Krieg, Liebe, Studium oder auch Suche nach den Wurzeln – die Gründe, warum sie vor vielen Jahren nach Deutschland kamen, sind sehr unterschiedlich. Was für alle gleich ist: Sie haben sich entschieden, in Deutschland zu bleiben und das Land zu ihrer neuen Heimat zu machen.
232 Menschen aus 55 Ländern wurden in den letzten zwölf Monaten in Würzburg eingebürgert. 56 von ihnen haben am Mittwochabend an der Einbürgerungsfeier mit Bürgermeisterin Marion Schäfer-Blake im Rathaus teilgenommen.
Einen langen Weg haben sie hinter sich. Denn wer Deutsch sein möchte, muss mit einem komplexen und aufwändigen Einbürgerungsverfahren rechnen. Seit mindestens acht Jahren muss man in Deutschland leben, ausreichende Deutschkenntnisse und einen gesicherten Lebensunterhalt nachweisen können – und keine Verurteilung wegen einer Straftat auf dem Konto haben.
„Für viele von Ihnen war es vielleicht nicht leicht, Ihre bisherige Heimat sowie persönliche und kulturelle Bindungen aufzugeben, Gewohnheiten des Alltags, soziale Gepflogenheiten und auch Essgewohnheiten nicht mehr pflegen zu können,“ so Schäfer-Blake. „Aber Sie haben sich dafür entschieden. Und das finde ich gut.“
Ein neuer Pass bringt neue Möglichkeiten, unkompliziertes Reisen und Wählen zum Beispiel – aber auch Pflichten: „Eintreten und aktives Mittragen der Grundgesetz-Prinzipien wie Toleranz und Respekt. Manche von Ihnen haben das vielleicht in ihren Herkunftsländern vermissen müssen,“ sagte Schäfer-Blake. Aber jetzt gehe es in eine neue Zeit.
Die Bürgermeisterin rief die neuen Bürger zu Initiative und Engagement in ihrer neuen Würzburger Heimat auf und appellierte: „Bringen Sie Ihre Erfahrungen ein.“ Unser kultureller Reichtum wachse, wenn mehr Kultur aus anderen Ländern dazukommt.
„Vor 16 Jahren kam ich nach Deutschland als jüdischer Zuwanderer. Eigentlich wollte ich schon früher den deutschen Pass beantragen, nur war es nicht möglich, meinen russischen zu behalten. Das war mir aber sehr wichtig. Als Deutscher habe ich das Gefühl, dass ich nicht schlechter bin als die anderen. Ich gehöre dazu, fühle mich immer noch russisch.“
Emina Alic (27) aus Bosnien-Herzegowina:
„1992 bin ich mit meiner Familie wegen des Kriegs aus Bosnien geflohen. Zuerst ging es nach Kroatien, später nach Deutschland. Ein Jahr haben wir in Aschaffenburg im Heim verbracht, danach folgten Heime in Kleinlangheim und Kitzingen. Heute wohne ich allein in Würzburg und bin als Steuerfachangestellte tätig. Der lange Weg hat sich gelohnt und ich freue mich, Deutsch zu sein. Jetzt kann ich auch wählen gehen. Das werde ich definitiv ausprobieren.“
„Ich bin in Deutschland geboren, hatte aber die italienische Staatsbürgerschaft. Lange war es nicht möglich, den eigenen Pass zu behalten und zusätzlich den deutschen zu bekommen. Ich habe lange gewartet und jetzt hat es geklappt. Ich freue mich, auch wenn ich mich nicht anders als vorher fühle.“
„Nach Deutschland kam ich vor zehn Jahren. Wegen der Liebe. Ich habe meine Frau in Costa Rica kennen gelernt und kam dann zu ihr. Seit 2007 sind wir glücklich verheiratet und haben vor kurzem unser erstes Kind bekommen. Ich arbeite als Bewegungstherapeut und als Taekwondo-Trainer. Für mich ist es eine große Ehre und Verantwortung, Deutscher zu sein. Ich sehe meine Zukunft hier, mit meiner Frau, Baby, Arbeit, Projekten. Ich bin glücklich in Deutschland und liebe dieses Land und dieses Volk.“
Herkunftsländer
Aus 55 Ländern stammen die Neu-Würzburger, die seit November vergangenen Jahres die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten haben. Die meisten kommen aus diesen Ländern:
• Türkei (25 Einbürgerungen)
• Ukraine (24)
• Russische Föderation (19)
• Polen (13)
• Afghanistan (10)
• Bulgarien (8)
• Italien, Kasachstan (7)
• Kirgisistan, Rumänien (6)
• Eritrea, Pakistan, Vietnam (5)
• Bosnien-Herz., China, Dom. Republik,
Kosovo/Serbien, Kroatien, Spanien,
Syrien, Ungarn (4)
• Griechenland, Nigeria, Philippinen,
Tschechien (3)
• Ägypten, Argentinien, Bosnien-Herz., Kroatien, Frankreich, Indien, Kenia, Kolumbien, Slowakei, Tunesien (2)