
Die Residenz ist jetzt der Louvre. Statt der schwarz-rot-goldenen Deutschland- und der weiß-blauen Bayern-Fahne weht seit Montag das schwarze Lilienbanner der französischen Bourbonen-Könige über dem Würzburger Weltkulturerbe. Es laufen die Dreharbeiten für den 3-D-Blockbuster „Die drei Musketiere“ mit Kinostars wie Christoph Waltz, Milla Jovovich und Orlando Bloom. Für knapp zwei Wochen ist Hollywood in der Stadt.
Geschäftiges Treiben am Vormittag vor der Residenz. Unzählige Lastwagen parken in der Balthasar-Neumann-Promenade, während die Straße für den normalen Verkehr gesperrt ist. Sicherheitsleute lenken die Passanten. Auf dem Platz vor dem Schloss schrubben Männer die Wasserpfützen vom roten Teppich, der vor dem – in Brokat geschmücktem – Hauptportal ausgerollt ist. Mobile Bühnen werden in Stellung gebracht, Helfer wuseln umher. Deutsche Stimmen mischen sich mit englischen. Ein Blick in 40 Meter Höhe: Mit schweren Kränen hat man über den Residenzplatz Drahtseile gespannt, an denen später die Kamera entlangfahren wird.
„Wozu der Aufwand?”, fragt eine Fußgängerin, weil sie nicht gehen darf wie sie es gewohnt ist. „Ist doch toll, dass so ein Film mal in Würzburg gedreht wird”, entgegnet ihr Begleiter. Ein paar Schaulustige sind auch gekommen, hier und da mit Kamera bewaffnet. Die Ausbeute hält sich wegen der Absperrungen in Grenzen. Leah und Annalena, zwei Vierzehnjährige, die sich für Orlando Bloom interessieren, werden sich gedulden müssen. „Aber das macht nichts”, versichern sie. Dass in ihrer Stadt ein Hollywood-Film gedreht wird, macht sie schon ein bisschen stolz. Gemeinsam mit Leahs Bruder Elias wollen sie später überprüfen, „was von der Residenz auf der Kinoleinwand übrig bleibt.“ Und was der Computer verfremdet.
Gerhard Weiler, der Chef der Schlösserverwaltung, freut sich nach zwei Monaten Vorbereitungszeit, „dass es jetzt losgeht”. Im Zusammenspiel mit den Filmleuten ist Improvisation angesagt. So mussten Weiler und seine Mitarbeiter am Morgen kurzfristig den allgemeinen Besuchereingang in die Residenz vom Süd- in den Nordflügel verlegen. Die Crew hatte befürchtet, das Publikum könnte ihr zu nahekommen.
Weniger Sorgen bereitet das Wetter. Der heftige Regen hat rechtzeitig zu Drehbeginn aufgehört. Der graue Himmel sorgt für gutes Kameralicht. Pralle Sonne brauche niemand, versichert ein Sprecher von Constantin. Ansonsten geben sich die Filmemacher wortkarg. Man will sich nicht in die Karten schauen lassen.
Szenenwechsel Hofgarten. Am Tor lehnen drei junge Männer, in Schaftstiefeln, blauen Jacken und Federhüten. „Wir gehören zur königlichen Wache”, erklären die Studenten aus Bamberg und Würzburg. Ihren Namen wollen die Komparsen lieber nicht verraten. „Wir dürfen keine Interviews geben.“ Seit sechs Uhr früh sind sie am Set. Wenn die erste Klappe fällt, müssen auch Kleindarsteller geschminkt und frisiert sein. Die Atmosphäre beim Dreh sei gut, sagt einer, der auch in Bamberg dabei war. „Vor allem, wenn die Verpflegung stimmt.“ Prompt kommt eine Produktionsassistentin vorbei und serviert heißen Kaffee aus der Thermoskanne. „Die Pappbecher sammle ich aber wieder ein. Damit da bloß keiner ins Bild kommt.“
Ein paar Meter weiter stehen drei Hofgärtner. Sie sind nicht so schmuck wie die Wächter kostümiert; eher Sackleinen und Filzhut. Auch sie wollen nicht viel sagen. Nur so viel: „Lustig“ sei es, „immer wieder die Hecke zu schneiden, ohne dass was abgeht“, sagt einer. Kino eben. Eine Helferin kehrt derweil die Spuren vom fürstbischöflichen Schotterweg. „Im Film darf kein modernes Schuhprofil zu sehen sein.“
Ein Stück weiter ist Regisseur Paul Anderson zu erkennen, wie er Hauptdarsteller Logan Lerman für eine Szene vor dem Springbrunnen mit Kollegin Gabriella Wilde Anweisungen gibt. Teenie-Schwarm Lerman mimt in Lederdress und schwarzem Umhang den Abenteurer d'Artagnan. „Here we go”, heißt's plötzlich. Scheinwerfer strahlen, die Kamera läuft. Da entdeckt ein Mitarbeiter den Journalisten in der Nähe. „Weg da, bitte, aber schnell.“
Vor der Residenz Getuschel. „Da vorne, der aus dem silbernen Audi aussteigt, das ist doch Orlando Bloom.“ Kurzes Zögern, 30 Meter Entfernung sind's bestimmt. „Ja, er ist es, er muss es sein.“ Fast unbemerkt verschwindet der Superstar in der Residenz. Wenig später entdecken Schaulustige ihn dann im Hofgarten. Bloom muss dort eine erste Szene drehen. Und Milla Jovovich wird auch gesichtet. Ganz liebevoll habe sie sich mit ihrem Mann, Regisseur Anderson, um Töchterchen Ever Gabo gekümmert, berichtet ein Augenzeuge. Hollywood ist in Würzburg angekommen.