Ein holzgeschnitzter Heiliger prüft die Schärfe seiner Axt, an der Wand der katholischen Kirche in Obbach: Womöglich, um irgendein heidnisches Baumheiligtum zu fällen; wohl nicht, um einem Windrad unserer Tage an den Mast zu gehen. „Windpark Obbach – Nein Danke“ lautet dennoch der Tenor einer Infoveranstaltung im Gotteshaus.
Andrea Lettowsky von der Bürgerinitiative „Gegenwind Obbach“ hat eingeladen, mindestens 50 Besucher sind gekommen. Die Vorsitzende ist Musiklehrerin, entsprechend gibt es ein Rahmenprogramm junger Musiker auf der Empore, während eine Powerpoint-Präsentation zur „Bewahrung der Schöpfung“ aufruft. Mit Windrädern verbindet die Obbacherin Misstöne:
Das Thema Infraschall steht im Vordergrund beim einleitenden Vortrag, neben Cartoons, die Gewinnsucht anprangern. Oder die mögliche Rückkehr von Kohle- und Gaskraftwerken im Windschatten unausgelasteter Rotoren.
Fünf Räder sollen im Gebiet WK 23 am „Rainberg“ entstehen, zwischen Reichthalshof, Greßthaler Wald und Obbach. Andere Anlagen könnten unabhängig davon im südlicheren WK 24 „am Franzosenweg“ folgen.
„Ich bin keine Atomkraftbefürworterin“, stellt Lettowsky klar, die Initiative wäre „selbst denkend, eigenfinanziert und unabhängig“. Sie sei für die Energiewende, wenn die Standorte passten, nur: „Man muss sich an die Vorgaben halten.“ 900 Meter Abstand, wie in Obbach, seien zu wenig. Eine Fotomontage stellt bis zu 200 Meter hohe Riesen in Relation zum davor – mit 30 Metern Höhe – bescheiden aufragenden Obbacher Kirchturm.
Laut Flyer geht es um lebenswerte Heimat und eine intakte Natur, Unterschriften werden gesammelt. Zwei Grundbesitzer aus dem Ort, die Familien Bienmüller und Schäfer, sowie die ÜZ Lülsfeld möchten als „Windpark Obbach GmbH & Co. KG“ Wind ernten. Gegner laufen dagegen Sturm: Lettowsky verweist auf Symptome wie bei der Reisekrankheit, die durch Druckwellen entstehen würden, fordert Briefe an Bürgermeister, Landrat, Tageszeitung: „Wir sagen ja zur Windkraft, wenn der Standort stimmt.“
Mitreferent Harald Klopf war einmal Befürworter eines Windparks bei Rannungen, der Industriemeister und Mitglied der dortigen Bürgerinitiative gibt sich heute geläutert. Vor allem der Wirtschaftlichkeit wegen: „Die Zahlen sprechen ein deutliches Wort.“
Im Rannunger Windpark, der topografisch höher liege als Obbach, seien sie „schöngerechnet“ worden, mit entsprechenden Verlusten für den Betreiber: Die Erlanger Stadtwerke haben 2012 vor allem hier und einem weiteren Standort im Schwachwindgebiet 3,8 Millionen Euro Verlust eingefahren.
Mit einem einfachen Windenergie-Rechner im Internet hätte man den realen Ertrag frühzeitig feststellen können, so Klopf: „Wir sind froh, dass wir damals keine Erzeugergenossenschaft gegründet haben, denn dann hätten wir das zu verantworten.“
Unterfranken, wo sich die Anlagen mittlerweile konzentrieren, sei gemäß einer Studie des Umweltbundesamtes wenig geeignet. Manche Räder würden sich regelrecht gegenseitig den Wind wegnehmen. Selbst im Schwarzwald gerieten Projektanten in Schwierigkeiten: „So klappt die Energiewende nicht.“
In Obbach wäre die Windhöffigkeit sogar noch etwas geringer als in Rannungen, die Räder müssten sich auf jeden Fall höher drehen als in seiner Heimatgemeinde (mit 105 Meter Masthöhe). Es seien die Subventionen, die Windräder attraktiv machten, heißt es in der anschließenden Diskussion mit Windkraft-Skeptikern etwa aus Rothhausen (Lkr. Bad Kissingen): Das könnte sich mit der Großen Koalition jetzt ändern, hofft man.
Eine Streichung der Förderung für windschwache Gebiete: Für neue Projekte wäre sie, so die Vermutung, wohl nachteiliger als Seehofers „10-H-Regelung“ (Anlagen-Höhe mal zehn als Mindestabstand).
Die Prokon-Pleite steht ebenfalls im Raum. Derzeit werde eben auch vergütet, wenn der Wind nicht weht, kritisiert Klopf.