„Ich bin meinem Herrgott sehr dankbar, dass er mir schon so lange und immer noch die Kraft für mein Hobby gibt“, beschreibt Anna Gößmann aus Erbshausen-Sulzwiesen ihre Gefühlslage vor den Kindertheateraufführungen. Seit 16 Jahren übt sie in den Wintermonaten mit Kindern und Jugendlichen ein Theaterstück ein.
Mit der Gründung der „Kindertheatergruppe Erbshausen-Sulzwiesen“ im Jahr 1998 hat sich die ehemalige Schulsekretärin einen lang gehegten Traum erfüllt. „Theater ist mein Leben“ wusste sie spätestens als junge Erwachsene, als sie als Akteurin auf der Bühne die Tradition des Laientheaters im Dorf mittrug. Damals hatte sie auch eine „Frohschargruppe“ gegründet und geleitet. Das Organisieren fällt ihr leicht.
„Ich bin im August 1998 in Rente gegangen und wusste, dass ich weiter mit Kindern zusammen sein und ihnen Werte und Traditionen vermitteln will“, gesteht die 77-Jährige. Sie will ihre Freude am Hobby weitergeben, weil sie als Kind Freude daran gehabt hatte. Auch ein sozialer Gedanke bewegt sie. „Ich will Kindern beweisen, dass es einfach ist, Gutes zu tun“, meint Gößmann.
Von Anfang an spielen die Kinder nämlich für andere Kinder. Für kranke, behinderte oder sozial schwache junge Menschen. Hierzulande und weltweit. Die Theatergruppe opfert Zeit und beweist Einsatz und Mut auf der Bühne. Aber ihr Taschengeld brauchen die Kinder und Jugendlichen dazu nicht anzugreifen.
Bei ihrer Aufführung bitten sie nämlich um Spenden und geben das gesammelte Geld weiter. Etwa für Klinikclowns, für die Forschung der Leukämieerkrankung, für Operationen bei Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, für den Verein gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Frauen, für ein „Sternstundenhaus“, in dem Waisenkinder betreut werden oder für Kinder mit Muskelschwund.
In diesem Jahr sollen die Spenden an die Hilfsorganisation „Hope for Village Child“ gehen. Mit dem Geld soll vor allem das Engagement von Prof. Dr. Peter Raab gewürdigt werden, der regelmäßig nach Kaduna in Nigeria fliegt. Dort operiert der Leiter der Kinderorthopädie am Würzburger König-Ludwig-Haus kranke Kinder, die an Kalziummangel leiden. Die Krankheit Rachitits ist der Grund dafür, dass Knochen oft schwer deformiert sind und Beine nicht gerade wachsen.
„Ich habe verschiedene Hilfsprojekte vorgestellt“, beschreibt Anna Gößmann das demokratische Prinzip in der Kinder- und Jugendtheatergruppe. Dass Kinder in Afrika aufgrund ihrer Mangelernährung Schmerzen haben und nicht laufen können, hat die jungen Theaterspielerinnen und -spieler berührt. Hier wollen sie in diesem Jahr helfen.
Jetzt, wenige Tage vor der diesjährigen Aufführung, ist die Spannung groß. Bei einem Treffen mit den Eltern wurden schon Arbeiten verteilt, die Dekorationen auf der Bühne und in der Kaffeebar, den Spüldienst oder das Verteilen der Werbezettel und Plakate betreffen. Die Bühnenaufstellung ist „Männersache“, sagt die Regisseurin und kann hier auf ihren Mann Alois und Väter der Kinder zählen. Zudem werden rund 40 Torten gebraucht und im Dorf gebacken, vor allem von älteren Frauen.
„Ich denke das ganze Jahr hindurch an das Theaterspielen“, gibt Anna Gößmann zu. „Wenn die Aufführungen, deren Aufarbeitung und Abrechnung geschafft sind, bin ich schon wieder auf der Suche nach einem neuen Bühnenstück“, erklärt sie. Die vielen Stunden am Computer und das Lesen etlicher Probeexemplare seien nicht zu zählen. Der Gedanke an „ihre“ Kinder, Utensilien und nötige Vorbereitungen lasse sie nie los.
Leicht sei es nicht, jedes Jahr aufs Neue Kinder und Jugendliche zu finden, die wieder oder zum ersten Mal mitspielen wollen. Zum Glück gibt es Theaterfreaks wie Fabio Holzinger, Philipp Fröhling, Kai Rösner oder Emma Barthel, die teilweise schon acht Jahre mitmachen. Oder Kinder, die von der Spielfreude ihrer älteren Geschwister angesteckt wurden. Neu dabei sind in diesem Jahr Carina Gerner, Ramon Issing, Amelie Gößmann und Maxi Walter.
„Die Krokotasche ist ein turbulentes, aber auch bezaubernde Spiel um Vorurteile, Geld und kleine Träume“, verrät Leiterin Gößmann. Sie hofft, dass an den beiden Aufführungstagen wieder 400 Gäste in die Mehrzweckhalle kommen werden. Im letzten Jahr hat die Theatergruppe über Spenden und den Erlös der Kaffeebar stolze 800 Euro für Kinder in Manila spenden können und damit den Würzburger Professor Dr. Wachsmuth unterstützt. „Es wäre super, wenn wir diesmal ein ähnlich gutes Ergebnis für Professor Raab einspielen könnten“, zählt Gößmann auf große und kleine Theaterfreunde.
Die Komödie „Die Krokotasche“ beginnt am Samstag und Sonntag, 14. und 15. März, jeweils um 14 Uhr in der Mehrzweckhalle. 15 Mädchen und Jungs zwischen neun und 15 Jahren spielen mit. Im Anschluss an die Vorführungen gibt es Getränke, Kaffee und Kuchen.