Ingrid (58) und Heinz (63) aus Würzburg lieben ihre Enkelkinder sehr. Fünf Jungs und vier Mädchen zwischen drei und 15 Jahre bereichern ihr Leben, sorgen aber auch zeitweise ganz schön für Stress im Alltag der Großeltern. Drei der Enkel leben ganz in der Nähe. Hausaufgaben betreuen, kochen, Gute-Nacht-Geschichten vorlesen oder die Jungs zum Fußballtraining fahren – da ist ganz schön was los während der Woche.
„Wir sind voll im Leben unserer Enkel dabei, erleben sie nicht nur an Familienfesten, sondern auch im Alltag. Das ist schon toll, aber manchmal auch sehr anstrengend“, sagt Oma Ingrid. Denn Großeltern, die den Enkeln so nahe sind, übernehmen auch eine große Verantwortung – und einen Teil der Erziehung. „Aber das ist alles kein Problem, solange man sich gut mit den Enkeln versteht und mit ihnen vertraut ist. Wenn unsere Kleinen uns drücken oder sagen, ,Oma, ich hab dich lieb', dann ist das wie ein Sechser im Lotto“, schwärmt Ingrid.
Und dann sei der Ärger vom Nachmittag, als es Tränen gab, wegen eines heftigen Streits ums Fernsehgucken auch plötzlich wie weggeblasen. Dann zählt nur noch das Hier und Jetzt und die tiefe Zuneigung zueinander.
Maria (73) und Friedrich (75) aus dem Landkreis Main-Spessart haben nicht so viel Glück. Sie sehen ihre vier Enkelkinder nur selten. Ihr Sohn lebt in Hannover, die Familie ist im Norden voll eingebunden in ein Leben voller Termine und Verpflichtungen – die Besuche im Jahr lassen sich an einer Hand abzählen. „Das tut weh“, sagt Maria. Friedrich winkt ab. „So ist es halt“, sagt er.
Und er gibt zu, dass es ihn sehr anstrenge, wenn die Familie zu Besuch komme. „Die Kinder sind ja noch nicht mal alle in der Schule und die können schon ganz schön arg rumtoben.“ Seine Frau renne dann den ganzen Tag zwischen Küche und Esszimmer hin und her und sei abends völlig erschöpft.
Maria winkt ab. „Ach was, ich mach das doch gerne. Und ich will doch auch gar nicht, dass sie Essen gehen oder ihre Zeit woanders verbringen. Dann haben wir ja gar nichts voneinander. Dann sind sie hier und doch nicht hier.“
Diese Zwickmühle kennen viele Familien. Wie kann man alles so organisieren, dass Oma und Opa auch etwas von ihren Enkeln haben und umgekehrt?
Bei der Geistlichen Jugend- und Familienbegegnung „Wirbelwind“ in Würzburg gibt es spezielle Wochenenden für Familien. Dazu gehört auch seit zwölf Jahren das spezielle Großeltern-Enkel-Wochenende. „Wir sind genau über diese Frage darauf gekommen und haben ein solches Angebot mit in unser Programm aufgenommen“, erzählt Ordensschwester Sybille-Maria.
Die Resonanz sei ungebrochen gut. Nur einen geeigneten Termin zu finden, sei nicht einfach. Der Zeitrahmen der Großeltern habe sich verändert. „Früher wurden die Termine nach der Gartenzeit gerichtet, heute stehen sehr viel mehr Omas und Opas noch voll im Beruf oder verdienen etwas zu ihrer Rente dazu“, sagt die Ordensschwester. Genau hier liege ja auch häufig die Ursache des Dilemmas. Je weniger Freizeit zur Verfügung stehe, desto schwieriger werde ein entspannter Umgang mit den Enkeln. „Das Wertvollste, das Großeltern ihren Enkeln schenken können, ist Zeit. Zeit zum Erzählen, zum Vorlesen, zum Backen, zum Bauen oder Werkeln in der Garage“, sagt Schwester Sybille-Maria. Und dass diese Großelternzeit oftmals sehr viel begrenzter sei als früher. „Wir hören immer wieder, wie schade das sei, dass man nicht öfter mit seinen Enkeln zusammen sein könne.“ Und dass es im ausgebuchten Alltag der Familien so schwer sei, einen Zugang zu den Kindern zu bekommen.
Umgekehrt fühlen sich Mütter und Väter verletzt, wenn die eigenen Eltern augenscheinlich so gar kein Interesse am Nachwuchs ihrer Kinder haben und ihre Zeit lieber mit Freunden oder Nachbarn verbringen, statt mit den Enkeln. Da gibt es Enttäuschungen auf beiden Seiten, die es gilt zu bereden.
Oma Maria und Opa Friedrich kennen das Problem. „Manchmal sind mir die Kinder fast schon fremd. Richtige Gespräche kommen da auch gar nicht zustande, ich kenne mich ja auch nicht aus mit den Sachen, die die heute so interessieren“, gibt Maria zu. Bei den Kleinen sei das noch einfacher. „Die springen einem einfach auf den Schoß und erzählen irgendwas, das ist schön!“
Schwester Sybille-Maria führt häufig Gespräche dieser Art. „Es ist schön, wenn man an unseren Wochenenden dann sieht, wie Groß und Klein auftauen, wie schnell sich da Gemeinschafts- und Zugehörigkeitssinn entwickelt.“
„Viele Großeltern genießen es, unterstützt zu werden, den Rücken frei gehalten zu bekommen, keinerlei Verpflichtungen zu haben, sondern einfach nur Zeit miteinander verbringen zu dürfen.“ Auch dass man Menschen kennenlerne, denen es ähnlich gehe, helfe vielen weiter. Die Teilnehmer kommen aus allen Teilen der Region, häufig auch von weit her. Manche bringen jedes Jahr ein anderes Enkelkind mit, sind überzeugt davon, dass so ein Wochenende die Tür zur Familie öffnen und Einblick geben kann in die sonst so fremde Welt der Enkel. Der Wunsch, mitreden können, vertraut aufeinander zugehen zu können beim nächsten Treffen, erfüllt sich plötzlich. Für die Großeltern-Enkel-Wochenenden interessieren sich überwiegend Omas. „Das liegt natürlich auch daran, dass Männer solchen vermeintlichen Gesprächsrunden nicht so viel abgewinnen können“, sagt Schwester Sybille-Maria lachend. Dazu komme, dass es eine kirchliche Veranstaltung sei, das schrecke auch einige Männer erst mal ab.
„Dabei ist hier jeder willkommen, ob gläubig oder nicht. Viele denken, dass hier den ganzen Tag lang gebetet und gehandarbeitet wird – aber dem ist nicht so. Wir haben einige Opas, die waren ganz begeistert, weil sie mit ihren Enkeln tolle Sachen gebaut und entwickelt haben. Wir sind in unserem Programm flexibel, richten uns danach, was zu den Teilnehmern passt.“
Wenngleich sie keine Probleme mit dem Einblick ins Leben ihrer Enkel haben, finden Opa Heinz und Oma Ingrid die Idee von Großeltern-Enkel-Wochenende gut. „Weil man da mal wirklich Zeit hat und das ganz bewusst genießen kann“, sagt Ingrid. Sie seufzt und lacht. „Jetzt muss ich zum Beispiel schon wieder los. Ich hole Leni, die Jüngste, vom Kindergarten ab und danach gehen wir einkaufen. Meine Tochter muss länger arbeiten, deswegen mach ich heute alles.“
Ihre Kinder seien sehr froh, dass so vieles über Oma und Opa laufen könne. „Die wissen das zu schätzen. Die nehmen das nicht als Selbstverständlichkeit. Und diese Anerkennung tut einfach gut – und motiviert auch!“ Glückliche Oma ist auch Margit Förster (69) aus Marktbreit (Lkr. Kitzingen). Und ihre Enkelin Larissa (2) strahlt über das ganze Gesicht, wenn Oma mit ihr unterwegs ist oder mit ihr spielt. Die beiden verstehen sich prächtig.
Wie gut es tut, eine Oma zu haben, die für ihre Enkel da ist, weiß auch Schwester Sybille-Maria. „Meine Oma hat alles mitgemacht, sogar Fußball gespielt und mehr als einmal dabei einen Gipsarm riskiert.“ Im Gegenzug habe ihre Oma es genossen, wenn die Enkel und später, als sie krank war, auch die Urenkel einfach zu ihr ins Bett gehüpft seien und sie unterhalten hätten. „Sie hat den Tumult einfach gebraucht.“
Das nächste Großeltern-Enkel-Wochenende bei „Wirbelwind“ ist vom 10. bis 12. Oktober 2014. Mehr Informationen gibt es unter Tel. (09 31) 32 98 79 79 oder www.wirbelwind.erloeserschwestern.de
ONLINE-TIPP
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