Ob es sich um ein Prestigeduell zwischen dem goldfarbenen Jaguar und dem schwarzen Daimler am 20. Mai 2011 auf der B 286 zwischen Alitzheim und Unterspiesheim gehandelt hat, wie die Polizei vermutete, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass sich der Mann am Steuer des auf seiner Frau zugelassenen Jaguars eindeutig die falschen „Gegner“ für das Autorennen auf der Schnellstraße ausgesucht hatte.
In der Limousine nebenan, die er partout nicht überholen ließ, so dass nur knapp der Zusammenstoß mit einem entgegenkommenden Fahrzeug vermieden werden konnte, saßen drei Justizvollzugsbeamte auf der Heimfahrt vom Dienst. Ihre Strafanzeige führte jetzt dazu, dass der Jaguar-Fahrer in Gerolzhofen vor den Schranken des Gerichts stand.
Richter Florian Töpper sah am Ende keine Veranlassung, an den glaubhaft und plausibel geschilderten Aussagen der Zeugen zu zweifeln, wie er betonte. Erschwerend kam ein früherer Eintrag im Bundeszentralregister hinzu, der den Angeklagten als einschlägig wegen fahrlässiger Verkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung verurteilt auswies.
Ende 2006 war der Beschuldigte auf der A 71 nach einem Überholvorgang so scharf eingeschert, dass er mit einem Auto kollidierte und ein Lkw beim Versuch, den Hindernissen auszuweichen, gegen die Mittelleitplanke prallte. Zwei Personen waren verletzt worden. Zusätzlich zu einer Geldstrafe hatte der Unfallverursacher daraufhin seinen „Lappen“ für zwei Monate abgeben müssen.
Auch Führerschein weg
Diese Vorverurteilung gab nun mit den Ausschlag, dass das Gericht den Mann aufgrund des neuerlichen Falls wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs und Nötigung nicht nur zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen a 90 Euro und der Übernahme der Kosten des Verfahrens verdonnerte, sondern zugleich wegen „Verhaltensdefizits im Straßenverkehr“ seine Fahrerlaubnis mit der Maßgabe einziehen ließ, dass er sie erst nach sechs Monaten neu beantragen darf.
Nach Aussage der Justizvollzugsbeamten, die eine Fahrgemeinschaft gebildet haben, befanden sie sich an jenem Freitag kurz nach 13 Uhr auf der Heimat, als ihr Fahrer zwischen Alitzheim und der Abfahrt Unterspiesheim beschloss, den vor ihm befindlichen Jaguar zu überholen. Dessen Fahrer habe daraufhin in dem Bereich in Fahrtrichtung Schweinfurt, in dem 120 km/h erlaubt sind, bis mindestens 140 km/h beschleunigt, um einen erfolgreichen Überholvorgang zu verhindern.
Noch mehr, sobald der Mercedes-Fahrer bremste, um wieder einzuscheren, habe auch der Jaguar-Fahrer gebremst. Der am Steuer sitzende 36-jährige Vollzugsbeamte: „Wenn ich Gas gab, hat er Gas gegeben und wenn ich bremste, hat er gebremst.“ Das Ganze habe sich zwei oder drei Mal wiederholt, bis der Gegenverkehr den beiden parallel nebeneinander fahrenden Autos bereits gefährlich nahe gekommen war.
In Höhe von Oberspiesheim rauschten schließlich drei Fahrzeuge auf der jeweils einspurigen B 286 aneinander vorbei. Ganz rechts der Jaguar, wenige Zentimeter daneben an seiner Seite der 320er Mercedes Diesel in der Mitte und auf der Gegenfahrbahn das bis heute unbekannte Fahrzeug. Erst nach dieser höchst brenzligen Situation habe es der Jaguar-Fahrer zugelassen, dass der Mercedes abbremsen und hinter ihm einscheren konnte, so die Zeugen.
„Es ging um Zentimeter“
Als beide Fahrzeuge die B 286 bei Schwebheim verließen, habe der Jaguar-Fahrer nochmals frech gegrinst, so der Arbeitskollege des Mercedes-Fahrers. Zuvor hatte der Beifahrer im Mercedes der Fahrgemeinschaft noch Bilder vom vorausfahrenden Jaguar gemacht, nachdem man beschlossen hatte, den Fahrer anzuzeigen. Der Mann erklärte vor Gericht: „Es ging um Zentimeter. Es muss doch nicht sein, dass wegen nichts und wieder nichts Menschenleben aufs Spiel gesetzt werden.“
In den Augen der Staatsanwältin hatte es sich eindeutig um ein Rennen gehandelt, bei dem der Jaguar-Fahrer die Verursachung der Gefahr vorsätzlich herbeigeführt habe. Deshalb sah sie nicht nur den Straftatbestand der Nötigung, sondern auch der Gefährdung des Straßenverkehrs als erfüllt an.
Der Angeklagte bestritt die ihm zur Last gelegten Vorwürfe. Er habe irgendwann auf der Heimfahrt von Gerolzhofen den schwarzen Wagen neben sich bemerkt und sich gewundert, dass dieser immer noch auf seiner Höhe war, als der Gegenverkehr bereits bedrohlich nahe gekommen war, obwohl er extra beschleunigt habe, damit das überholende Auto einscheren konnte. Dadurch, dass er teilweise aufs Bankett ausgewichen sei, habe die Kollision überhaupt erst vermieden werden können.
Mit dem Hinweis „Das ist alles weit hergeholt“ hatte auch sein Rechtsanwalt auf Freispruch plädiert und allenfalls eine Geschwindigkeitsüberschreitung seines Mandanten eingeräumt. Das Gericht sah dies anders und blieb nur bei der Wartefrist auf den neuen Führerschein unter den von der Staatsanwaltschaft beantragten neun Monaten.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Jaguarfahrer hat die Möglichkeit innerhalb von einer Woche Berufung einzulegen beziehungsweise in Revision zu gehen.