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Juliens Blog: Ich diss dich und du disst mich!
Bushido, Sido, Kool Savas oder Kollegah rappen über alles, was sie gerade beschäftigt. Dabei nehmen sie kein Blatt vor den Mund. Ihre Texte sind oft gerade heraus, nicht immer jugendfrei und manchmal gewaltverherrlichend. Ihren Fans gefällt das.
Seine Videos auf YouTube erreichen Millionen von Klicks: Julien analysiert in seinem Blog die Song vieler Deutschrapper.
Foto: Ivana Biscan | Seine Videos auf YouTube erreichen Millionen von Klicks: Julien analysiert in seinem Blog die Song vieler Deutschrapper.
Von unserer Mitarbeiterin Yvonne Müller
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:39 Uhr

Auf Juliens Blog lädt er regelmäßig Videos hoch, in denen er Rapper disst. Im derben Rap-Slang beleidigt er sie, stempelt einige von ihnen als dumm ab und zerreißt ihre Texte in der Luft. Aber er klärt seine Zuschauer auch darüber auf, was einen guten Rap-Song ausmacht. Mit dieser Kombination aus Diss und Wissen, trifft er den Nerv der User.

Seine Videos auf YouTube haben extrem viele Klicks. Seine erste Rapanalyse über den Rapper Haftbefehl hat er vor elf Monate ins Netz gestellt. Mittlerweile wurde das Video über 2,7 Millionen mal angeklickt. Auch seine anderen Videos nähern sich rasch der Millionengrenze. Dabei weiß man von Julien nicht mehr als seinen Vornamen.

Aber weshalb schafft es Julien mit seinem Blog bereits in den ersten Monaten mehr Klicks zu bekommen als Justin Biber mit seiner Single „Boyfriend“? Die Kommentare der User zu den Videos machen deutlich, warum viele diesen Blog so gut finden: Julien lässt sich über die Reime der Deutschrapper aus und bringt damit das auf den Punkt, was viele andere denken.

Die 14-jährige Ivana kennt Juliens Blog seit kurzem und findet ihn richtig gut. „Juliens Videos schaut zurzeit jeder“, sagt sie. „Ich mag seinen Humor, auch wenn er manchmal schon echt ganz schön derb ist.“ Über ihre Freundin habe sie davon erfahren und mittlerweile spricht jeder in ihrem Freundeskreis über Juliens Blog.

Julien analysiert Haftbefehls Rap

In Rapanalyse#1 wendet sich Julien an den Rapper Haftbefehl. Julien findet alles schlecht was dieser Typ macht. „Haftbefehl ist der beschissenste Rapper der Welt. Seine Musik sollte man nicht einmal illegal runterladen, sondern stattdessen das Plattenlabel verklagen“, sagt er in seinem ersten Video. Eine harte Aussage. Fast sieben Minuten lang lässt sich Julien über Haftbefehl aus. Den Usern scheint das zu gefallen. Aber warum eigentlich?

„Auch wenn man das vielleicht nicht sofort merkt, regt Julien bereits mit seiner ersten Rapanalyse zum Nachdenken an“, so Ivana. „Er will erreichen, dass die Menschen mal überlegen, ob sie wirklich den Rap gut finden, oder eigentlich nur den Typen, der ihn macht.“ Und Julien erkläre, was einen guten Rap-Song ausmache. Und dass man nicht jeden Text mitsingen sollte ohne zu wissen, ob der Typ überhaupt etwas von diesem Geschäft versteht. „Ich konnte vor Juliens Blog nicht wirklich etwas mit Rap anfangen“, sagt die 14-Jährige. Doch jetzt, das sie wisse, was es alles brauche, um guten Rap zu machen, finde sie diese Musikrichtung eigentlich ganz gut, so Ivana.

Haftbefehl disst zurück

Der Rapper Haftbefehl lässt Juliens Megadiss natürlich nicht auf sich sitzen und schlägt zurück. Und zwar ebenfalls auf YouTube. Provokativ hält er einen Bündel Geldscheine in die Kamera und macht Julien diese Ansage: „Und ich sag dir mal was Julien: Mit dem Geld kauf ich deine Mutter, mit dem deine Schwester und mit dem deine Freundin, Alter. Ich weiß, wie du heißt und ich weiß wo du wohnst und ich könnte dir alle Knochen brechen lassen. Aber ich schenke dir keine Zeit, digga.“

Doch Haftbefehls „Kampfansage“ interessiert nur wenige. Sein Video, das nur knapp eineinhalb Minuten dauert – Juliens Analyse dauert fast fünf Mal so lang –, hat gerade mal 109 000 Klicks. Bei diesem ganzen erbarmungslosen Rumgeflame, wie Julien seinen Blog selbst charakterisiert, geht Julian also als klarer Sieger hervor. Die User interessieren sich mehr für Juliens aussagekräftigen Analysen, als für billige Kampfansagen.

Neben den Rapanalysen gibt es noch Juliens Blog Battle. Hierbei vergleicht Julien unter anderem die Rapper 4tune und Kayayin. Das Video ist gerade mal zwei Monate online und hat schon über 1,2 Millionen Klicks. Darin schießt sich Julien voll auf Kayayin ein, während 4tune ziemlich gut wegkommt. Denn bei Kayayin komme es ihm so vor, als würde er auf alles rappen, nur nicht auf den Beat, so Julien. Außerdem sei in seinen Liedern vieles „ungewollt falsch, willkürlich und unharmonisch. Einfach nur schlecht, grottoit, meines Battles unwürdig, peinlich“.

Ferdinand ist 15 und kennt Juliens Blog. Doch er ist kein Fan davon: „Ich finde es schon ein wenig seltsam, was Julien da macht und ich kann mir nicht erklären, warum er mit seinem Blog so viel Aufmerksamkeit bekommt.“ Er glaubt, dass seine Freunde die Videos vor allem anschauen, weil sie es gut finden, dass sich jemand traut, Rapper zu dissen, die ja oft genug selbst eine dicke Lippe riskieren. „Dass Julien so viele Klicks hat, liegt – glaube ich – vor allem daran, dass es viele gibt, die Julien zwar doof finden, aber wissen wollen, was der Typ da macht.“

Julien selbst lassen die Klick-Zahlen kalt. „Die einen finden meine Videos gut, die anderen eben nicht. Mir ist das auch relativ Banane, wie viele hier meine Videos gucken“, erklärt er in einem Beitrag.

In einem Punkt sind sich Ferdinand und Ivana aber einig: Julien könnte ein bisschen mehr von sich erzählen. Es störe zwar nicht, dass man nur seinen Namen kennt, „aber ich bin einfach neugierig und würde gerne wissen was Julien sonst so macht“, sagt Ivana.

 
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