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Fußball:
„Meine neue Liebe ist mein Leben“
Der scheidende Bezirksvorsitzende spricht über seine Krankheit, die Familie, ein Fußballspiel mit Horst Köhler im Garten von Schloss Bellevue und die Steueraffäre von Bayern-Präsident Uli Hoeneß
Rücktritt: Nach 15 Jahren an der Spitze der unterfränkischen Fußballer tritt Rolf Eppelein an diesem Freitag von seinem Amt als Bezirksvorsitzender zurück.
Foto: Fabian Frühwirth | Rücktritt: Nach 15 Jahren an der Spitze der unterfränkischen Fußballer tritt Rolf Eppelein an diesem Freitag von seinem Amt als Bezirksvorsitzender zurück.
Das Gespräch führte Fabian Frühwirth
 |  aktualisiert: 16.12.2020 11:51 Uhr

An diesem Freitagabend vollzieht Rolf Eppelein den Schritt, den er vom Krankenbett aus Anfang März angekündigt hatte: Der 72-jährige Würzburger tritt aus gesundheitlichen Gründen nach 15 Jahren als Bezirksvorsitzender des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV) zurück (wir berichteten) und wird offiziell verabschiedet. In seiner Zeit an der Spitze der unterfränkischen Fußballer hat Eppelein große und knifflige Vorhaben wie etwa die Umsetzung der Kreisstrukturreform, den Bau und die Eröffnung der neuen Geschäftsstelle in Würzburg oder die Neuordnung der Schiedsrichtergruppen 2010 umgesetzt.

Frage: Wie geht es Ihnen?

Rolf Eppelein: Danke, den Umständen entsprechend gut. Aber ich fühle mich nicht mehr wirklich in der Lage, die rund 800 unterfränkischen Fußball-Klubs angemessen im Bayerischen Fußball-Verband zu vertreten. Dabei spielt weniger meine körperliche Verfassung eine Rolle als vielmehr die Zeit. Die ist merklich knapper geworden, ich muss mehr auf mich aufpassen. Die Signale meines Körpers habe ich zu lange missachtet. Viel zu lange. Ich hatte am 12. Januar, dem Geburtstag meiner Frau Annette, einen leichten Schlaganfall gehabt. Auf der Station im Krankenhaus ging es mir unter all den Patienten noch am besten. Da kommst Du ins Grübeln und fragst Dich, ob das nicht vielleicht der letzte Warnschuss gewesen ist.

Sie haben diese Frage für sich mit einem klaren Ja beantwortet, oder?

Eppelein: Das war letztlich auch nicht schwer. Kaum war ich aus der Klinik daheim, musste ich schon wieder stationär behandelt werden. Ich hatte Wasser in der Lunge. Auf der Suche nach der Ursache hatten die Ärzte festgestellt, dass die Blutzufuhr zur linken Niere weitgehend dicht ist. Anfang April wurde mir schließlich ein Stent gesetzt, es gab zwar wieder einige Rückschläge, mittlerweile geht es mir aber von Tag zu Tag besser. Eines ist für mich klar geworden, Ruhe tut mir gut. Und ich habe mir psychologische Hilfe geholt, um die Krankheit zu bewältigen.

Leute, die Sie gut kennen, behaupten, Sie hätten durch die Krankheit auch den Blick für das wirklich Wichtige wiedergefunden. Der Fußball spielt nur noch eine Nebenrolle in Ihrem Leben.

Eppelein: Das stimmt. Absolut. Liebe, Freundschaften, Freunde und Geselligkeit – all das habe ich für mich neu entdeckt. Im Familienkreis habe ich jüngst mal gesagt, dass ich eine neue Liebe gefunden habe. Es ist mein Leben. Alles, was mir früher mal wichtig war, so lapidare Dinge wie etwa ein gewisses Auto zu fahren oder das neueste Handy zu besitzen, ist heute alles unbedeutend. Der Fußball aber wird Bestandteil meines Lebens bleiben

Hätten Sie vor vier Jahren erst gar nicht mehr um den Vorsitz der unterfränkischen Fußballer kandidieren sollen?

Eppelein: Diese Frage hatte ich mir seinerzeit nicht gestellt – und ich mache das auch rückblickend nicht. Es war damals sehr viel zu tun gewesen, wenn ich alleine nur an den Neubau der eigenen Geschäftsstelle denke. Ich bin nach wie vor ein ehrgeiziger Mensch, der Ziele erreichen möchte. Das war vor vier Jahren so und das gilt auch für heute.

Sind Sie jemand, der nicht loslassen kann, der so lange an seinem Amt klebt, bis es gar nicht mehr geht?

Eppelein: Nein, sonst hätte ich ja auch jetzt nicht meinen Rücktritt eingereicht. Grundsätzlich aber kommt es darauf an, wie man sich mit seinem Amt identifiziert. Ich habe das mit großer Energie und reichlich Ehrgeiz getan. Und, ja, das muss ich zugeben, das Loslassen ist nicht leicht. Letztlich muss ich froh sein, dass mir meine Krankheit diesen Schritt abgenommen hat. Mensch, Rolf, habe ich mir gesagt, das muss nicht mehr sein.

Was waren die schwersten Momente Ihrer Amtszeit?

Eppelein: Gerade zu Beginn war es alles andere als einfach, meinen Beruf als Prokurist, der mich regelmäßig 60 Stunden in der Woche gebunden hat, mit dem Fußball-Vorsitz in Einklang zu bringen. Meine schwierigste Zeit war die Reform der Fußball-Kreise. Bei der Teilung des Kreises Schweinfurt hatte ich fast geschlossen alle Funktionäre aus der Rhön gegen mich. Aber ich war überzeugt von der Sache. Da lohnt es sich dann, gegen den Strom zu schwimmen und sich mit den Widersachern auseinanderzusetzen. Das war übrigens ähnlich, als wir aus 15 Schiedsrichtergruppen zehn gemacht haben. Das war mit höchstem Ärger verbunden. Es war aber der richtige Weg, wie heute auch jeder sehen kann – der demografische Wandel macht auch vor Unparteiischen keinen Halt.

Was war Ihr schönster Moment in den fast 15 Jahren als Vorsitzender?

Eppelein: Da gibt es viele Dinge. Jedes Vereinsjubiläum, das ich besucht habe, war auf seine Weise eine schöne Sache. Zu sehen, wie die Leute mit Herzblut arbeiten und stolz sind, Teil eines Vereins zu sein, das hat mir immer gefallen. Mit der deutsch-tschechischen Fußballschule war ich einmal zu Gast beim damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler. Nach dem offiziellen Empfang sind wir mit den Kindern in den Garten von Schloss Bellevue gegangen, Horst Köhler hat sich das Sakko ausgezogen und ganz spontan mit uns allen Fußball gespielt. Nicht der Empfang hat mich bewegt, sondern das Kicken mit den Kindern im Garten. Das vergisst man nicht.

Haben Sie während Ihrer Amtszeit oft auch Ihre Familie vergessen?

Eppelein: Meine Frau, ja, ganz bestimmt. Sie hatte nicht wirklich viel von mir. Für meine Kinder und Enkel habe ich mir immer Freiräume geschaffen, das war mir sehr wichtig und diese Zeit habe ich mir auch stets genommen. Ich habe aber meine Frau und mich vernachlässigt. Mit Annette will ich jetzt vieles nachholen. Zum Glück kann ich das noch.

Sie werden weiterhin Vize-Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes bleiben, warum machen Sie weiter?

Eppelein: Bis zum Verbandstag in einem Jahr ist es nicht mehr wirklich weit – und ich habe klare Signale aus München empfangen, dass es gewollt ist, dass ich mein Amt noch zu Ende bringe. Es ist für mich mit meinen mir zugeteilten Aufgaben weitaus weniger zeitintensiv und ich fühle mich dazu auch in der Lage.

Welches Verhältnis haben Sie zu Präsident Rainer Koch?

Eppelein: Ein gutes. Er ist mit Sicherheit der beste Präsident, den der Bayerische Fußball-Verband bislang hatte. Aber er ist ganz bestimmt auch der forderndste. Er ist nur unterwegs, lebt den Kontakt zu den Vereinen auf vorbildliche Art und Weise und hat den BFV wirtschaftlich ebenso wie strukturell perfekt aufgestellt. Er kümmert sich um sehr viel, für meinen Geschmack im Detail bisweilen um zu viel.

Sie sagen es, Rainer Koch fordert von seinen ehrenamtlichen Kräften sehr viel. Zu viel für Ihren Geschmack?

Eppelein: Manchmal schon – und damit haben wir auch stellenweise ein Problem. Es ist sehr viel geworden, die Belastung für die Mitarbeiter ist sehr hoch. Es geht um mehr als nur das 1:0, also die pure Organisation des Spielbetriebs. Die zahlreichen Veranstaltungen etwa, die der BFV mittlerweile für die Vereine anbietet, müssen vorbereitet, durchgeführt und auch im Nachgang abgearbeitet werden. Das ist nicht einfach, macht aber den Erfolg eines modernen BFV aus.

Hätten Sie das auch so deutlich gesagt, wenn Sie weiter Bezirksvorsitzender geblieben wären?

Eppelein: Ja. Ich habe mit meiner Meinung nie hinter dem Berg gehalten – und ich bin oft gegen den Strom geschwommen, weil es mein Naturell ist, für eine Sache zu kämpfen, von der ich überzeugt bin.

Auch über Rainer Koch hätten Sie so offen geredet?

Eppelein: Selbstverständlich. Denn der Präsident sieht sich nicht als unantastbarer Herrscher. Im Gegenteil: Er will wissen, was wir von seiner Arbeit halten, was die Vereine denken, was noch besser gemacht werden kann. Es wird Kritik an ihm geübt, allerdings oftmals nur hinter vorgehaltener Hand. Davon halte ich gar nichts. Wer ein Problem hat, kann sich direkt mit Rainer Koch darüber unterhalten. Diese Offenheit schätze ich sehr an ihm.

Wie sehr schätzen Sie Uli Hoeneß nach seiner Steueraffäre?

Eppelein: Darauf habe ich keine Antwort. Das, was er getan hat, ist kein Kavaliersdelikt, darüber brauchen wir nicht zu diskutieren. Ich glaube aber, dass es hierzulande keinen gibt, der ähnlich viel Geld wie Hoeneß hat, und nicht versucht, es vor dem Fiskus zu verstecken. Da ist Uli Hoeneß, so traurig das ist, in bester Gesellschaft. Er hat sich damit keinen Gefallen getan. Von ihm, der so vielen geholfen hat, hätte ich das nicht gedacht. Ich bin gespannt, wie es weitergeht.

Wie geht es mit Rolf Eppelein nach dem Rücktritt weiter?

Eppelein: Der wird versuchen, gesundheitlich wieder der Alte zu werden. Und er wird den Fußball auch weiter verfolgen und ganz bestimmt auch ab und an auf einen Kaffee zu Besuch in die Geschäftsstelle kommen.

Rolf Eppelein

Der Würzburger wurde am 2. Juni 1940 in Würzburg geboren, seit fast 39 Jahren arbeitet der vierfache Familienvater ehrenamtlich im Bayerischen Fußball-Verband. Der heute 72-Jährige begann seine Funktionärslaufbahn 1974 als Vorsitzender des Kreis-Sportgerichts Würzburg. Von 1980 bis 1998 übernahm der ehemalige Werkdirektor des kaufmännischen Bereichs der Würzburger Versorgungs- und Verkehrsbetriebe und Geschäftsführer der Würzburger Heizkraftwerke GmbH den Vorsitz des Bezirks-Sportgerichts, ehe er im April 1998 zum Vorsitzenden des Fußballbezirks Unterfranken gewählt wurde. Eppelein gehört seitdem auch dem Verbandsvorstand an und sitzt seit 2004 als Vizepräsident im BFV-Präsidium.

Der Eppelein-Nachfolger

Vorbehaltlich der Zustimmung in den verschiedenen Gremien wird der Frankenwinheimer Jürgen Pfau an diesem Freitag offiziell bis zu den Wahlen am Bezirkstag im Mai 2014 kommissarisch die Eppelein-Nachfolge antreten. Der zweifache Familienvater begann seine Funktionärslaufbahn 2003 als Jugendgruppenspielleiter. Zwei Jahre später wurde er Kreisjugendleiter in Schweinfurt, ehe der heute 37-Jährige 2009 zum Kreis-Spielleiter gewählt wurde. Der Polizeihauptkommissar ist seit 2010 zudem als Beisitzer im Verbands-Spielausschuss für die Landesliga und den Toto-Pokal zuständig. Als aktiver Fußballer stand Pfau, der seit 1994 Schiedsrichter ist, beim TSV Heidenfeld in der Kreisklasse zwischen den Pfosten.

Tribünen-Gäste: Rolf Eppelein und seine Ehefrau Annette.
Foto: Fabian Frühwirth | Tribünen-Gäste: Rolf Eppelein und seine Ehefrau Annette.
 
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