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ERFURT/MELLRICHSTADT
Minengefahr im ehemaligen Todesstreifen
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Von Eike Kellermann und Gerlinde Hartel
 |  aktualisiert: 16.12.2020 11:52 Uhr

An der früheren innerdeutschen Grenze ist die Minengefahr nicht endgültig gebannt. Laut einem Gutachten besteht an der Landesgrenze zwischen Thüringen, Hessen und Bayern auf rund 25 Kilometern ein erhöhtes Restrisiko. In Unterfranken ist das Grabfeld südlich von Meiningen betroffen. Das ist in etwa das Gebiet zwischen Mellrichstadt und Bad Königshofen (Lkr. Rhön-Grabfeld).

Thüringens Umweltminister Jürgen Reinholz (CDU) hatte das Gutachten vor gut einem Jahr in Auftrag gegeben. Ein Weimarer Ingenieurbüro sollte herausfinden, ob auf Thüringer Gebiet an der ehemaligen innerdeutschen Grenze noch eine Gefahr durch Antipersonenminen besteht. Die DDR hatte in Zeiten des Kalten Krieges rund 1,3 Millionen der geächteten Minen verlegt. „Allein auf einem zehn Kilometer langen Streifen bei Trappstadt lagen 60 000 Minen“, sagt der Vorsitzende des Vereins für Heimatgeschichte im Grabfeld, Hanns Friedrich (Bad Königshofen).

Auf Druck des Westens wurden die Sprengkörper in den 1980er Jahren geräumt, nach der Wiedervereinigung erfolgte eine weitere Suche. Trotzdem sollen laut Schätzungen bis zu 18 000 Minen verschollen sein. „Man hat zwar in Berlin alle Verlegepläne gefunden“, sagt Friedrich, Mitarbeiter im „Museum für Grenzgänger“ in Bad Königshofen. „Aber durch Erdbewegungen haben sich viele verschoben – oft nach Westen.“ Die Minen konnten an Hängen bei Starkregen abrutschen oder durch Hochwasser, Tiere, Erdarbeiten und selbst durch die bereits erfolgte Räumung verschoben werden.

Alarmiert hatte den thüringischen Umweltminister ein Vorfall im August 2010 bei Schalkau im Landkreis Sonneberg. Dort hatte ein Ehepaar beim Pilzsammeln eine scharfe Landmine des sowjetischen Typs PMN entdeckt. Der Fund in der Nähe eines beliebten Badesees musste an Ort und Stelle gesprengt werden. Selbst die Experten des Kampfmittelräumdienstes waren von der Wucht der Detonation überrascht.

Das Weimarer Ingenieurbüro kommt zu dem Ergebnis, dass sich Bereiche mit erhöhtem Restrisiko etwa bei Treffurt nördlich von Eisenach befinden. In der Rhön ist der Abschnitt von Vacha über Geisa bis Tann betroffen. An der Grenze zu Unterfranken besteht ein Restrisiko südlich von Meiningen im Grabfeld. In Richtung Oberfranken sind es Bereiche in der Gegend von Bad Rodach bis Sonneberg. Insgesamt 42 Risikoflächen hat das Gutachten ermittelt. Nun prüft das Umweltministerium in Erfurt, ob erneut nach verschollenen Minen gesucht werden muss. Eine Entscheidung ist nach Angaben des zuständigen Abteilungsleiters Karl-Friedrich Thöne noch nicht erfolgt. Panikmache sei nicht angebracht. „Wenn die Leute auf den Wegen bleiben, sind sie sicher“, sagt Thöne.

Trotzdem ist Vorsicht geboten. So empfiehlt der Gutachter, dass Erdarbeiten in den Risikogebieten durch Fachkundige begleitet werden. Für Wanderer im „Grünen Band“, wie das Naturschutzgebiet entlang der einstigen Grenze inzwischen heißt, will Thüringen rund 170 Informationstafeln in den Gebieten mit erhöhtem Restrisiko aufstellen. Auf diesen steht, versehen mit dem schwarz-gelben Symbol für Explosionsgefahr: „Bleiben Sie auf den Wegen!“

Das ist es auch, was Hanns Friedrich den Teilnehmern an zeitgeschichtlichen Führungen zwischen Trappstadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) und Schlechtsart im thüringischen Landkreis Hildburghausen, wo noch ein Stück des Grenzzauns original erhalten ist, einschärft. Friedrich: „Wir können nicht garantieren, dass alle Minen draußen sind.“

 
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