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LaBrassBanda danken Europa
„Ich kann nur Dialekt“: Stefan Dettl (Mitte) und die anderen Mitglieder von LaBrassBanda.
Foto: Gerald von Foris | „Ich kann nur Dialekt“: Stefan Dettl (Mitte) und die anderen Mitglieder von LaBrassBanda.
Das Interview führte Olaf Neumann
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:36 Uhr

LaBrassBanda aus Übersee am Chiemsee zählen zu den ungewöhnlichsten Bands Deutschlands. Das Quintett um Sänger und Trompeter Stefan Dettl rührt eine heiße Mischung aus Blasmusik, Jazz, Funk, Reggae, Balkan-Beats und bayerischen Gesängen zusammen. Damit sind sie bereits durch Amerika, England und Russland getourt. Zu Hause in Deutschland absolvieren sie auch schon mal Rundreisen mit Mopeds, Traktor und Anhänger, auf dem sie Platzkonzerte spielen. Wir haben mit LaBrassBanda-Frontmann Stefan Dettl, 32, über das neue Album „Europa“, gesprochen, das an diesem Freitag erscheint.

Frage: Herr Dettl, auf Ihrem neuen Album widmen Sie Holland, Frankreich, Russland, Schweden und Griechenland jeweils ein Lied. Wieso gibt es bei Ihnen kein Lied für Deutschland?

Stefan Dettl: Unsere ersten Konzerte außerhalb von Bayern haben wir im europäischen Ausland gemacht. Es waren wunderschöne Erfahrungen. Insofern ist das Album ein Dankeschön an Europa. In Schweden war ich allerdings noch nie. Ich stelle mir in dem Lied einfach nur vor, wie Schweden sein könnte. Und unser Schlagzeuger und unser Tubaspieler haben beide griechische Freundinnen. Wenn wir eine politische Botschaft haben, dann diese: „Jeder soll sich seine eigenen Gedanken machen, die Welt anschauen und mit den Leuten reden. Und auf keinen Fall andere ausgrenzen.“ Ich fände es schön, wenn Europa noch weniger Grenzen hätte.

Wie kam es, dass Sie zuerst im Ausland bekannt wurden?

Dettl: In Bayern und in Restdeutschland sagte man uns anfangs, Lederhosen und auf Bayerisch singen mache keinen Sinn. Da würde das Publikum sofort weglaufen. Dann sind wir halt nach England gegangen. Dort sind die Leute vorurteilsfreier. Zuerst spielten wir in einem kleinen Londoner Jazzclub vor lauter Schwarzen. Sie haben zu unserer Musik total schön gefeiert. Das hat uns Selbstvertrauen gegeben.

Gibt es eine Verbindung zwischen dem Bayerischen und dem Englischen?

Dettl: Ich würde eher sagen, zwischen dem amerikanischen und dem bayerischen Idiom hat es gewisse Klangverbindungen.

Wie war Ihre Amerikatournee?

Dettl: Beeindruckend, aber sehr stressig. Amerika macht eigentlich nur Sinn, wenn man zwei, drei Monate drüben bleibt und mit dem Bus durch die ganzen Städte fährt. Zu unseren Konzerten in New York und Los Angeles sind auch viele Bayern gekommen, die dort arbeiten. Die Amerikaner habe ich als sehr aufgeschlossen erlebt. Ich glaube schon, dass die wissen, wo Bayern liegt. Und wenn nicht, ist es auch nicht so schlimm.

Ihre Texte sind für Nicht-Bayern nicht immer verständlich. Kann bei Ihnen auch der Sound für sich alleine stehen, bar jeder Interpretation?

Dettl: Das ist okay für uns, wir sind Musiker. Ich finde es spannend, Wörter mit einer musikalischen Phrase zu verbinden. Wenn man den Text nicht versteht, schaut man halt mehr auf die Gesten und die Gesichter. Eine Liveband macht aus, dass sie auf der Bühne machen kann, worauf sie Lust hat. Unsere Texte sind selbst für Bayern nicht immer verständlich. Ich kann aber nur Dialekt. Auf Englisch oder auf Hochdeutsch zu singen, würde mich unheimlich nervös machen, weil ich manchmal nicht weiß, wie ich ein Wort aussprechen soll. Bayerisch fühlt sich für mich sehr natürlich an, da kann ich Gefühle ganz anders ausdrücken. Es ist die Sprache, in der ich lebe.

Normalerweise wird jeder Heranwachsende irgendwann vom Rock'n’Roll-Virus infiziert. Warum haben Sie sich als Knabe ausgerechnet die uncoole Blasmusik ausgesucht?

Dettl: In Bayern ist das nichts Ungewöhnliches. Ich habe Hippie-Eltern. Als ich 14 war, sagten sie zu mir: „Junge, du musst dein Leben jetzt selber leben!“ Das hat mir gut gefallen. Mein Vater ist Tubaspieler und mein Opa Trompeter. Meine Mutter ist leider ganz unmusikalisch. Bei uns auf dem Land gibt es in jeder Ortschaft eine Blasmusik. Dort kannst du mit 13, 14 schon mitspielen. Du bist in einem sozialen Gefüge drin, was total Spaß macht. Du wirst wertgeschätzt. Meine erste Kapelle hatte ich bereits mit elf Jahren in meiner Ortschaft Grassau. Das war für einen Jungen wahnsinnig aufregend.

Und wann hatten Sie Ihr Aha-Erlebnis mit dem Jazz?

Dettl: Ein Lehrer von unserer Musikschule stammte aus dem Rheinland. Er meinte, wir könnten nicht immer nur Blasmusik machen, wir sollten auch mal Jazz, klassische Musik oder Tanzmusik spielen. Ich bin aber auch ein großer Rockfan. Bei Chiemsee Rocks durfte ich Dave Grohl kennenlernen, als ich Anheizer für die Foo Fighters war. Eine Wahnsinnsgeschichte. Dave Grohl war total entspannt. Er ist für mich ein Vorbild.

Ist das, was Sie mit LaBrassBanda machen, irgendwo auch Rock’n’Roll?

Dettl: Mit dem Rock’n’Roll verbinde ich eigentlich immer eine Gitarre. Ich bezeichne unsere Musik als Clubmusik. Sie ist gedacht für einen Raum, in dem sich Leute bewegen und tanzen. Wenn das Rock’n’Roll ist, dann sind wir auch eine Rockband.

Steht das Lied „Nackert“ für ein besonderes, für ein bayerisches Lebensgefühl?

Dettl: Ich glaube, jeder ist mit 15, 16 Jahren schon mal Nacktbaden an einem See gegangen. Total nackt im See zu liegen ist ein total aufregendes Gefühl. In Bayern haben wir den Vorteil, dass die Natur zum Greifen nah ist. Hier kann man noch nackt im See schwimmen, ohne Angst haben zu müssen, dass daneben ein Kraftwerk steht. Für mich ist das ein superschönes Lebensgefühl.

 
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