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GRAFENRHEINFELD
Mitgrooven unterm Engelsflügel
Rhythmisch in Rafeld: Klassischen Gospel, aber auch moderne Töne gab es beim Konzert von „Bridge to a Prayer“.
Foto: Uwe Eichler | Rhythmisch in Rafeld: Klassischen Gospel, aber auch moderne Töne gab es beim Konzert von „Bridge to a Prayer“.
Von unserem Mitarbeiter Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 16.12.2020 11:48 Uhr

Sie haben endlich wieder festen Boden unter den Füßen: die Gospel-Sänger von „Bridge to a Prayer“, die zuletzt auf der Schwimmbühne, beim Freiluftkonzert für „Main & Meer“, schwankend wurden, aber sich nun entschieden haben, dass es in den heimischen vier Wänden doch am schönsten ist. Nach einem Jahr Abstinenz startete das traditionelle, große Benefizkonzert in der Grafenrheinfelder Kulturhalle.

Rein äußerlich hat sich nicht allzu viel verändert. Die „Engel“ s(w)ingen immer noch im adretten Schwarz-Blau, Chorleiter Holger Blum sitzt am Piano, Max Mauder steuert den Percussionteil bei, dazu treten immer wieder tolle Solisten nach vorne ins Rampenlicht. Man merkt nicht, dass die Formation nächstes Jahr auch schon wieder 25. Geburtstag feiert: eine echte Schweinfurter Institution, die 1990 eher unscheinbar als „Gospelchor Dreieinigkeit“ in der gleichnamigen Kirchengemeinde angefangen hat.

Chorleiter Holger Blum bringt das Kunststück fertig, diese christliche Tradition zu wahren und das Liedgut gleichzeitig mit Bedacht zu modernisieren, hin zu aktuellen Pop- und Rock-Rhythmen – die aber ohnehin oft auf dem temperamentvollen Musikstil der ehemaligen afroamerikanischen Sklaven beruhen. Deren Spirituals sind spannender, als mancher Nichtkirchgänger denkt. Von Anfang an waren die frommen Lieder doppeldeutig, mit einer Prise „schwarzem Humor“. Hier ging es immer auch um den Wunsch nach persönlicher Freiheit, nach Selbstbehauptung, Stolz und Würde, um den Drang Richtung „Gelobtes Land“, a la DDR. Also um Action und Drama. Auf jeden Fall darum, leicht angestaubte Kirchentexte mit weltlicheren, sinnlicheren Rhythmen aufzupeppen.

Ansonsten bedeutet „Godspell“ nach wie vor die „gute Nachricht“ des Evangeliums, die frohe Botschaft. Die gibt es zum Beispiel von Bob Marley: „Don't worry about a thing, 'cause every little thing gonna be all right.“ Frei übersetzt, nach Nina Ruge: „Alles wird gut.“ Was aber nichts mit grenzenlosem, naiv-schmerzfreiem Optimismus aus der Dose zu tun hat. Wer (zu früh) gegangen ist, bekommt ein eigenes Lied gewidmet, wie der 2011 verstorbene Erich K. Steiner, dessen Familie das Klavier für die Aktion „60 Engel suchen einen Flügel“ gestiftet hat.

Im gleichen Jahr ist auch Theo Weber „heimgefahren“, Biker und Ehrenmitglied. „Ich wache trotzdem auf, ich sehe noch immer deinen Geist“, heißt es in „Some Nights“ der New Yorker Band Fun, einem der modernen Songs. Schnell, mitreißend und mit viel Drummer-Einsatz: „Read all about it“, Hip Hop in einer Version von Jens Weber, der sie auch selbst singt. Im Sommer soll es dazu eine eigene Single geben, das Publikum darf sich schon jetzt freuen, mitgrooven.

Zur Tradition gehören die gemeinsam geschwungenen Knicklichter, diesmal bei der Zugabe zu „May the Lord send angels“. Die Liedauswahl anspruchsvoll, die Stimmung ausgelassen. „Unser bislang bester Auftritt“, freut sich Holger Blum hinterher sogar. Zum Finale erklingt wieder das vertraute „O Happy Day“. Und weil die frohe Botschaft von „Bridge to a Prayer“ kein Selbstzweck ist, werden auch 2014 wieder Brücken zu den Bedürftigen gebaut: 1500 Euro an Spenden gibt es für die Würzburger „Lachtränen“, vertreten durch Klinikclown Böhnchen. Angelika Blenk nimmt die gleiche Summe für die Bahnhofsmission Schweinfurt entgegen. Weitere 1500 Euro sind für die Vesperkirche der Johanniskirche eingeplant: ein bayernweit einmaliges Inklusionsprojekt – unter dem großen Flügel der 60 Engel findet sich einfach Platz für jeden.

 
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