell, ein englischer General, schrieb 1899 für die englische Armee eine Anleitung zum Kundschafterdienst. Als er feststellte, dass sich vor allem Jugendliche dafür begeisterten und zu Hause Kundschafter spielten, entwickelte er ein Konzept zur Erziehung von Jugendlichen. Das testete er 1907 bei einem Zeltlager. Danach schrieb er das Buch „Scouting for Boys“, in dem er die wichtigsten Grundsätze der Pfadfinder erläuterte. Dazu gehört zum Beispiel Hilfsbereitschaft und Umweltbewusstsein. Obwohl das Buch eigentlich nur eine Ergänzung für schon bestehende Jugendverbände sein sollte, entstanden auf seiner Basis neue Jugendgruppen, die Pfadfinder.
Es gibt nicht nur eine Pfadfinderorganisation, sondern viele verschiedene. Eine der größten Organisationen der Welt sind die Georgspfadfinder. Zu ihnen gehört auch der Stamm Stadtschwarzach. Laut der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg engagieren sich in Bayern etwa 17 000 Kinder und Jugendliche bei dieser Pfadfinderschaft.
Eine davon ist die 15-jährige Mareike. Sie ist seit fast neun Jahren bei den Georgspfadfindern aktiv. „Ich bin durch meine Familie zu den Pfadfindern gekommen“, erzählt sie. Mareikes Vater war auch Pfadfinder und hat einige Jahre sogar eine Gruppe geleitet. „So war ich von klein auf oft bei Aktionen dabei. Dass ich zu den Pfadfindern gehe, war eigentlich schon immer klar“, sagt sie. „Ich bin gerne Pfadfinder, weil mir die gute Gruppengemeinschaft gefällt“, so Mareike. Bei den Zeltlagern und anderen Aktionen erlebe man viel und mache gute Erfahrungen.
Jeder kann so sein, wie er will
Die 16-jährige Maria ist zusammen mit Mareike in der Pfadfindergruppe. Sie ist seit fast zweieinhalb Jahren dabei. „Ich bin zu den Pfadfindern gekommen, weil ich eine Wette mit einem Freund verloren habe, der schon länger Pfadfinder war“, erzählt sie. „Wir hatten gewettet, dass – wenn ich verliere – einmal zu einer Gruppenstunde mitgehe. Da ich sofort in die Gruppe aufgenommen wurde und es sehr viel Spaß gemacht hat, bin ich gerne dabeigeblieben“, sagt sie. „Außerdem kann bei den Pfadfindern jeder so sein, wie er möchte. Das gefällt mir.“
Ein Pfadfinderstamm ist in verschiedene Altersstufen gegliedert: die Wölflinge, Jungpfadfinder, Pfadfinder und Rover. Der 22-jährige Martin Utz leitet die Pfadfinderstufe der 14- bis 16-Jährigen in Schwarzach. „Ich bin durch Freunde dazu gekommen, die schon länger Pfadfinder waren“, erzählt er. „Ich finde es toll, dass man bei den Pfadfindern die Möglichkeit hat, sich selbst in einer Gruppe zu entwickeln.“ Nachdem er sich mit 18 Jahren zu alt fühlte, um bei den Rover zu sein, entschloss er sich, selbst eine jüngere Altersstufe zu betreuen. „So eine Verantwortung zu haben, ist eine tolle Erfahrung. Ich finde es besonders schön zu sehen, was man selbst bei anderen bewirken kann.“
„Jeden Tag eine gute Tat“ – das ist das Leitmotto der Pfadfinder. Aber wird das wirklich von allen Pfadfindern umgesetzt? „Bei den Pfadfindern werden einem bestimmte Richtlinien und Werte vermittelt, so dass man bewusst und aufmerksam durch das Leben geht“, erzählt Mareike. „Deshalb sieht man immer irgendeine Situation, in der man jemandem helfen kann, indem man ihm etwas Gutes tut oder einfach nur da ist und zuhört. Auch etwas für die Umwelt zu tun ist zum Beispiel eine gute Tat“, sagt die Schülerin.
Viele Pfadfinderklischees stimmen
Und was gehört noch zum Pfadfindersein dazu? Zelten, am Lagerfeuer sitzen, Spuren suchen und Insekten essen? „Viele dieser Pfadfinderklischees stimmen natürlich in gewisser Weise“, sagt Maria. Bei einem Zeltlager sitze man natürlich schon gerne abends am Lagerfeuer. „Ich finde das aber sehr schön, weil es das Gemeinschaftsgefühl stärkt. Außerdem vergisst man so den Alltag und kann sich richtig entspannen.“
Beiges Hemd und buntes Halstuch
Viele stellen sich einen Pfadfinder auch in der typischen Kluft vor: ein beiges Hemd mit Aufnähern, ein Halstuch und einen komischen Hut. Ein Hut gehört zu einer richtigen Pfadfinder-Kluft nicht dazu, aber ein beiges Hemd hat jeder Pfadfinder. Ein Halstuch bekommt man erst, wenn man ein Versprechen abgelegt hat. Die Farbe der Halstücher stehen für die verschiedenen Altersstufen. „Die Kluft tragen wir natürlich nicht den ganzen Tag“, sagt Mareike. „Aber auf Lager oder anderen offiziellen Aktionen darf sie nicht fehlen. Ich finde die Kluft aber nicht schlimm, weil sie die Zugehörigkeit zu den Pfadfindern symbolisiert.“
Pfadfinder schleichen auch nicht die ganze Zeit durch die Natur. „Natürlich laufen wir nicht mit der Lupe durch den Wald und suchen Spuren“, sagt Martin Utz. „Und Insekten essen wir auch nicht! Aber wir versuchen, den Kindern und Jugendlichen die Natur nahezubringen“, sagt der Pfadfinderleiter. Zu diesem Thema hätte sich schon der Pfadfindergründer Robert Baden-Powell geäußert. „Er hat in etwa gesagt, dass all diese Pfadfindersachen zwar stimmen, aber dass sie nicht im Vordergrund stehen, sondern dass sie nur ein Mittel sind, Kindern und Jugendlichen etwas für ihr Leben beizubringen“, so Martin Utz. „Diese Aussage finde ich sehr schön.“