
Einer stahl allen die Show und schickt sich an, in die großen Fußstapfen des diesmal fehlenden Fastnachts-Maskottchens Günther Beckstein zu treten: Markus Söder. Der bayerische Finanzminister erschien zur „Fastnacht in Franken“ am Freitagabend als Marilyn Monroe in wallendem weißem Kleid, mit blonder Perücke und atemberaubenden roten Fingernägeln.
„Der Ministerpräsident hat gesagt, die Zukunft der CSU ist weiblich. Also . . .“, sagte Söder. Angst, die Sexismus-Debatte durch sein scharfes Outfit neu zu befeuern, hatte er nicht: „Heute bin ich höchstens Opfer.“ Ministerpräsident Horst Seehofer erschien wieder gewagt verkleidet: mit lila Fliege. Mit Blick auf Marilyn-Söder sagte er: „Er ist immer einfallsreich und beweglich, habe ich das nicht schon vor Weihnachten gesagt?“
Der Auftrieb der Prominenz im Foyer der Mainfrankensäle war emsiger als in früheren Jahren, viel Applaus bekam die SPD-Riege: Miraculix Christian Ude hatte gleich mehrere Gallier mitgebracht: „Erst neulich haben wir einen großen Schluck Zaubertrank genommen, er wirkt schon“, sagte Ude mit Blick auf das Volksbegehren zu den Studiengebühren. Die Zutaten wollte er nicht verraten, „sonst wäre ich ja ein schlechter Druide“. Ude freute sich auf die Sitzung, „weil das eine tolle Plattform fränkischen Humors ist“.
Der Spitzenkandidat der SPD wurde nicht enttäuscht. Vor allem auf eines hatten ja die Franken gewartet, seit die zentnerschwere Altneihauser Feierwehrkapell'n 2006 erstmals die Bühne zum Beben gebracht hatte. In steter Wiederkehr brüten die lästernden Feuerlöscher seither unter ihren Helmen Unverschämtheiten aus und werfen sie den Gastgebern gekonnt an den Kopf: „Man muss der Franken Anspruchsdenken, auf eine Weinkönigin beschränken“, spottete Kommandant Norbert Neugirg in Anspielung auf das Machtstreben hiesiger Politiker.
Längst war die Zeit also reif für einen Gegenentwurf, der diesmal tatsächlich in Form der Erlabrunner Narreköpf auftauchte. Die acht Musiker hielten der Feierwehrkapell'n den Spiegel vor: „Breit grinsend zeigen sie uns ihr Gesicht, einen Zahnarzt hat die Oberpfalz bis heute nicht.“ Der Coup war ein Wagnis, denn auf solch einer großen Bühne waren die Narreköpf noch nie gestanden.
Die Formation entsprang vor über zehn Jahren aus der Jugendblaskapelle in Erlabrunn, einem 1600-Einwohner-Ort am Main. Lange stehen sie zwar schon auf der regionalen Faschingsbühne, nun aber folgte der Ruf in den Olymp. Dass die Rivalität der Musikanten, die mit einem herrlich schrägen Stück aus dem Saal zogen, nur gespielt war, zeigte sich spätestens beim gemeinsamen Bier im Anschluss an den TV-Auftritt.
Die 26. Auflage der Fastnacht war eine Wundertüte. Sie öffnete sich mit der Begrüßung von Sitzungspräsident Bernd Händel: Eigentlich habe er einen Gag über den Berliner Flughafen machen wollen, „aber ich bin nicht fertig geworden“. Das war der Startschuss für ein Potpourri mit Bewährtem aus dem Schatzkästlein des Faschings.
Trotz Superwahljahr und einer Minister-Schwemme im Saal kippte das Programm nicht zu sehr ins Politische, auch wenn Amanda, das freche Nilpferd des Bauchredners Pierre Ruby, ihre Kandidatur für das Ministerpräsidentenamt bekannt gab. Nein, die Mischung aus kabarettnahen Nummern (Oliver Tissot) und Fastnachtsblödeleien (Oti Schmelzer), Musik und Gesang (Parodis), sie stimmte erneut – und wird dem BR wieder eine traumhafte Quote bescheren.
Einer der Höhepunkte war der Auftritt von Michelle Maldonado aus Coburg, deren Tanzkunst eine wahnsinnige Mischung aus Breakdance und Hochleistungsturnsport ist. Brillant wie stets: Peter Kuhn von der Schwarzen Elf, diesmal als Penner, der sich so seine Gedanken über Steinbrücks Aussagen um die Kanzler-Entlohnung machte: „Auch seine Reden dergestalt, sie bräuchten deutlich mehr Gehalt.“ Als Gewinner aus „Franken sucht den Supernarr“ erzählten die Tratschen Doris Motschmann und Silvia Otto, dass sie unter falschen Voraussetzungen nach Veitshöchheim gelockt worden waren: „Der Schlereth hat gesagt, da schauen drei Millionen zu. Jetzt guck' dich amal um: Des sind doch höchstens 500.“
Als Kellner servierten Volker Heißmann & Martin Rassau ein Fünf-Gang-Menü ihres Schaffens und stellten am Ende messerscharf fest: „Besoffen vergeht, blöd bleibt.“ Das Publikum goutierte den Auftritt mit lautem Johlen, ebenso, als sie später noch mal als Barack Obama und Angela Merkel erschienen. Tja, und dann war da noch Michl Müller, der Elektriker aus Garitz. Er wirbelte in Bestform über die Bühne, ging Einkaufen beim Lidl, doubelte Günther Beckstein, und wenn Sie glauben, eine Dose Hering in Tomatensoße könne nicht liebevoll besungen werden, dann liegen Sie aber kräftig falsch: Müller macht's. Auszugsmarsch.
Splitter aus Veitshöchheim
Die Mitwirkenden: Sitzungspräsident Bernd Händel, Matthias Walz (Karlstadt), Doris Motschmann und Silvia Otto (Sonneberg) als „Sumbarcher Waschweiber“, Tanzmariechen Michelle Maldonado (Coburg), Pierre Ruby (Würzburg), Oliver Tissot (Nürnberg), Gemischte Garde Buchnesia Nürnberg, Peter Kuhn (Oberwerrn), Parodis mit Marion Mahlo und Bruno Gold (Karlstadt), Volker Heißmann & Martin Rassau (Fürth), Königsgarde Coburger Mohr, Oti Schmelzer (Oberschwappach), Altneihauser Feierwehrkapell'n, Erlabrunner Narreköpf, Tanzsportgarde Veitshöchheim, Michl Müller (Garitz). Gewichtsverlust: Wenn Norbert Neugirg das Hirn der Altneihauser Feierwehrkapell'n ist, dann ist Reinhard Stummreiter ihr Körper.
Der massige Mann an der Pauke hat durch eine Magenverkleinerung fast 80 Kilogramm abgenommen. Durch seine Mimik und Komik ist er aber weiter eine tragende Säule der Feierwehr, auch wenn der Bauch unter seiner Uniform jetzt ausgepolstert ist.
Roter Bruder: Freie-Wähler-Boss Hubert Aiwanger kam gestählt durch den Erfolg des Volksbegehrens als Winnetou mit der Silberbüchse. „Den größten Büffel Bayerns werden wir heuer schon noch zur Strecke bringen“, sagte er zweideutig, „er hat sich ja selbst schon ins Knie geschossen und ist angeschlagen.“ Begleitet wurde Aiwanger von seiner Lebensgefährtin Tanja Schweiger. „Ich bin zum fünften Mal bei der Fastnacht. Das ist fränkische Kultur, hier wird kein Blatt vor den Mund genommen und es tut gut, wenn man mal ungeschminkt die Wahrheit gesagt bekommt.“
Bischof Friedhelm Hofmann war nach Tagen der Missbrauchsdebatte froh, einen erheiternden Abend verbringen zu dürfen. „Das ist ein Stück wie nach Hause kommen. Ich bin ja mit dem Virus Carnevalis infiziert, da ist diese Sendung ein Highlight für mich.“
Kicker: Weil Minister Martin Zeil krankheitsbedingt absagen musste, wurde das FDP-Fußball-Team 1. FC Freiheit 2013 vom Fraktionsvorsitzenden Thomas Hacker angeführt. Mit in der Mannschaft war auch der unterfränkische Abgeordnete Karsten Klein. „Die acht auf dem Rücken ist unser Prozentziel für die Bundestagswahl“, sagte er selbstbewusst.
Ägyptens Schönheit: Als Cleopatra verzauberte Sozialministerin Christine Haderthauer (CSU) die Gäste im Foyer der Mainfrankensäle. „Sie hat die gleiche Nase wie ich“, sagte sie mit einem Lächeln. „Mein Kostüm ist auch eine Antwort auf die Sexismus-Debatte: Wenn Cleopatra einer blöd gekommen ist, hat sie nicht erst zwölf Monate überlegen müssen, bis sie reagierte.“
Klassiker: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann kam – Achtung – wieder mal als schwarzer Sheriff. „Irgendetwas muss ja Kontinuität haben“, sagte er. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich erschien bei seinem vierten Veitshöchheim-Besuch als Robin Hood gemeinsam mit Frau Annette. Text: ach







