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ULM
Hepatitis C: Eine stille Revolution
Wer sich mit dem Hepatitis-C-Erreger infiziert, bemerkt zunächst oft gar nichts davon. Denn meist verläuft die Krankheit ohne Symptome. Irgendwann wird sie dann nach Jahren bei einer Routineuntersuchung entdeckt.
Von Sybylle Hübner-Schroll
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:33 Uhr

Dass eine Behandlung zwar dringend geboten, aber nicht einfach ist, davon zeugen Erfahrungsberichte Betroffener, nachzulesen auf der Homepage der Deutschen Leberhilfe: Da ist von teils schlimmen Nebenwirkungen die Rede, über die monate- oder gar jahrelang dauernde Therapie hinweg. Mit dem Jahr 2014 könnte aber nun für Hepatitis-C-Patienten vieles besser werden. Neue, direkt antiviral wirkende Medikamente verändern derzeit die Behandlung der Hepatitis C, teilt die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) mit. Auf kaum einem anderen Gebiet der Medizin würden derzeit solch große Fortschritte erzielt. Die bisher üblichen Therapien, heißt es, könnten nicht mehr als Standard gelten.

Medizinische Revolution

Die Deutsche Leberhilfe spricht gar von einer „medizinischen Revolution“ und stellt die Frage, ob die Hepatitis C bald ein „gelöstes Problem“ sein wird. „In naher Zukunft kann wahrscheinlich die große Mehrheit der Hepatitis-C-Patienten geheilt werden“, prognostizierte die Leberhilfe schon Ende 2013. Auch der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) verweist auf die zu erwartenden Heilungschancen und darauf, dass die chronische Hepatitis C Anfang der 1990er Jahre noch unheilbar gewesen sei. Angesichts einer halben Million Deutscher, die an der Krankheit leiden, eine ausgesprochen gute Nachricht.

Einer, der an den aktuellen Empfehlungen der DGVS zur Behandlung der Hepatitis C mitgewirkt hat, ist Privatdozent Matthias Dollinger von der Uniklinik Ulm. Sieht auch er die Entwicklung als eine Revolution?

„Bis zu einem gewissen Grad – ja“, erklärt er gegenüber dieser Zeitung. Denn bei den bisher üblichen Medikamenten gebe es relativ viele Nebenwirkungen, eines der Mittel – das Interferon – müsse zudem injiziert werden. Die neuen Medikamente erlaubten dagegen eine Behandlung praktisch nur noch mit Tabletten, die zudem kaum Nebenwirkungen hätten. Die Mittel seien „vergleichsweise harmlos“, so Dollinger.

Das Wichtigste aber: Während man mit den bislang verfügbaren Methoden nur zwischen 60 und maximal 90 Prozent der Patienten gut habe behandeln können, werde dieser Anteil in den nächsten ein bis zwei Jahren auf mehr als 90 Prozent steigen: „Wir können mit Tabletten allein Patienten heilen, das heißt, die Infektion komplett zum Verschwinden bringen“, prognostiziert Dollinger. Damit werde in absehbarer Zeit zumindest in den Industrieländern die Hepatitis C auch als klinisches Problem verschwunden sein.

Verschiedene Typen

Die Hepatitis C tritt in Form verschiedener „Genotypen“ auf, Genotyp 1 ist hierzulande mit einem Anteil von über 70 Prozent der häufigste – und zugleich auch der, der bislang am schwierigsten zu behandeln war, wie Dollinger sagt.

Zur Medikamentenkombination gehörte Interferon, das grippeähnliche Symptome wie Gliederschmerzen, Schüttelfrost oder Abgeschlagenheit auslöst. Auch schwerere Nebenwirkungen wie ein Abfall der roten und weißen Blutkörperchen können eine Folge sein und unter Umständen einen Abbruch der Therapie erforderlich machen.

Jetzt aber dürfen Patienten, die das Mittel nicht so gut vertragen, auf eine Interferon-freie Behandlung hoffen. Eine solche Behandlung, die zudem mit nur noch drei Monaten Dauer deutlich kürzer ist als bisher, werde deutlich besser zu überstehen sein. Ein Problem sind freilich die Kosten: Die neuen Mittel seien extrem teuer, so Dollinger. Allerdings gleiche sich das gegenüber den älteren Medikamenten durch den kürzeren Einsatz teilweise wieder aus.

In Anbetracht künftiger Therapieoptionen sollten Ärzte und Patienten gemeinsam abschätzen, wie dringlich eine antivirale Therapie im Einzelfall sei, und dabei die potenziellen Nebenwirkungen und Erfolgschancen bedenken, so die DGVS.

Dollinger erklärt, was damit gemeint ist: Eine Hepatitis-C-Infektion verläuft über mehrere Jahre, eine Leberschädigung stellt sich nicht innerhalb von Wochen ein. Bis zur Entwicklung einer Zirrhose vergehen zehn bis 20 Jahre. Deshalb sei es in den seltensten Fällen so, dass man sofort behandeln müsse.

Nur wenn bereits eine Zirrhose vorhanden sei oder der Patient gar schon auf der Warteliste für eine Lebertransplantation stehe, müsse man versuchen, das Virus schnellstmöglich loszuwerden. In den anderen Fällen sei es sicher so, dass man sich die beste Therapie heraussuchen solle. Und das bedeutet: „Wer eine Interferon-freie Therapie wünscht, muss gegebenenfalls – bei schwierigen Genotypen – noch bis zum Herbst warten.“

Hepatitis C

Die Hepatitis C ist eine durch das Hepatitis-C-Virus (siehe Bild) ausgelöste Entzündung der Leber.

Die Übertragung des Virus' erfolgt über Blut und Körperflüssigkeiten. Bei etwa einem Drittel der Patienten lässt sich der Infektionsweg nicht mehr nachvollziehen.

Weltweit sind etwa 170 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert.

Eine Impfung gegen das Hepatitis-C-Virus ist nicht möglich. Text: shs

 
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