Im Dekanat Würzburg leben 61 000 evangelische Christen, davon 30 000 in Würzburg. Sie feiern an diesem Mittwoch ihren Reformationstag. Martin Luther, der Augustinermönch, der vor 500 Jahren als bedeutendster Reformator das Christentum revolutionierte und gespalten hat, bleibt an diesem Gedenktag die zentrale Figur.
Das Dekanat würdigt heute um 10 Uhr bei einem Festgottesdienst in der Dekanatskirche St. Stephan das 20-jährige Bestehen der Partnerschaft mit Ruvuma in Tansania. Prediger sind Ruvumas Dekan Yohana Mwambenengo und Würzburgs Dekanin Edda Weise. Am Abend setzt das Dekanat das Thema Afrika fort: Beim Theologischen Abend in der Kirche St. Stephan um 19.30 Uhr spricht Professor Andreas Heuser von der Theologischen Fakultät Basel über „Gesichtsveränderungen und Gewichtsverlagerungen – Einblicke in die afrikanische Landschaft des Christentums“. Ein Zeichen, dass die evangelischen Christen an ihrem wichtigen Tag über den Tellerrand hinausschauen wollen.
Viele der theologischen Abende am Reformationstag beschäftigten sich in der Vergangenheit mit dem Verhältnis zwischen evangelischer und katholischer Kirche. Einer der Höhepunkte war vor 30 Jahren der bislang einmalige Vortrag eines Würzburger katholischen Bischofs in einer evangelischen Kirche der Stadt: Der heutige Alt-Bischof Paul-Werner Scheele hatte damals seinen Vortrag mit „Reformation als Provokation“ überschrieben und selbstkritisch einen gemeinsamen Faden gesponnen, wonach es eine Verpflichtung der Kirche Christi sei, sich stets zu erneuern und zu reformieren. In diesem Jahr folgt Bischof Friedhelm Hofmann Scheeles Vorbild: Er ist in der Evangelische Kirchengemeinde Schweinfurt als Festredner zu Gast.
Das Bayerische Fernsehen nimmt um 19 Uhr in einer Sendung Luthers Spuren in Bayern auf. Auf seinen Reisen war der Reformator mindestens zweimal in Würzburg und fand mit seinen provozierenden Thesen vom Christsein auch am Main Freunde.
Aus theologischer Sicht wird das Treffen Luthers mit dem Würzburger Bischof Lorenz von Bibra auf der Festung als bedeutsam bezeichnet. Der weltoffene Bischof von Bibra war ebenso wie Luther gegen die Ablasskrämerei des Vatikans. Von gedanklichem Einvernehmen ist die Rede. Doch Bibra starb bald nach dem Treffen mit Luther. Manche Experten halten es für denkbar, dass unter Bischof Bibra Würzburg hätte evangelisch werden können. Damals bestimmte der Landesherr die Konfession. Diesen und anderen Spuren wird die BR-Sendung nachgehen.
Auf einer Rückreise von Heidelberg soll sich Luther beim Ordensfest Sankt Monica für die Mutter des heiligen Augustinus gar mit Tilmann Riemenschneider getroffen haben. Wie damals berichtet, soll Luther den Würzburger Künstler und Bürgermeister so beeindruckt haben mit seinen reformatorischen Ideen, dass der Bildhauer seinem Heiligen Andreas am Westportal der Marienkapelle das Antlitz Luthers verlieh. Kunstexperten halten das freilich für unwahrscheinlich. Denn die Apostelfiguren wurden aus der Riemenschneider-Werkstatt nachweislich schon 1507 ausgeliefert – vor Luthers Aufenthalt in Würzburg also.
An Luther in Würzburg erinnert übrigens heute noch eine Bronzetafel an der Augustinerstraße, wo die Polizei ihren Sitz hat. Dort befand sich zu jener Zeit das Augustinerkloster.