Es scheint so. Kirchenpfleger Deppisch geht zur Nordseite der Kunigundenkapelle. Dort endet das umlaufende Profil abrupt und es taucht die abgeschrägte Deckplatte wieder auf. Das Tiefe und Runde wird plötzlich kantig und glatt. Den Übergang markiert ein steinerner Knoten. Es soll das verschlungene Ende des Turiner Grabtuchs sein, das einst in der Kunigundenkapelle für kurze Zeit aufbewahrt wurde – so heißt es.
Im Lauf der Zeit hat die Kunigundenkapelle einige Umbauten erlebt, beispielsweise unter Fürstbischof Julius Echter in den Jahren 1608/09. Der Chorturm war ursprünglich höher. In seinem Quadrat befindet sich der Chor- beziehungsweise Altarraum, darunter eine teilweise rekonstruierte Unterkapelle. Original ist in diesem Raum ein Altarsockel, der bei Grabungen im Jahr 1961 entdeckt wurde. Dabei kam auch eine Laufspur zutage.
Viele Menschen müssen einst diesen Altar umrundet haben. Welche Reliquie sie dort verehrten, ist nicht bekannt. Manche meinen, Anlass der Wallfahrt sei das Grabtuch gewesen. Dies führte auch zu fantasievollen Auslegungen, was die romanische Wandbemalung in der Altar-Apsis wohl darstellen könnte. Auch die Steinfiguren an der östlichen Außenwand haben immer wieder die Fantasie der Menschen angeregt.
Außergewöhnlich ist die Frauenfigur in der Schallöffnung des Turms. Sie wird als heilige Kunigunde angesehen. Nach einer Sage ist sie die Gründerin der Kapelle. Die Gemahlin Kaiser Heinrichs II. habe in Bamberg drei Schleier fliegen lassen. Dort, wo sie landen, sollte eine Kirche gebaut werden. Auf dem Altenberg verfing sich ein Schleier in einer Linde. Da Kunigunde bereits im Jahr 1033 starb, könnte die Sage wohl eher auf eine Vorgängerkirche verweisen. Die mächtige Linde hinter der Kunigundenkapelle wird aufgrund der Geschichte als „1000-jährig“ bezeichnet. Manfred Deppisch schmunzelt. Ihm kamen Schätzungen zu Ohren, bei denen das Alter des Baumes mal bei 450, dann wieder bei 800 Jahren lag. Legenden kümmern sich nicht um solche Angaben, sie haben ihre eigenen, zeitlosen Wahrheiten.
Kunigundenkapelle
Ein schmaler Weg führt südlich von Burgerroth zur Kunigundenkapelle im südlichen Landkreis Würzburg. Die Anfahrt ist über Ochsenfurt, Aub, Baldersheim oder über Giebelstadt, Riedenheim, Lenzenbrunn, Aufstetten möglich. Die Kapelle ist Sonntagnachmittag sowie auf Anfrage geöffnet. Informationen bei Kirchenpfleger Manfred Deppisch, Tel. (0 93 35) 6 52, E-Mail: manfred.deppisch@web.de; Internet: www.kunigundenkapelle.de