Es gab einige große Namen aus dem Rock und Pop-Geschäft, die für Konzerte in die kleine Großstadt am Main in den 80er Jahren kamen: ZZ Top, gleich mehrfach, Queen im Mai 1982, Tina Turner im März 1985 und Aerosmith im Oktober 1989, um nur einige zu nennen. Doch auf ein Datum ist die Konzertagentur ARGO mit Chef Peter Pracht immer noch besonders stolz: der 21. August 1988, der Tag als der King of Pop Michael Jackson auf den Mainwiesen ein umjubeltes Konzert gab.
Zeitzeugen erinnern sich gerne an diese Zeit. Volksblatt-Redakteur Karl-Georg Rötter begleitete den Auftritt vor 43 000 Besuchern für die Zeitung. Für ihn klang es am Anfang fast unglaublich, dass der berühmteste Popmusiker seiner Zeit ausgerechnet in Würzburg spielen sollte. Doch daraus wurde Realität, denn die Würzburger Agentur hatte den dicksten Fisch im Popgeschäft an Land gezogen.
Die Medienleute vor Ort bekamen nicht viel mit von den Vorbereitungen zum Jahrhundert-Konzert. Rötter: „Jacksons Management hatte überall die Hände im Spiel, alles war geheim und abgeschirmt.“
Dann war es soweit an dem sonnigen Sonntag am Main: Jackson kam nach Würzburg und spielte seine vielen Hits in einer mitreißenden Show: „Thriller“, „Man in the Mirror“ und „Beat it“, um nur einige zu nennen. Und beim legendären Moonwalk des Popstars rasteten die Fans aus. 300 Polizisten begleiteten die Veranstaltung und viele Sicherheitsleute.
Große Menschentrauben hatten sich in den umliegenden Weinbergen versammelt, um ohne Tickets den Melodien von Jackson zu lauschen. Und die Musik schwebte über den Main bis in die Weinberge, dafür sorgte eine 70 000 Watt-Musikanlage.
So mancher Würzburger hat seine ganz eigene Erinnerung an diesen Tag. Einer wollte zuerst Jackson vom Würzburger Stein aus hören, der Eintritt war ihm zu teuer. Der Sound war mäßig und so wanderte er runter auf die Mainwiese. Doch alles Belabern der Sicherheitsleute half nicht, sie ließen den Mann nicht ein. Und so suchte er in den Absperrzäunen nach einem Loch und wurde tatsächlich fündig. Glück gehabt.
Ein anderer erinnert sich noch an die Parkplatzsituation. Sogar die Bundesstraße 27 war voller stehenden Autos während des Konzertes, schreibt er in den sozialen Netzwerken.
Nah dran am Geschehen war Pressefotograf Thomas Obermeier, der für das Volksblatt fotografierte. Er erinnert sich: „Kleine Busse fuhren uns in den Backstage-Bereich. Dort mussten wir in einem Zelt warten, bis wir in den Fotografengraben geholt wurden.“ Dann machte Jackson und sein Management ihrem Ruf, schwierig zu sein, alle Ehre. Obermeier: „Wir warteten mit dem Rücken zur Bühne und Jackson sang das erste Lied. Auf ein Kommando drehten wir uns um und konnten unsere Bilder machen. Schnappschüsse gab es nicht.“ Dann war der Einsatz der Fotografen auch schon beendet.
Den Ärger der vielen Fans über eine VIP-Tribüne, die ein wenig die Sicht trübte, bekamen auch die vielen einige Pressevertreter zu spüren. Die Fans rüttelten an der Konstruktion, bis die zu Schwanken anfing. Umgefallen ist sie jedoch nicht.
An Gerüchten um Jackson und sein Leben hinter der Bühne an diesem Tag in Würzburg braucht sich Rainer Sully Sülzer nicht zu beteiligen. Er erlebte das alles real als technischer Leiter von ARGO. Er ist ein erfahrener Mann, der im Laufe seiner Tätigkeit schon viele Pop- und Rockgrößen betreut hat. Das Jackson-Konzert war sein erstes großes Open Air.
So hautnah wie er war wohl keiner dran am King of Pop. Tatsächlich kam der Künstler mit einem silbernen Bentley aus Frankfurt angefahren, huschte wie ein Schatten in seinen Wohncontainer, inspizierte ihn kurz und streifte Sülzer beim Herauskommen. Ein kurzer Blick, das wars. Dann ging es mit einem Bus und dem Nobelwagen zur Bühne. Während die Fotografen ihre Objektive alle auf den Bentley richteten, saß der Musiker in aller Ruhe ungestört im Bus.
Sülzer, der heute noch in beratender Funktion bei Konzert-Großveranstaltungen wie Rock im Park tätig ist, hatte jede Menge Vorgaben für diesen besonderen Tag auf den Mainwiesen. „50 Seiten Bühnenanweisungen gab uns das Management vor“, erzählt er, als wäre es erst gestern gewesen. An der Wand in seinem Büro hängt noch sein spezieller Backstage-Pass.
Und dann lüftet er den Schleier und erzählt, was für einen Rummel um die Person des Musikers gemacht werden musste. Fünf Wohncontainer standen für die Band und ihn zur Verfügung. Der nagelneue Doppelcontainer für den Superstar war von Möbel Neubert eingerichtet worden. Die Ledergarnituren waren nagelneu, niemand durfte sich vorher schon mal draufgesetzt haben.
Noch spezieller waren die hygienischen Anforderungen. Das Klo kam direkt vom Fließband einer Keramikproduktion, erinnert sich Sülzer. „Sauberkeit ging Jackson über alles.“ Manche würden es wohl auch einen Tick nennen. Die Möbel wurden später von Neubert in einem Schaufenster ausgestellt und für einen guten Zweck versteigert.
Der Lohn für all den Mega-Aufwand: Jackson verbrachte kaum Zeit in diesem Wohnraum. Denn nach dem Konzert ging es gegen 23.30 Uhr sofort zurück nach Frankfurt. Der Sänger blieb nicht über Nacht in Würzburg. Auch Sülzer trauerte mit unzähligen Fans, als Michael Jackson am 25. Juni 2009 im Alter von 50 Jahren starb.
Videos vom Michael-Jackson-Konzert in Würzburg