Der erste Preis geht heuer an Jürgen Schreiber (Tagesspiegel Berlin) und Horst Cronauer (Bild Frankfurt) für ihre Berichterstattung über die Gewaltandrohung der Polizei beim Verhör des Täters im Mordfall Jakob von Metzler. Rang drei belegt Sonia Shinde (Financial Times Deutschland), die einen breit angelegten Betrug bei der Abrechnung von Zahnersatz aufgedeckt hat, der ebenfalls bundesweit für Schlagzeilen sorgte.
Und dann ist da Andreas Jungbauer, der Träger des zweiten Preises. Seine Recherchen für die MAIN-POST haben in Würzburg maßgeblich zur politischen Auseinandersetzung mit dem umstrittenen Sportführer Carl Diem (1882 bis 1962) beigetragen, vor allem mit dessen Rolle zur Zeit des Nationalsozialismus'. Höhepunkte der breit angelegten Berichterstattung waren Interviews mit Zeitzeugen wie dem früheren ZDF-Chefredakteur Reinhard Appel und ZDF-Sportchef Willi Krämer.
Aufgrund seiner Erkenntnisse machte sich Jungbauer schließlich für eine Umbenennung der Ehrenplakette für verdiente Sportler sowie der größten Veranstaltungshalle in Würzburg stark. Angeführt von Oberbürgermeisterin Pia Beckmann entschied der Stadtrat im Oktober dann mit knapper Mehrheit, den Namen Diem zu tilgen. Wie die Halle künftig heißt, soll nun endlich im Juni beschlossen werden.
In seiner Laudatio würdigte Prof. Dr. Kurt Sontheimer den Nachdruck, mit dem der studierte Politologe Jungbauer selbst für Aufklärung gesorgt und die verantwortlichen Politiker zu einem "verantwortungsbewussten Umgang" mit der Geschichte gemahnt habe. Die Diem-Berichterstattung der MAIN-POST sei ein gutes Beispiel dafür, wie das Wächteramt der Presse auf lokaler Ebene ausgeübt werden müsse. Ausdrücklich stellte Sontheimer dabei auch die Rolle der Redaktion heraus, die eine hintergründige Recherche und kritische Kommentierung ermöglicht habe.
Hier zu ermutigen, ist eine der Aufgaben des Wächterpreises, hatte Sontheimer zuvor in seiner Festrede betont. Nach 23 Jahren legt der 75-Jährige den Vorsitz der Jury, der neben ihm die Journalisten und Verleger Dr. Laurent Fischer (Nordbayerischer Kurier, Bayreuth), Roland Hof (Darmstädter Echo), Roderich Reifenrath (Frankfurter Rundschau) und Dr. Hermann Rudolph (Tagesspiegel, Berlin) angehören, nieder.
Im Römer unterstrich der Münchner Politologe jetzt noch einmal die Bedeutung von Meinungs- und Pressefreiheit im demokratischen Staat. Ohne diese gebe es keine Chance, politischen Willen zu artikulieren und so politische Macht zu kontrollieren. "Wachsam zu sein gegenüber allen Gefährdungen dieser Freiheiten durch den Staat oder durch gesellschaftliche Mächte ist neben der primären Pflicht zur Verbreitung von Informationen die nächst wichtige Aufgabe einer freien Presse."
Sontheimer warnte davor, das Wächteramt durch die "plakative Zuspitzung" komplexer Wahrheiten ins Sensationelle zu verbiegen wie dies in Teilen der "Massenpresse" geschehe. Eine Kritik, die Horst Cronauer für die erstmals mit dem Wächterpreis ausgezeichnete Bild-Zeitung als unangebracht zurückwies. Die Jury solle sich darauf beschränken, journalistische Leistungen zu beurteilen.
Bei Andreas Jungbauer hatte unterdessen das Handy geklingelt. Es ging, wie so oft in diesen Tagen, um die Spendenwette mit Karlheinz Böhm zu Gunsten von Äthiopien, dem jüngsten Großprojekt des engagierten MAIN-POST-Redakteurs.