Der Boom begann nach dem Zweiten Weltkrieg: In den 40er und 50er Jahren haben die USA, Skandinavien, Italien und auch Deutschland ein Goldenes Zeitalter des Designs erlebt. Während in Amerika die emigrierten Bauhaus-Designer sowie das geniale Ehepaar Charles und Ray Eames für kreative Meisterleistungen sorgten, ging es in Europa um die Ausstattung der nach den Zerstörungen des Krieges neu errichteten – und oft eher kleinen – Wohnungen.
„Das Besondere am Design der Möbel im Nachkriegsdeutschland ist, dass es nahtlos an die ornamentfreie Moderne vor den Nationalsozialisten anschließt“, sagt der Designverleger Richard Lampert. Der Prunk vergangener Zeiten war also definitiv vorbei. Ein Vertreter dieses neuen Stils war Egon Eiermann, der als Architekt der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche bekannt ist. Er war der Erste, der in Deutschland Serienmöbel entwickelte und international beachtete Entwürfe wie den Stahlrohrstuhl „SE 68“, den Korbsessel „E 10“ und den Holzklappstuhl „SE 18“ designte.
1953 entwarf er das Tischgestell „Eiermann 1“ mit einfachen Kreuzstreben. Die reduzierte Konstruktion stellt ein Optimum zwischen Materialeinsatz und Standfestigkeit dar. Das Modell wurde aufgrund seiner Kombinations- und Verwendungsmöglichkeiten ein Erfolg. Das als „Architektentisch“ bezeichnete Original verschwand eine Zeit lang vom Markt, wird aber seit 1995 von Richard Lampert wieder produziert.
Das ist nicht das einzige Stück von damals, das heute wieder zu haben ist. „Der Trend zu Retro oder den Klassikern hat sicher etwas damit zu tun, dass es dem Verbraucher leichter fällt, auf das Vertraute zurückzugreifen, als das Neue anzunehmen“, sagt Lampert. Das Alte habe sich schon bewährt.
Für Knud Erik Hansen, Geschäftsführer von Carl Hansen & S?n, ist es auch das Material: „Wir umgeben uns heute mit Stahl, Glas, Plastik und anderen kühlen, künstlichen Stoffen.“ Der in den 50ern noch viel verwendete Werkstoff Holz dagegen wirke warm. „Und es ist ein Material, dass durch Alter und Patina immer noch attraktiver wird.“ Und es mag daran liegen, dass die Stücke einfach, variabel und multifunktional waren. Etwas, das in Deutschland zu den Zeiten des Wirtschaftswunders – gezwungenermaßen – beliebt war.
Auch die organischen Formen aus den USA wurden ebenso begeistert angenommen wie neue Materialien – etwa Resopal, das für Küchenfronten verwendet wird. Zum Symbol der Aufbruchs-Epoche wurde der geschwungene Nierentisch. Allerdings versuchten die stilistisch moderneren Designer lieber mit der „Guten Form“ an den formalen Funktionalismus des Bauhauses anzuknüpfen. Der 1954 gestaltete „Ulmer Hocker“ von Max Bill, Hans Gugelot und Paul Hildinger (Reedition bei WB Form) ist ein Beispiel für das einfache, sachliche und zeitlose Design, das in den Folgejahren als „typisch deutsch“ gelten sollte.
Die USA war bis in die Mitte der 50er Jahre die führende Designnation. Der „American way of life“ galt als besonders fortschrittlich und innovativ, wobei die amerikanische Auffassung von Gestaltung oftmals gleichgesetzt wurde mit Verkaufsförderung. Als die Designikone aus jener Zeit hat sich der „Lounge Chair“ von Charles und Ray Eames aus dem Jahr 1956 mit Rundungen und Wölbungen aus Holz und Leder etabliert.
„Es ging den amerikanischen Designern wie Charles und Ray Eames, Eero Saarinen und Harry Bertoia darum, etwas Neues in hoher Qualität zu schaffen“, sagt Axel Cramer, Experte für Designklassiker des 20. Jahrhunderts aus Hamburg. „Der Kunstgedanke spielte dabei eine große Rolle und die Idee, hochwertige Möbel für die Serienproduktion zu entwerfen.“ Viele Stühle, Sessel und Tische sind noch heute beliebt. Den Grund dafür sieht Cramer in ihrer Qualität – „aber auch daran, dass sie auf ihre Grundformen reduziert wurden und gerade deshalb heute noch in jedes Ambiente passen.“
Klassiker wurden behutsam modernisiert: Vitra gibt etwa den „Lounge Chair“ in einer Version heraus, die auch groß gewachsenen Menschen Komfort bietet. Zudem entstand in Zusammenarbeit mit dem Eames Office und der Designerin Hella Jongerius eine Neuinterpretation mit weißen Lederpolstern in lasierten Furnierschalen aus hellem Nussbaum. Der Aluminiumfuß ist poliert. So passt der Klassiker in helle Interieurs.
Neben den USA waren Italien und Skandinavien Zentren des Designs. Da im Norden die Industrialisierung später eingesetzt hat als in anderen westlichen Ländern, gab es dort in der Möbelkultur eine sehr handwerklich ausgerichtete Tradition. Hölzer wurden nach dem Zweiten Weltkrieg allerdings nicht mehr allein auf herkömmliche Art und Weise verarbeitet, sondern auch als Schichtholz. So entstanden die typischen organischen Formen.