Es ist mal wieder eine dieser schier unglaublichen Geschichten, von denen Martina Hausmann in ihrer Läufer-Karriere schon verdammt viele geliefert hat: Diesmal spielt die neueste Episode der Würzburger Extremsportlerin an der Côte d'Azur, wo in Antibes ein Sechs-Tage-Gehen auf dem Programm stand. Die Yogalehrerin hatte vor Jahresfrist den Weltrekord in dieser Konkurrenz gerade einmal um acht Kilometer verfehlt, jetzt wollte sie unbedingt die Weltbestmarke von 616,025 Kilometern knacken.
Doch bei 80 Prozent Luftfeuchtigkeit und Temperaturen um 30 Grad warf sie dieses ehrgeizige Ziel auf dem holprigen Ein-Kilometer-Kurs schnell über Bord und passte ihre Taktik an die Gegebenheiten an. „Tagsüber bin ich eher moderat gelaufen und habe mich von alkoholfreiem Bier ernährt, um dann nachts zu Höchstform aufzulaufen“, sagt Hausmann, für die das Ergebnis nach 24 Stunden zunächst eine Enttäuschung war: „Ich hatte gerade einmal 115 Kilometer zurückgelegt.“
Hausmann, die erst vor zwei Jahren vom Extrem-Laufen zum Gehen gewechselt ist, lag da aber auf dem vierten Gesamtrang aller Starter. Das war Ansporn genug, einen Zahn zuzulegen. Sie war eine der wenigen Geherinnen, die quasi nonstop ihre Runden drehte, während die Konkurrenz stundenlang schlief. „Wer schläft, der hat schon verloren“, meint Hausmann, die immer wieder Mühen hatte, im Gehen zu bleiben und nicht ins Laufen zu wechseln. Überall wachten die mit Feldstechern bewaffneten Regelhüter. Nach vier Tagen hatte die bei den Frauen souverän führende Würzburgerin auch Rang zwei im Gesamtklassement inne – und den wollte sie auch nicht mehr hergeben.
Der versierte Geher Daniel Dauphin bekam dies zu spüren, der vier Tage lang versuchte, Hausmann einzuholen. Nach der Kilometerleistung schaute sie gar nicht mehr – sie war voll und ganz in die Jagd gegen Dauphin vertieft. Zum guten Glück hatte sie im Schotten Alan Young einen perfekten Betreuer zur Seite, der vom Sockenwaschen über Fußmassagen bis hin zur Eiscreme alles lieferte, was Hausmanns Herz in Frankreich begehrte. Die Würzburgerin hielt Dauphin schließlich auf einen Abstand zwischen acht und zehn Kilometern. Der vor ihr gehende Spanier Bernardo Jose-Mora war unangreifbar und marschierte stets 20 bis 30 Kilometer voraus. Der letzte Tag entpuppte sich zum heißesten Tag der Veranstaltung. Eine halbe Stunde vor Zielschluss, definitiv uneinholbar für den Nachfolger, legte Martina Hausmann vor dem Eingang zu den Duschen die Startnummer ab und beendete das Unternehmen als beste Frau nach 552,499 km. Der Spanier Jose Mora siegte mit zurückgelegten 581,183 Kilometern. Dritter wurde Daniel Dauphin aus Frankreich (543,218 km).