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Mein Montag: Die Vorzüge des Bewegtarbeitens
Von holger Welsch holger.welsch@mainpost.de
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:07 Uhr

Was uns diese Woche bewegt? Da schauen wir am besten auf unseren Küchenkalender. Wie vergangene Woche. Da entdeckten wir auf dem 10. Februar-Blatt unseres Abreißkalenders einen Cartoon, wie der Papst vorm Fernseher sitzt und sich freut, weil der Bildschirm genau die sechs Lottozahlen zeigt wie sein Tippschein, den er in der Hand hält. Seine Reaktion über das Lottoglück erzählt eine Sprechblase: „Heiliger Strohsack! Morgen kündige ich!“, spricht der Kalenderpapst – und tags darauf ist der echte dann ja prompt zurückgetreten.

Möglicherweise hat auch Benedikt so einen Kalender bei sich im Vatikan hängen, sah seinen Lotto-Cartoon und dachte sich: Ich spiel zwar kein Lotto, aber hinschmeißen könnt ich morgen trotzdem.

Mein Kalender kündigt für diese Woche mal keine Rücktritte an, keine Einschläge aus dem All, aber trotzdem Bewegendes: Eine große Würzburger Bürgerbewegung. Nein, es geht nicht nicht um die Bürgerinitiative Paradiesgarten, die den Bürgerentscheid gegen das Bauprojekt Platz'scher Garten von April auf Juni verschieben will. Damit man noch „angemessene Wahlvorbereitungen“ treffen könne.

Kann man verstehen. Die Bürgerinitiativler waren wohl selbst überrascht, dass sie einen Bürgerentscheid hingekriegt haben – für eine doch eher nachbarschaftliche Angelegenheit. Dass diese dennoch so viele unterstützen, liegt wahrscheinlich an der anarchistischen Grundveranlagung der Würzburger. Und am Umstand, dass wir schon länger keinen neuen Aufreger mehr hatten. Bei der erwähnten Bürgerbewegung meinen wir übrigens die Aktion „Würzburg bewegt sich“.

Diese verspricht uns mit über 500 Veranstaltungen bewegende Wochen, die der körperlichen und geistigen Fitness dienen sollen. Damit wir gesund bleiben, nicht vorzeitig zurücktreten müssen und Würzburgs bewegende Zeiten auch noch erleben dürfen. Wie die erste Fahrt der Straba-Linie 6, die Landesgartenschau, das neue Nautiland-Bad, die Theatersanierung oder die Wiedereröffnung des Hochhauses Augustinerstraße. Das erfordert Überlebenstraining.

Wer also beim Spessart-Camp (was soll man auch sonst schon im Spessart machen?) nicht dabei ist, bewegt sich halt in Würzburg. Beispielsweise beim Angebot „Bewegung und Balance am Büroarbeitsplatz“ mit „impulsdynamischem Sitzen“. Obwohl laut Ankündigung „die Vorzüge des Bewegtarbeitens“ zu erleben sind, richtet sich die Veranstaltung nicht nur an Beamte.

Die Tanzerei, die wir am Donnerstag am Vierröhrenbrunnen gesehen haben, war übrigens nicht der Auftakt zu „Würzburg bewegt sich“, sondern ein weltweiter Protest gegen Gewalt an Frauen. Deshalb sollte man das Tanzen vielleicht durch einen Karatekurs ersetzen.

Vergangene Woche konnte, wer wollte, in der Stadtbücherei ein „Blind Date“ haben – mit einem Buch. Die Leihgabe war verpackt, erst zuhause war man erfreut oder enttäuscht über den Lesestoff. Das kann einem mit der Montags-Main-Post nicht passieren. Da weiß man von vorneherein, dass man diese bewegende Rubrik ertragen muss.

 
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