Menosgada: Diese Stadt ist vom Erdboden verschwunden. Dennoch beeindruckt sie noch heute – wegen ihrer einstigen imposanten Lage hoch über dem Maintal. Auf dem lang gestreckten Oval des Gipfelplateaus befand sich die „Akropolis“ des keltischen Oppidums, die Oberstadt für die Oberschicht, rund drei Hektar groß und nur über schmale, steil ansteigende Zugänge erreichbar. 50 Meter darunter breitete sich auf einer weiteren Hochfläche des Bergs die etwa 49 Hektar große Unterstadt aus. Sie war ringsum durch Ringwall und Steinmauer geschützt. Warum der keltische Siedlungsplatz vor über 2000 Jahren verlassen wurde oder zugrunde ging, ist unklar.
Menosgada lag auf dem Staffelberg bei Bad Staffelstein. Der griechische Wissenschaftler Claudius Ptolemäus, Geograf, Mathematiker, Astronom und Bibliothekar in Alexandria, erwähnt die Stadt unter diesem Namen auf einer seiner Landkarten. Seither wird Menosgada auf der markanten, 539 Meter hohen Erhebung am Obermain lokalisiert.
Der Staffelberg passt schon rein äußerlich zu den Kelten. Sie suchten sich für ihre Oppida, ihren stadtartigen befestigten Machtzentren, die auch „Fürstensitze“ genannt werden, meist Hochplateauflächen aus, Tafelberge, von denen aus sie übers Land schauen konnten und deren steile Hänge Feinde abhielten. Doch schon vor und auch nach den Kelten wussten die Menschen, diese Höhenlagen zu schätzen. Sie waren und sind Anziehungspunkte. War es früher der Sicherheit verheißende Überblick, ist es heute die faszinierende Aussicht.
Vom Staffelberg aus breitet sich vor Gipfelstürmern ein weit in die Ferne reichendes Landschaftspanorama aus. Wer sich an die senkrecht abfallenden Felsklippen wagt, der schaut im Westen bis in die Haßberge, im Norden bis in den Thüringer Wald, im Osten bis ins Fichtelgebirge und im Süden in die Frankenalb. Wer den Blick auf die nächstliegenden bewaldeten Erhebungen fixiert, der entdeckt im Norden die Umrisse von Kloster Banz und im Osten die Türme der Wallfahrtsbasilika Vierzehnheiligen. Wer sich um 180 Grad dreht, der blickt auf der Hochfläche des Staffelbergs auf die Adelgundiskapelle, um die sich mehrere Sagen ranken. Sie erhebt sich an der Stelle, wo sich bereits in vorchristlicher Zeit ein religiöser Kultbezirk befunden haben soll.
„Gottesgarten am Obermain“ wird die Gegend zwischen Lichtenfels und Ebensfeld genannt. Touristiker vermarkten sie gerne mit blumigen Beschreibungen, etwa: „Landstrich zum Träumen“ mit malerischen Dörfern, bunten Obstwiesen, schroffen Felsformationen, munter rauschenden Bächen, ursprünglichen Bauerngärten, schmucken Häusern und Dorfbrunnen – und noch mehr. Die Obermainregion ist eine beliebte Urlaubsgegend. Sie ist aber auch ein Ziel für Menschen, die höheren Mächten vertrauen.
Der Staffelberg gilt als Kraftort, die Basilika Vierzehnheiligen als Gnadenort. Das Gotteshaus des Franziskanerklosters zieht jedes Jahr Tausende von Wallfahrern an. Sie besuchen den Ort, an dem der Schäfer Hermann Leicht der Sage nach am 24. September 1445 seine erste Erscheinung hatte: ein weinendes Kind. Ein dreiviertel Jahr später, am 28. Juni 1446, sah er es erneut, es war das Jesuskind, umringt von 14 weiteren Kindern. Es sagte zu ihm: „Wir sind die 14 Nothelfer und wollen eine Kapelle haben“. Als sich an der Stelle der Erscheinung ein Wunder ereignete, wurde dieser Wunsch erfüllt. Im Lauf der Zeit entstanden mehrere Kirchen – und erneut ein Wunder, ein architektonisches: der Barockbau Balthasar Neumanns. Vollendet wurde die Basilika, eine architektonische Meisterleistung, jedoch erst nach dessen Tod.
Auf der anderen Seite des Mains stand zu dieser Zeit bereits das Benediktinerkloster Banz, dessen Hauptbau ab 1698 und die Kirche mit ihrer ebenfalls beeindruckenden Raumgestaltung ab 1710 nach den Plänen von Leonhard Dientzenhofer errichtet wurden. Einige Jahrzehnte später hat sich auch Balthasar Neumann mit der Anlage beschäftigt, er entwarf die Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude. Gegründet wurde Kloster Banz bereits im 11. Jahrhundert und war das älteste am Obermain. 1803 wurde es säkularisiert.
Für den Dichter Viktor von Scheffel war Kloster Banz ein Ort der Erholung und „buchenumfriedeter Einsamkeit“ – so beschrieb er es in seinem Werk „Der Mönch von Banth“. Und in seinem berühmten Wanderlied – die „Frankenhymne“ – prägte er den Begriff „Gottesgarten“. Er bewunderte vom Staffelberg aus „die breite, stromdurchglänzte Au“ und war, so scheint es, von der Aussicht derart begeistert, dass er sich wünschte: „Ich wollt', mir wüchsen Flügel“. So geht es Besuchern des Felsplateaus noch heute . . .
Gottesgarten am Obermain
Die Gemeinde Ebensfeld ist das „Tor zum Gottesgarten“, der sich bis Lichtenfels erstreckt. Informationen über die Region Oberes Maintal-Coburger Land gibt es bei der Tourist-Information, Kronacher Straße 30, 96215 Lichtenfels, Tel. (0 95 71) 1 82 83, oder in Bad Staffelstein: Tel. (0 95 75) 92 14 55.
Im Stadtmuseum Lichtenfels (Bamberger Straße 3a) ist bis zum 22. September eine Sonderausstellung über den Arzt und Privatgelehrten Gustav Roßbach beziehungsweise über die Vorgeschichte am Obermain zu sehen. Roßbach hat zwischen 1880 und 1927 die Umgebung von Lichtenfels und Bad Staffelstein systematisch erforscht und Tausende von Funden zusammengetragen. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 14 bis 17 Uhr, Kontakt: (0 95 71) 73 94 22.
Informationen über Kloster Banz, das sich im Besitz der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung befindet, und über die Basilika Vierzehnheiligen gibt es im Internet: www.hss.de
ONLINE-TIPP
Alle bisher erschienenen Artikel und weitere Bilder zur Gartenserie finden Sie unter www.mainpost.de/gartenserie