Das AKW-Aus ist für die Beschäftigten zweifellos ein gravierender Einschnitt in ihr Berufsleben. Mittelfristig werden etwas weniger als zwei Drittel von ihnen dort aber weiterarbeiten. Betriebsbedingte Kündigungen soll es nicht geben.
Das hat Betreiber E.ON mit dem Betriebsrat vereinbart. Unter anderem bietet das Unternehmen Vorruhestandsregelungen an.
298 Menschen arbeiten im Kernkraftwerk – nicht berücksichtigt sind darin Mitarbeiter externer Dienstleister wie etwa dem Sicherheitsdienst. Für diese Mitarbeiter ändert sich zunächst sehr wenig.
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Die E.ON-Belegschaft hat einen aufwändigen Diskussionsprozess hinter sich, wie es mit ihr weitergehen soll. Ziel, so Werksleiter Reinhold Scheuring, sei es gewesen, möglichst mit der jetzigen Mannschaft in die Nachbetriebs- und Rückbauphase zu gehen.
Dazu habe man – beginnend mit dem Endpunkt des Abrisses – definiert, zu welchem Zeitpunkt welche Arbeit gebraucht wird und sie möglichst auch Personen zugeordnet. Auch Weiterqualifizierungen sind vorgesehen. „70 Prozent der Leute wissen schon, was sie in fünf Jahren tun werden“, sagt Betriebsratsvorsitzender Franz-Josef Klinger. Das sei eine akzeptable Perspektive.
Für die Nachbetriebsphase, die bis 2018 andauert, geht E.ON von 215 Mitarbeitern aus, danach sollen 210 Menschen im Werk arbeiten.
Ab 2020, wenn schon die erste Rückbauphase läuft und sich auch keine Brennelemente mehr im Nasslager befinden, werden 181 Mitarbeiter gebraucht.
Betriebsbedingte Kündigungen soll es in Grafenrheinfeld nicht geben. Im Oktober 2014 haben Werksleitung und Betriebsrat den Interessenausgleich ausgehandelt.
Es sollen Fluktuation und Altersteilzeit zum Personalabbau genutzt werden. Dazu bietet E.ON eine Vorruhestandsregelung an für die Geburtsjahrgänge 1961 und davor. Zahlen nennen Scheuring und Klinger zu diesem Punkt nicht.
Das Angebot scheint aber attraktiv zu sein: Fast alle Betroffenen greifen zu. Junge, spezialisierte Mitarbeiter schauen sich außerdem nach Perspektiven um: Einige Nachwuchsingenieure haben das Kraftwerk inzwischen verlassen.
Ansonsten bleibe der Alltagsbetrieb auch nach dem Abschalten unverändert und stabil, ist sich Werksleiter Scheuring sicher. Organisatorisch habe man eine Abteilung geschaffen, die sich mit dem Rückbau beschäftigt; ein weiterer Bereich kümmert sich dabei um das Thema Entsorgung. Im Verlauf der Rückbauphasen sollen weitere Anpassungen der internen Abläufe folgen.
Wichtig, so Scheuring, sei es nun, die Belegschaft für den Rückbau zu motivieren. Scheurings Botschaft: „Jeder von euch wird gebraucht.“
Das jahrelange Hin und Her um Ausstieg und Wiedereinstieg in die Kernenergie habe die Beschäftigten belastet, räumt Scheuring ein. Dazu kamen interne Veränderungen im E.ON-Konzern wie die Zentralisierung der Verwaltung.
Äußeres Zeichen der Verunsicherung: Mit Medienvertretern will kaum ein Beschäftigter sprechen oder gar vor eine Kamera treten. Von großem psychischen Druck vor allem in den vergangenen Monaten spricht Werksleiter Reinhold Scheuring.
Viele hätten die Berichterstattung um das Laufzeitende und die Diskussion um den Atomausstieg als unfair empfunden. Mancher werde inzwischen schief angeschaut, wenn er sich als Mitarbeiter von E.ON zu erkennen gibt.
Das war vor Jahren noch anders: Sie waren stolze KKG-ler, die sich auch offen zum Kraftwerk bekannten. Als Ministerpräsident Horst Seehofer im Oktober 2011 in Schweinfurt zu Gast war, ging eine Hundertschaft gegen Seehofers politische Energie-Wende auf die Straße.
Plakate mit einem „Wendehals“ hielten ihm die Mitarbeiter entgegen. Damals hatten sie noch Hoffnung, dass es im „ihrem KKG“ unverändert weitergeht.