„Wenn ich groß bin, werde ich mal …“ – so beginnen oft Sätze aus Kindermund. Und nur die Wenigsten setzen ihren Spleen aus der Kindheit in die Tat um. Oder wollen als Erwachsener davon überhaupt noch etwas wissen. Schauspielerin Marie-Luise Marjan, der deutschen Fernsehnation bekannt als „Mutter Beimer“ aus der Lindenstraße, hat sich jetzt unter die Buchherausgeber und auf die Suche nach den „Kindheitsträumen“ – so der Titel ihres Buches – von Freunden und Prominenten wie Hans-Dietrich Genscher, Matthias Reim oder Hellmuth Karasek gemacht. Herausgekommen ist eine kurzweilige Rückschau auf die unbekümmerten Jahre des Heranwachsens ihrer Protagonisten. Darunter auch einige Namen aus der Region Unterfranken.
Die Beschäftigung mit der eigenen Kindheit, den Wurzeln – die zieht sich seit einigen Jahren wie ein roter Faden durch das Leben der 1940 in Essen geborenen Schauspielerin. Als Waisenkind in Hattingen an der Ruhr groß geworden, fand sie erst spät heraus, dass sie eine enge Verbindung nach Würzburg hat. Von dort stammt ihr leiblicher Vater, der im Zweiten Weltkrieg ums Leben kam und in der Domstadt begraben liegt. Und der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann zählt seit 35 Jahren zu ihren engen Freunden.
So verwundert es auch nicht, dass der Geistliche unter den 42 Personen ist, die ihre jeweilige „Beichte“ ablegen, garniert mit aktuellen Fotos und solchen aus dem Familienalbum. Von Hofmann erfahren wir, dass sein erster Berufswunsch „Lehrer“ lautete – aber nicht, weil ihm die Schule so gefiel, sondern weil ihn die in Aussicht gestellten, regelmäßigen Ferien ansprachen. Er erzählt aber auch, wie er als Kind der letzten Kriegsjahre schon früh seine Begeisterung für den Priesterberuf durch leuchtende Beispiele in seiner Heimatgemeinde fand.
Ebenfalls in frühen Jahren die ersten Kontakte zum späteren Beruf gefunden hat Modeschöpferin Eva Lutz, die mit ihrem Minx-Modengeschäft in Volkach zu Hause ist. Aufgewachsen als eines von fünf Kindern einer Bauernfamilie lernte sie schon früh, dass harte Arbeit zum Erfolg dazugehört, begeisterte sich aber auch bereits als kleines Mädchen für die Nähmaschine der Mutter.
Fußball-Torhüterin Nadine Angerer, geboren in Lohr am Main, hat bereits mehrere Europameister- und einen Weltmeistertitel errungen, verdankt die Initialzündung zu ihrem Beruf aber nicht dem runden Leder: Ihre Mutter sei Triathletin gewesen und damit das große Vorbild der kleinen Nadine. Zum Fußballspielen sei sie gekommen, wie das eigentlich immer läuft: durch Kicken nach der Schule mit den Nachbarjungs auf selbst gebaute Tore.
Da fällt der Rüdenhausener Karl Graf zu Castell-Rüdenhausen schon fast aus der Reihe: Sein Geld verdient der Fotojournalist heute in erster Linie mit der Kamera. Als kleiner Junge wollte er aber unbedingt Musiker in einer Blaskapelle werden. Immerhin: Mit den „Wengertsmusikanten“ hat er heute eine eigene, volkstümliche Gruppe. Auch wenn es mit dem Notenlesen nie so richtig klappen wollte und er daher eben die große Pauke schlägt.
Und die Autorin selbst? Die erzählt, dass sie schon als kleines Mädchen dazu neigte, zu schauspielern und der Mutter Kopfzerbrechen verursachte, in welche Rollen sie nun wieder geschlüpft war. Dass es aber auch ganz andere Kindheitsträume und daraus sich völlig verquer entwickelende Biografien gibt, davon zeugt ihr Buch, in dem so mancher Promi intime Einblicke in seine Anfänge gibt. „Diese Lebensgeschichten zeugen von der eigenen Willenskraft, auch von Mut und Verzicht, zeigen auf, dass es immer wieder auch Unterstützer und Mentoren braucht, die helfen, Träume Wirklichkeit werden zu lassen“, sagt Marie-Luise Marjan.
