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SCHWEBHEIM
Narkotische Genussmittel für Behaglichkeit und Glück
ul
 |  aktualisiert: 16.12.2020 11:57 Uhr

Wie gebannt hingen 81 Zuhörer hundert Minuten lang an den Lippen von Hans Schwinger. Der verstand es, einen informativen und gleichzeitig spannenden Abriss der acht Generationen der Schwebheimer Linie derer von Bibra zu geben. Prägnant veranschaulicht durch Bildmaterial und bereichert durch persönliche Erfahrungen beeindruckte der Referent, der auf Einladung des Ortsgeschichtlichen Arbeitskreises gekommen war.

Als Schulkind hat Schwinger die „Barone“ noch selbst erlebt. Dunkel gekleidet mit löchrigen Handschuhen sind sie damals durchs Dorf flaniert, für die Kinder umgeben mit einer Aura des Geheimnisvollen.

„Hat eine adelige Herrschaft Schwebheim und seine Bürger behindert oder eher gefördert?“, fragt sich Schwinger und schaut in die Geschichte zurück. Zwar residieren seit 1513 Freiherren von Bibra im Ort, aber erst seit 1687 kann man von einer Schwebheimer Linie der Bibras sprechen. Damals besaß Georg Christoph von Bibra umfangreiche Güter im Landkreis, bei Mellrichstadt und in Thüringen. Nach seinem Tod wurden diese unter seinen fünf Söhnen aufgeteilt. Johann Ernst bekam das Schwebheimer Gut und begründete die gleichnamige Linie derer von Bibra. Das Dorf selbst sah er kaum, denn Johann Ernst war Generalfeldzeugmeister und ein enger Vertrauter von Prinz Eugen.

Wenig bedeutend waren seine beiden Söhne, die die zweite Generation der Linie bildeten. Umso prägender waren die Erfahrungen, die die Dorfbewohner mit Johann Philipp von Bibra aus der nächsten Generation machten. Er war als geheimer Rat beim Fürstbischof von Würzburg tätig. Als die Schwebheimer sich weigerten, weiterhin an bis zu 100 Tagen Frondienst für ihn zu leisten, ließ er 1752 dort 72 Milizionäre aus Würzburg im Dorf einmarschieren, die 18 Tage lang wüteten.

Seine fünf Söhne übernahmen das Gut 1768 und waren mit ganz anderen Herausforderungen konfrontiert. Es war die Zeit der französischen Revolution. Die Menschen kämpften für „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“. Weder militärisch noch diplomatisch konnte der Adel in dieser Zeit wirklich Fuß fassen. Und so lebten die fünf Brüder gemeinsam mit ihrer Schwester Lukretia, die in einem Stift gelebt hatte, das im Zug der allgemeinen Umbrüche aufgelöst wurde, im Schloss.

Lukretia ist keine Unbekannt e in der Gemeinde. Sie gründete eine Industrieschulstiftung für Mädchen und stiftete das Schweinfurter Tor.

Einer der fünf Brüder, Ferdinand Johann, ist Vater des berühmten Dr. Ernst von Bibra. Die Privilegien des Adels waren damals verschwunden, auch die blaublütigen Zeitgenossen mussten von ihrer Hände Arbeit leben. Ernst verdiente seinen Lebensunterhalt als Wissenschaftler und veröffentlichte bahnbrechende Werke. Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Schaffens war sein 1855 erschienenes Werk „Die narkotischen Genussmittel und der Mensch“, in dem er zum Schluss kommt: „Ihr Genuss hat unstreitig zur Behaglichkeit und zum Glück des ganzen Menschengeschlechts wesentlich beigetragen.“

1859 übernahm Ernsts Sohn Reinhold das Gut Schwebheim, der es eher glücklos weiterführte. Seine beiden Söhne Ernst und Hans mussten das Gut dann durch zwei Weltkriege und die Weltwirtschaftskrise führen, was ihnen eher schlecht als recht gelang. Beide starben ohne eheliche Kinder, Ernst 1952 und sein Bruder Hans 1955. Hans‘ Frau lebte noch drei Jahre länger, mit ihr erlosch die Schwebheimer Linie derer von Bibra dem Namen nach.

 
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