
Wenn die s. Oliver Baskets Würzburg an diesem Samstagabend in der Basketball-Bundesliga zu Gast beim BBC Bayreuth (20.05 Uhr, Live-Ticker auf www.mainpost.de, live bei Sport1) sind, dann wird auch Pascal Roller mit dabei sein. Der frühere Nationalspieler kommentiert die Partie als TV-Experte gemeinsam mit Manfred Winter für Sport1. Der 36 Jahre alte WM-Bronzemedaillengewinner von 2002, der drei Jahre später an der Seite von Dirk Nowitzki auch EM-Zweiter geworden ist, spricht im Interview über Würzburgs Chancen im Franken-Derby, sein Ziel, in Hamburg einen Erstligisten aufzubauen, und die Rolle des FC Bayern München als möglichen Titelkandidaten in dieser Spielzeit.
Pascal Roller: Logisch. Aber ehrlich gesagt ist es momentan eher die Frage, ob ich dort bei den winterlichen Straßenverhältnissen überhaupt hinkomme – und wie wieder zurück. Spaß beiseite, ich habe mich nochmals intensiv mit beiden Teams auseinandergesetzt und erwarte eine spannende Geschichte.
Roller: Das ist alles andere als einfach, immer wieder neue Spieler ins Team integrieren zu müssen. Anfang der Saison kam noch die Belastung durch die EuroCup-Spiele hinzu. Da ist es für einen Trainer absolut schwer, wenn er nicht einmal eine Woche mit dem kompletten Personal konsequent durchtrainieren kann. Umso überraschender ist es, dass die Würzburger aktuell auf einem Play-off-Platz stehen. Jetzt geht es darum, die nächsten sechs Wochen konsequent zu nutzen, im Idealfall geht es auch noch den einen oder anderen Platz für die s. Oliver Baskets nach oben.
Roller: Ja, denn Bayreuth tut sich traditionell auswärts schwer. Der BBC hat aber den Vorteil, dass er immer wieder ein Stück weit unterschätzt wird, obwohl das Team ordentlich besetzt ist und mit Bedacht zusammengestellt wurde. Allen voran mit dem Ex-Würzburger Bryan Bailey, der absolute Führungsqualitäten besitzt.
Roller: Tendenziell ja, denn Würzburg sehe ich trotz der Verletztenmisere tiefer aufgestellt. Letztlich aber trennen beide Mannschaften nur vier Punkte, auch das zeigt, wie eng die zwei Teams beieinander liegen. Würzburg besitzt – insgesamt betrachtet – einen kleinen Vorsprung.
Roller: Ich schaue mir natürlich die Statistiken an und besorge mir – wenn möglich – Bewegtbilder, um einen Eindruck zu gewinnen, wie die jeweilige Mannschaft agiert. Am liebsten aber ist es mir aber, wenn ich meine eigenen Erfahrungen einbringen kann. Bryan Bailey etwa kenne ich noch von meiner aktiven Zeit, mit Würzburgs Alex King habe ich lange in Frankfurt zusammengespielt. Und, wie schwer es ist, den Ball gegen John Little nach vorne zu bringen, weiß ich nur zu gut. Als Co-Kommentator profitiere ich von solchen Erfahrungen. Ich versuche, diese dann auch einzubringen.
Roller: Das stimmt natürlich. Aber für mich ist das kein Problem, mich darauf einzustellen. Ich weiß, dass ich die untergeordnete Rolle besitze. Buschi ist klar der emotionalere Typ, aber Michael Körner und Manfred Winter sind top vorbereitet. Die kennen alle Spieler. Ich versuche mich dem jeweiligen Stil anzupassen, was mir aber auch nicht schwer fällt.
Roller: Das ist ganz unterschiedlich, Favoriten habe ich keinen. Buschi macht natürlich Spaß, wenn es das Spiel hergibt. Ich stelle eines aber immer wieder fest: Wenn ich selbst mitkommentiere und ständig aufs Feld schauen kann, ist das anders als daheim auf der Couch.
Roller: Der Stichtag am Freitag galt für die bestehenden Bundesligisten. Insofern ist die Deadline für ein potenzielles Hamburger Team noch nicht verstrichen. Den genauen Startzeitpunkt haben wir noch nicht hundertprozentig definiert. Wir wollen auch nur dann in die Lizenzierung gehen, wenn wir glauben, bestmöglich aufgestellt zu sein. Wir sind auch dazu bereit, das um ein Jahr zu verschieben, um uns noch breiter aufzustellen. Aktuell sehe ich uns bei 70 bis 75 Prozent dessen, was wir uns vorgenommen haben. Und das ist, wie ich finde, schon eine ganze Menge.
Roller: Aber da haben wir auch dieses Jahr nur bedingt Einfluss. Angenommen Göttingen schafft es sportlich sowie wirtschaftlich und Frankfurt stünde am Saisonende in der Ersten Liga, da wo es jetzt steht, nämlich auf einem Abstiegsplatz, dann würden die Skyliners sicherlich auch eine Wildcard beantragen. Da würde es für uns logischerweise schwer werden. Wir müssen sehen, dass wir mit unserem Hamburger Projekt so dastehen, dass wir für die Liga interessant sind und die anderen Vereine das Gefühl haben, dass wir eine Bereicherung sind. Erst dann macht es Sinn, sich zu bewerben.
Roller: In den Play-offs, das steht fest, wird es verdammt spannend zugehen. Da werden die Bayern ein Wort ebenso mitreden wie – was für mich außer Frage steht – auch Bamberg. Man sollte aber Berlin, das aktuell wegen der Doppelbelastung etwas ins Straucheln geraten ist, nicht vergessen. Bamberg hat gerade durch die Abgänge von P. J. Tucker und Brian Roberts einen heftigen Umbruch. Von daher ist die Konstellation absolut interessant. Es ist schwer, überhaupt etwas vorherzusagen. Gefühlt ist das Feld verdammt eng zusammengerückt. Die Bayern sind ein Kandidat, der längst gezeigt hat, dass er sehr weit kommen kann.
Roller: Mein Eindruck ist der, dass sie die Verletztenmisere zwar wegstecken können, allerdings noch nicht in der Lage sind, das über einen längeren Zeitraum zu kompensieren. Da wirkt die Mannschaft für mich noch nicht so eingespielt. Das ist alles durch die personellen Ausfälle absolut nachvollziehbar, doch jetzt ist eben die entscheidende Phase angebrochen, jetzt musst du konstant deine Leistung bringen. Das könnte aber auch ein Vorteil sein. Ich kenne diese Situation sehr gut, oft bekommst du in solchen Phasen einen zweiten Wind. Würzburg ist und bleibt ein Team, das durch seine aggressive Verteidigung besticht und in der Offensive schwer auszurechnen ist. Wenn die Baskets ins Rollen kommen, dann wird sich der eine oder andere Gegner noch verblüfft umsehen müssen.
Roller: Schwer zu sagen, denn mit Bayreuth assoziiere ich deren Heimstärke. Der BBC muss sich auch noch nach hinten orientieren, von daher tut jeder Sieg gut. Ehrlich gesagt, glaube ich, dass Bayreuth das Spiel gegen Würzburg gewinnt. Es wird eine enge Kiste.