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MÜHLHAUSEN
Mammut-Prozess mit zwei angeklagten Unterfranken: Gericht muss Saal anmieten
Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:02 Uhr
Zwei Männer aus Unterfranken stehen im Zentrum des wohl größten Wirtschafts-Prozesses in Thüringen:  Mit teilweise nicht existierenden Maschinen sollen Verantwortliche der inzwischen Pleite gegangenen Firma Eliog AG gehandelt haben. Nach jahrelangen Ermittlungen soll im März der Prozess in Mühlhausen beginnen –  der alle bis dahin dort gekannten Dimensionen sprengt.

Die Eliog AG in Erfurt soll laut Anklageschrift mit teilweise nicht existenten Maschinen gehandelt haben. Sie soll beispielsweise eine Produktionsmaschine an eine Leasingfirma verkauft haben, um sie gegen Ratenzahlungen zurückzuleasen. Dies versorgte die klamme Unternehmensgruppe mit frischem Geld. Aber jene Maschine wurde laut Landeskriminalamt Thüringen bis zu sechs Mal verkauft und zurückgeleast.
Für derartige Geschäfte sollen sich zunächst acht Ex-Manager der insolventen Erfurter Eliog AG verantworten, Prozesse gegen weitere der 19 Beschuldigten sollen folgen. Der Präsident des Landgerichts, Norbert Hükelheim, rechnet mit einem rund zwei Jahre dauernden Verfahren, bei dem 25 Betrugsvorwürfe  geklärt werden sollen.

Die  42 bis 73 Jahre alten Angeklagten  sollen mit einem Firmengeflecht von 56 Unternehmen und Briefkastenfirmen die Geschäfte fingiert und dabei einen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe  verursacht haben. Ein 50-jähriger Steuerberater aus Ostheim (Lkr. Rhön-Grabfeld) war neben einem Banker und einem ehemaligen Staatsanwalt aus Thüringen Vorstand der Eliog AG. Er gilt laut Anklageschrift als einer der Drahtzieher. Der zweite Unterfranke ist ein 54-jähriger Ex-Banker aus Bischofsheim (Lkr. Rhön-Grabfeld). Er war Geschäftsführer einer Unterfirma.

Das Landgericht ist zu klein für das Mammut-Verfahren. „Erstmals in der 22-jährigen Geschichte mussten wir uns für einen ganzen Prozess einen Gerichtssaal außer Haus suchen“, sagte Hükelheim. Das Landgericht mietete im Puschkinhaus des Mühlhäuser Nicolaiviertels eine ganze Etage. Hier finden sonst Konzerte und Vorträge statt.

Die Anklageschrift umfasst 231 Seiten. Neben  Scheinrechnungen sollen die Eliog-Geschäftsführer bei Banken Maschinen als Sicherungen für Darlehen hinterlegt haben, die ihnen gar nicht gehörten. Dadurch soll es zu Mehrfachfinanzierungen ohne Sicherung gekommen sein.

Die Ermittlungen laufen seit 2010. Zunächst galten die „Macher“ von Eliog als neue Stars am Thüringer Unternehmerhimmel. Die Politik zeigte sich anfangs gerne mit den drei Vorständen, die seit 2004 Unternehmen um Unternehmen zu ihrer Aktiengesellschaft hinzukauften. Als Ministerpräsident Dieter Althaus im Mai 2008 nach Russland reiste, gehörten Teile des Eliog-Managements zur Wirtschaftsdelegation.

Doch inzwischen wissen Medien in Thüringen haarsträubende Details: Für eine Bedampfungsanlage in Grimmenthal zahlte sogar die Thüringische Aufbaubank Fördermittel. Doch das Typenschild im Schaltschrank der „neuen“ Maschine wies als Baujahr 1987 aus. Bei einer anderen Maschine zeigte das Laufwerk nach zwei Jahren 24 880 Betriebsstunden an – rechnerisch unmöglich, weil ein Jahr 8760 Stunden hat.

Nach der Insolvenz 2009 begann das LKA mit Ermittlungen, Durchsuchungen gab es auch in Bayern Ein Verdächtiger wurde geschnappt, als er sich gerade nach Großbritannien absetzen wollte – mit 600 000 Euro in der Papiertüte, die er gerade bei der Bank abgehoben hatte. Der Ermittler des Landeskriminalamtes, Bernd Semmler, sagt: Mangelnde Kontrollen hätten den Betrug erleichtert. Einige Geschädigte hätten Rechnungen ohne Beschreibung oder Typennummern akzeptiert: „Das wäre gleichbedeutend mit einem Autokauf, bei dem auf der Rechnung nur 'Auto' draufsteht.“ Jene Firmen seien am meisten betrogen worden, die am wenigsten kontrolliert hätten, also zum Beispiel eine  Maschine leasten, ohne sie je in Augenschein zu nehmen.

Die Anklageschrift war 2013 schon lange fertig, als die Ermittler erneut zur Razzia ausrückten. Sie ließen sechs Häuser in Südthüringen und Hessen durchsuchen, darunter einen Gutshof im Kreis Hildburghausen. Und dort entdeckten sie in einem Versteck im Sockel einer Einbauküche Unterlagen zu mutmaßlichen Geldtransfers sowie Uhren und Gemälde.

 
 
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