Buttenheim ist stolz auf ihn. Stolz auf den armen Landjuden, der sein Glück in der Neuen Welt suchte und das wohl berühmteste Kleidungsstück der Welt erfand – die Blue Jeans. Dabei wusste bis 1983 keiner, dass Löb Strauß am 26. Februar 1829 in dem 3500-Einwohner-Ort in der Nähe von Bamberg geboren ist. „Eine Frau aus der amerikanischen Stadt Milwaukee hat das bei ihrer Ahnenforschung entdeckt“, sagt Tanja Roppelt.
Roppelt leitet seit 2000 das Levi-Strauss-Museum, das in seinem Geburtshaus beheimatet ist. Ein Eintrag im Geburtsmatrikel der jüdischen Gemeinde von Buttenheim und eine Auswanderungsurkunde aus dem Staatsarchiv Bamberg bewiesen es schließlich: Der Erfinder der Blue Jeans verbrachte die ersten 18 Jahre seines Lebens in Buttenheim. Gleichzeitig stellte sich heraus, dass das Geburtshaus von Levi Strauss noch existiert – wenn auch in einem schlechten Zustand. Datiert wurde es auf das Jahr 1687 und ist eines der ältesten Häuser im Ort. „Das Haus stand kurz vor dem Abriss“, sagt Tanja Roppelt. Lang habe man überlegt, was man mit dem Gebäude machen solle. Die Gemeinde erwarb schließlich 1987 das Haus. Fünf Jahre später begann die Renovierung und die Idee eines Museum nahm erste Gestalt an.
Die Familie Strauß zählte zu den ärmsten Familien im Ort. Löb lebte mit seinen Eltern und sechs Geschwistern in einem kleinen Haus in der Hauptstraße. Sein Vater Hirsch verdiente als Hausierer für Stoffe den Lebensunterhalt der Familie, in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein typischer Beruf für fränkische Landjuden. Als Hirsch Strauß 1845 starb, sah Mutter Rebecca keinen anderen Weg als auszuwandern.
Die Familie fasste zunächst bei zwei Brüdern von Löb in New York Fuß. Bald darauf erreichten Nachrichten von den ersten Goldfunden in Kalifornien die Ostküste. 1853 kam der 24-Jährige Levi Strauss – seinen Namen hatte er zwischenzeitlich amerikanisiert – in San Francisco an. Da er dort als Hausierer arbeiten wollte, hatte Levi auf Anraten seines Schwagers vor allem Wagen- und Zeltplanen mit im Gepäck. Schnell lernte er die wichtigste Lektion: Reich werden nicht diejenigen, die Goldnuggets ausgraben, sondern jene, die ihnen Schaufeln verkaufen.
Zufällig traf Levi einen Goldsucher in ramponierten Wollstoffhosen. Er suchte strapazierfähige Arbeitshosen, die es in San Francisco aber nicht zu kaufen gab. Der Goldgräber erklärte Levi, dass seine Hose den enormen Beanspruchungen nicht standhalte, die Hosennähte platzten und der Stoff an Knien und Hosenboden reiße. Strauss erkannte seine Chance, beauftragte einen Schneider, dem Goldgräber eine Hose aus den blauen Zeltplanen zu nähen: Der Prototyp der Blue Jeans war erfunden.
Die Neuigkeit über die unverwüstliche Arbeitshose machte schnell die Runde unter den Goldgräbern, die Hose wurde zum Verkaufsschlager in San Francisco. 1856 gründete Levi mit seinen Brüdern und Schwägern die Firma „Levi Strauss & Co“. Aus dem armen fränkischen Landjuden Löb Strauß wurde schnell ein erfolgreicher Geschäftsmann. Später finanzierte er Stipendien an der Universität Berkeley und stiftete viel Geld für die Neugestaltung des Friedhofs in Buttenheim.
Immer auf der Suche nach neuen Verbesserungen bereiste er aber weiterhin als Hausierer das Lager der Goldgräber in der Sierra Nevada, um sich vor Ort nach den Wünschen seiner Kunden zu erkundigen. Strauss entwickelte seine Hose zudem ständig weiter. Ab 1860 wurden die Hosen nicht mehr aus Zelttuch, sondern aus Baumwolldrillich gefertigt, der unter der Bezeichnung „Serge de Nîmes“ aus Frankreich nach Amerika importiert wurde. Aus der Herkunftsbezeichnung „de Nîmes“ wurde in den USA „Denim“, da die Stoffhändler die französische Bezeichnung einfach englisch aussprachen.
Damit aus der widerstandsfähigen Arbeitshose eine Blue Jeans wurde, fehlte allerdings noch ein wichtiger Teil – das aber keine Erfindung von Strauss ist, sondern des Schneiders Jacob Davis. Dieser hatte ein Verfahren entwickelt, Hosennähte haltbarer zu machen, indem er sie mit Nieten verstärkte. Das machte vor allem die Taschen stabiler, die bei den Goldgräbern ständig mit allerlei Sachen vollgestopft waren. Davis kontaktierte Strauss, weil er die 68 Dollar für das Patent nicht hatte. Am 20. Mai 1873 melden beide das Patent an.
Die Jeans hatte damals noch Hosenträger und einen wenig körperschmeichelnden Schnitt, aber schon die ersten drei Markenzeichen: das Arcuate-Design – den doppelten Bogen auf den Gesäßtaschen, die an die Form des American Eagle, den Weißkopfseeadler im Wappen der USA, erinnern sollen – die Nieten und die vier Knöpfe am Hosenschlitz. Später kamen das Two-Horse-Brand – ein Lederetikett, das zwei Pferde zeigt, die vergeblich versuchen, eine Levi's zu zerreißen – und das Red Tap, das rote Stofflogo an der hinteren rechten Tasche, hinzu.
Das Geburtshaus ist eines der wenig erhaltenen Objekte aus dem Leben des Unternehmers. Ein Erdbeben hat 1906 das Stammhaus des Konzerns und damit nahezu den ganzen Besitz von Strauss zerstört. Das alles hat der Erfinder selbst nicht mehr erlebt. Er ist 1902 im Alter von 72 Jahren kinderlos gestorben. Vier Neffen haben die Firma weitergeführt.
Bis 1930 war die Blue Jeans eine reine Arbeitshose, fünf Jahre später wurde sie in der amerikanischen Vogue vorgestellt. Von da an war ihr Siegeszug als Lifestyle-Produkt nicht mehr aufzuhalten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie zur Uniform der jungen Generation, die gegen ihre Eltern aufbegehrte, und bald darauf zur praktischen Alltagshose.
Das Levi-Strauss-Museum in Buttenheim ist dienstags und donnerstags von 14 bis 18 Uhr, samstags und sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.
Fränkische Erfinder (Auswahl)
Johann Georg Lahner (1772 – 1845) aus Ebermannstadt (Lkr. Forchheim) gilt als der Erfinder des „Wiener Würstchens“, das er selbst jedoch als „Frankfurter“ bezeichnete.
Friedrich Koenig erfand 1812 in Oberzell (Lkr. Würzburg) die Zylinderschnellpresse, auf der 1814 erstmals in London die Tageszeitung „The Times" gedruckt wurde. Es ist die Revolution des Zeitungsdrucks.
Friedrich Fischer erfand 1883 in Schweinfurt eine Kugelschleifmaschine, mit der man große Mengen Stahlkugeln mit geringer Abweichung von der Idealform produzieren konnte.
Ernst Sachs erfand 1903 in Schweinfurt die „Torpedo-Freilaufnabe“ am Fahrrad.
Adolf Dassler (1900 – 1978) aus Herzogenaurach ist der Erfinder der Schraubstollen an Fußballschuhen. Text: Lena