Mit Schmiergeld-Zahlungen in Höhe von 600 000 Euro an Staatsbedienstete soll ein hochrangiger früherer Mitarbeiter der Firma Knauf aus Iphofen (Lkr. Kitzingen) die Geschäfte des Gipskonzerns in Algerien gefördert haben. Für den 81-jährigen Ex-Geschäftsführer und einen 64-jährigen Angestellten hat das Folgen: Sie müssen sich nun wohl vor dem Landgericht Würzburg verantworten.
Auf Anfrage bestätigte Leitender Oberstaatsanwalt Dietrich Geuder, dass vor kurzem Anklage „wegen Bestechung im geschäftlichen Verkehr beziehungsweise Beihilfe hierzu“ erhoben wurde. „In einem weiteren Verfahren gegen einen ehemaligen Geschäftsführer wurde der Erlass eines Strafbefehls wegen Beihilfe zur Bestechung beantragt“, ergänzt der Leiter der Staatsanwaltschaft.
Nach Informationen dieser Zeitung hatte offenbar eine Steuerprüfung den Verdacht genährt, beim Erwerb einer Firma aus algerischem Staatsbesitz sei zwischen 2006 und 2010 Schmiergeld geflossen. Das Landeskriminalamt übernahm die Ermittlungen. Bei einer Durchsuchung in Iphofen seien die gesuchten Unterlagen vollständig ausgehändigt worden, hieß es aus Kreisen der Ermittler. Auch die in Verdacht geratenen Manager „kooperieren mit den Ermittlungsbehörden“, sagte der Verteidiger eines Beschuldigten. Sie seien auf freiem Fuß. „Für unsere Mandanten gilt die Unschuldsvermutung.“
Algerien ist für die Iphöfer ein interessanter Standort. Das Land in Nordafrika verfügt über erhebliche Erdöl- und Erdgasvorkommen. Algerien investierte zweistellige Milliardensummen, um seine Infrastruktur zu modernisieren. Schon 1975/76 wurden mehrere Gipsfabriken von Knauf für den algerischen Staat in Betrieb genommen.
Der 81-jährige H., der ins Visier der Justiz geriet, gilt bei Knauf als Kenner der Verhältnisse in Algerien. Er soll den Kauf der algerischen Firma für mehrere Millionen Euro gemanagt haben: In zwei Schritten wollte Knauf 100 Prozent der Anteile des Staatsbetriebes erwerben.
Doch dafür forderte ein leitender Mitarbeiter des algerischen Staatsbetriebes Geld. Mit ihm soll Knauf „im Vorfeld des Kaufs einen Vertrag geschlossen haben“, damit der Erwerb der Anteile so günstig wie möglich ausfällt. Dem Algerier wurden laut Justiz „besondere Zahlungen“ versprochen, „wenn eine öffentliche Ausschreibung des Verkaufs unterbliebe und eine bestimmte Kaufsumme nicht überschritten“ werde.
340 000 Euro flossen laut Staatsanwaltschaft, getarnt über mehrere Stationen: über einen weiteren algerischen Staatsangehörigen und ehemaligen Mitarbeiter von Knauf an den Mitarbeiter des Staatsbetriebes.
Doch Knauf lief die Zeit davon: Ab Mitte 2006 wäre es nach algerischer Rechtslage nicht mehr möglich gewesen, ein dortiges Unternehmen zu 100 Prozent zu übernehmen. Deshalb sollen weitere Zahlungen von insgesamt 300 000 Euro zur Realisierung des Anteilskaufs in den Jahren 2009 und 2010 an Mitglieder des algerischen Staatsbetriebes veranlasst worden sein. Knauf wollte auf Anfrage derzeit nicht Stellung zu der Anklage nehmen.
Für den Ruf des Unternehmens, das sich öffentlich für die Einhaltung von Compliance-Regeln zur Vorbeugung gegen Korruption einsetzt, ist der Fall ein Rückschlag. Mehrfach hatten führende Knauf-Mitarbeiter – beispielsweise beim Business-Campus in Würzburg – den Spagat beklagt, vor dem deutsche Firmen stehen: Bestechung ist hierzulande geächtet. In manchen der 80 Partnerstaaten (wie Russland), in denen Knauf tätig ist, werden sie von der Gegenseite vehement gefordert, um Geschäfte anzubahnen.