
Neben dem Studium noch ein Unternehmen gründen: Das klingt erst einmal ungewöhnlich. Wer hat schon Zeit dafür, neben den Uni-Klausuren auch noch einen Business-Plan zu schreiben? Doch wer sich dafür entscheidet, bekommt von vielen Seiten Unterstützung.
Der Terminplan von Jonas Stolzke und Maximilian Schay aus Kiel ist randvoll – und das trotz Semesterferien. Vor kurzem haben die beiden BWL-Studenten ihr Unternehmen – eine Fahrradmanufaktur – eröffnet. „Wir sind optimistisch“, sagt Stolzke und streicht mit der Hand über den Holzrahmen eines Fahrrads, das an der Wand des Büros lehnt. Die beiden wollen Fahrräder mit Bambusrahmen auf deutschen Radwegen etablieren. Gefertigt werden die Rahmen in Ghana – montiert werden sie in Deutschland.
Auf die Idee brachte die beiden Gründer ein Freund, der sein Freiwilliges Soziales Jahr in Afrika absolvierte und ihnen von diesen ungewöhnlichen Rädern erzählte. „Das klang so verrückt, dass wir uns genauer darüber informierten“, erinnert er sich. Gründungsaffin waren beide schon länger. Es fehlte nur die richtige Idee. Während der Recherche im Internet wuchs die Begeisterung für das äußerst stabile Material – und so entschieden sich die beiden, es zu versuchen.
Im Studium ein Unternehmen zu gründen – das ist eher ungewöhnlich, sagt Marc Evers, Experte für das Thema Gründungen beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Von den Gründern mit Hochschulabschluss hätten die meisten vor dem Schritt in die Selbstständigkeit mehrere Jahre in einem Unternehmen gearbeitet, Berufserfahrung gesammelt und im Idealfall Kundenkontakte geknüpft. Ein schlechter Zeitpunkt für die Existenzgründung sei das Studium trotzdem nicht. „Die Freiheiten des Studentenlebens können bei einer Gründung durchaus helfen.“
Dazu gehöre, dass Studenten häufig noch finanzielle Unterstützung von den Eltern bekommen. Die meisten haben noch keine Familie, und die Verantwortung für Angehörige ist relativ gering. Gleichzeitig können sich viele ihre Zeit frei einteilen – zumindest dann, wenn es im Studium keine strenge Anwesenheitspflicht gibt.
Wer sich dafür entscheidet, steht nicht alleine da. An rund 100 Hochschulstandorten gibt es mittlerweile Gründungslehrstühle. „An manchen Hochschulen wurde so ein gutes Start-up-Klima geschaffen“, sagt Jürgen Schmude von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Der Wirtschaftsgeograf forscht zu gründungsfreundlichen Hochschulen. An den Unis mit Gründerlehrstühlen können Studenten Seminare belegen zu Themen wie Business-Plan, Marketing oder Sponsorensuche. Einige Hochschulen bieten auch günstige Büroräume für Start-ups an und helfen bei der Vermittlung von Experten – wie Patentanwälten oder Mentoren.
Manchmal können Studenten sich die Existenzgründer-Seminare auch als Credit Points für das reguläre Studium anrechnen lassen. Für Studenten aus wirtschaftsfernen Studiengängen wie Biologie, Chemie oder Germanistik gebe es häufig spezielle Veranstaltungen, die die nötigen Kenntnisse in Betriebswirtschaft vermitteln. Daneben bieten viele Industrie- und Handelskammern sowie regionale Wirtschaftsverbände kostenlose und kostengünstige Existenzgründer-Seminare an.
Die beiden Kieler holten sich regelmäßig Rat bei der Wirtschaftsförderung und dem Technologietransfer Schleswig-Holstein (WTSH). Mit Unterstützung des regionalen Wirtschaftsförderers schrieben sie ihren Businessplan.
Auch beim Thema Finanzierung bekommen gründende Studenten Unterstützung. Insgesamt gibt es für Existenzgründer rund 200 verschiedene Förderprogramme in Deutschland, sagt Evers. Das größte Programm zur universitären Gründungsförderung ist Exist vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Viele der geförderten Gründer haben ihre Idee aus einer Abschlussarbeit heraus entwickelt. Der Anteil der Stipendiaten mit einer technologischen Geschäftsidee ist hoch – das Spektrum reicht von Datenverschlüsslungen bis zu drahtlosen Steuerungsmodulen für Solaranlagen. Wer als Student ein Gründungsstipendium ergattert, kann dort über zwei Jahre hinweg eine monatliche Förderung von 800 Euro bekommen.
Jonas Stolzke und Maximilian Schay hatten bei der Finanzierung Glück. Sie konnten einen befreundeten Unternehmer als Geldgeber gewinnen. Mit seiner Hilfe fanden sie einen Rahmenhersteller in Ghana und Partner in Deutschland und brachten so ihre Idee auf den Weg. Umweltschonend produziert kostet jedes Rad knapp 2000 Euro – eher Liebhaberstücke also. Nun wird man sehen, wie sich ihre Firma entwickelt. Eines wissen die beiden jedoch genau: Auch wenn sie wegen der Gründung manche Vorlesung verpasst haben – die Erfahrung, ein eigenes Unternehmen zu gründen, wollen beide nicht missen.