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WÜRZBURG
„Ich habe Angst, obdachlos zu werden“
Auf der Suche: Heike K.benötigt dringend einneues Zuhause für sichund ihre Töchter.FOTO: OBERMEIER
| Auf der Suche: Heike K.benötigt dringend einneues Zuhause für sichund ihre Töchter.FOTO: OBERMEIER
Von unserer Mitarbeiterin sara-sophie Schmitt
 |  aktualisiert: 16.12.2021 10:54 Uhr

„Lebensfroh, temperamentvoll, immer auf Tour.“ So beschreibt Heike K. (Namen von der Redaktion geändert) die Frau, die sie war. Sie war berufstätig, hatte Pläne, wollte ihren Motorradführerschein machen. Plötzlich war das alles passé. Heike K.s. Leben geriet aus den Fugen. Heute ist sie einer von zahlreichen Menschen aus der Region, die in Not geraten sind. Menschen, die von der Aktion Patenkind unterstützt werden.

Vor zehn Jahren wurde Heike K. schwanger, die Zwillinge sollten ihr Leben komplett verändern. Schon im zweiten Schwangerschaftsmonat traten Komplikationen auf. Eines der Babys wird die Schwangerschaft nicht überleben, sagten die Ärzte. „Ich habe nicht mehr geschlafen. Ich dachte, während ich schlafe, stirbt mein Kind“, erzählt die heute 42-Jährige. Ab dem fünften Monat musste sie stationär in die Klinik. Der Vater der Kinder, Heike K.s damaliger Freund, war beruflich unterwegs, konnte nicht bei ihr sein. Sie musste sich der Situation allein stellen: unzählige Untersuchungen, immer neue Hiobsbotschaften, die Angst um ihre ungeborenen Babys. Sie hält durch: „Ich wusste, wenn ich mich aufgebe, haben die Kinder verloren.“

Dann an Heiligabend 2001 kamen die Kinder per Kaiserschnitt zur Welt. Beide lebten. Die Sorgen wurden für Heike K. nicht weniger. Es war klar, dass Anna und Julia schwerbehindert sein werden. Ob Anna überhaupt überleben würde, war unsicher. Die Zwillinge blieben am Leben. Das Kapitel Krankenhausaufenthalt war allerdings nicht zu Ende geschrieben. Julia musste ein halbes Jahr in der Klinik bleiben, Anna ein ganzes. Es folgte ein Operationsmarathon, besonders für Anna. „Ich habe irgendwann aufgehört, die Operationen zu zählen“, sagt Heike K.

Heute ist Anna auf einen Rollstuhl angewiesen. Sie kann nicht laufen, kaum sprechen. Ihre Schwester Julia hat mit drei Jahren begonnen zu laufen, noch später zu sprechen. Zudem ist sie hyperaktiv.

Die Betreuung, die Operationen, die Krankheiten der Kinder machten ein normales Familienleben unmöglich. Heike K. litt. Sie veränderte sich. Verlor ihre Fröhlichkeit, ihr Temperament, ihre Lebensfreude. „Werde wieder, wie du früher warst“, habe der Vater der Mädchen oft zu ihr gesagt. Auch er kam mit der Situation nicht zurecht, griff zur Flasche. „Immer wieder kam er betrunken nach Hause und weckte mit seinem Gepolter die Kinder“, erinnert sich Heike K. Als die Mädchen drei Jahre alt waren, trennte sie sich von ihm.

Kinder versorgen und betreuen, den Haushalt managen – das musste Heike K. jetzt allein schultern. „Ich hatte ständig mindestens eines der Kinder auf dem Arm.“ Die Dauerbelastung forderte ihren Tribut. Nicht nur seelisch, auch körperlich. Heike K. bekommt Rückenprobleme, konnte ihre Kinder nicht mehr heben. Sie gibt sie in ein Internat. Dort leben die heute neunjährigen Zwillinge.

Nicht nur ihre Familie ging in die Brüche. Auch ihrer Arbeit konnte Heike K. nicht mehr gerecht werden. Sie rutschte in die Arbeitslosigkeit, lebt heute von Hartz IV und einem Minijob. Sie würde gern mehr arbeiten. „Aber ich muss für meine Töchter flexibel sein.“ Sie braucht etwa frei, wenn eines ihrer Kinder wieder mal operiert werden muss. Und an den Wochenenden, wenn Anna und Julia nach Hause kommen.

„Traurig, depressiv, nachdenklich.“ So beschreibt sich Heike K. heute. Doch sie gibt nicht auf. „Ich möchte, dass meine Kinder eines Tages wieder häufiger bei mir sind“, sagt sie. Damit sich ihr Wunsch erfüllt, braucht sie eine rollstuhlgerechte Wohnung. Drei Zimmer, barrierearm – mehr nicht. Aus ihrer jetzigen Wohnung muss sie ausziehen. Der Vermieter hat Eigenbedarf angemeldet. „Ich habe Angst, obdachlos zu werden“, sagt Heike K. Seit einem halben Jahr sucht sie nach einer Bleibe. Erfolglos. Sogar ihren Hund hat sie abgegeben, um ihre Chancen auf eine passende Wohnung zu verbessern. Eine Wohnung, in der sie bleiben, in der sie ihr Leben neu ordnen, in der sie eines Tages womöglich mit ihren Töchtern leben kann. Wie so viele Menschen, die in Not geraten sind, braucht Heike K. nur etwas Unterstützung, um ihr Leben in neue Bahnen lenken zu können.

Aktion Patenkind

Das Patenkind-Büro ist zu erreichen unter Tel. (09 31) 60 01-246, -209, -655, per Mail unter patenkind@mainpost.de

Online findet man die Aktion Patenkind – unter www.mainpost.de/patenkind

Die Hilfsaktion der Mediengruppe Main-Post gibt es seit Jahrzehnten. Tausende Menschen in Not freuten sich bereits über die Unterstützung. Um Hilfe bitten vor allem Alleinerziehende, chronisch Kranke, Senioren mit Minirente und Familien, die wegen Krankheit oder Arbeitslosigkeit nicht mehr weiterwissen.

 
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