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OCHSENFURT
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KREUZBERG Ochsenfurt
Foto: Herbert Ehehalt
Redaktion
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:09 Uhr

 

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An der Heckensteige erreichen wir die ersten Häuser Ochsenfurts. Mit dem Kreuz in beiden Händen zieht uns Andreas Herrmann voran. Bis vor wenigen Jahren war er selbst noch Pilgerführer. Heute ist er 76 Jahre alt und war der Älteste, der sich mit uns zum Kreuzberg aufgemacht hat. Die Ehre, das Kreuz nach Hause zu tragen, hat er sich redlich verdient. Ich versuche, jeden Augenblick in mich aufzunehmen.

Matthias Schäffer ist dem Zug schon wieder ein Stück voraus. Er hat heuer die Aufgabe übernommen, die Wallfahrt mit der Videokamera festzuhalten. Viele Stunden Material haben sich in den vergangenen Tagen angesammelt. Ein Vielfaches davon wird nötig sein, daraus einen Film zu machen. Mit dem Kreuzberg-Video wurde er von seinem Vater angesteckt.

Emil Schäffer - der Bozer, wie er genannt wird – war seit den 60er Jahren fast jedes Mal am Kreuzberg mit dabei, lange zu Fuß, später als Fahrer des Begleitfahrzeugs, der Marodi-Wagens. Heuer wollte er nicht mehr dabei sein. Unterwegs mussten wir oft an ihn denken. Überall wurde seinem Sohn, „dem kleinen Bozer“, aufgetragen, Grüße auszurichten.

 

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Die ersten stehen am Straßenrand. Aus den Fenster wird uns zugewinkt. Als die Alte Mainbrücke auf uns zukommt, sehen wir zum ersten Mal die Menschenmenge, die unseren weiteren Weg säumt. Hunderte bilden ein Spalier, durch das wir in die Stadt einlaufen. Jeder gibt sich jetzt Mühe, besonders laut in den Choral einzustimmen, den uns die Musikanten und Vorbeter vorgeben.

 

Am Ende der Brücke erwartet mich meine Frau und Andrea, eine gute Freundin. Auch Helmut ist da, der den Weg schon zweimal gegangen ist und darüber berichtet hat. Ich bin froh, dass er da ist. Ich will den Moment genießen können, ohne auf meine Aufgabe als Berichterstatter konzentriert zu sein.

Ich sehe Herbert am Straßenrand. Mit der Würzburger Wallfahrt war er schon viele Male am Kreuzberg. Vor zwei Jahren, als ich mich der Wallfahrt angeschlossen habe, hat er mich als Fotograf, Ratgeber und Freund unterstützt.

Es ist das erste Mal, dass die Wallfahrt seit acht Jahren wieder über die Alte Mainbrücke in die Stadt einziehen kann. Ich kann verstehen, warum die Wallfahrer diesen Moment jahrelang so vermisst haben. Hunderte säumen unseren Weg durch die Brückenstraße und die Hauptstraße hinauf zum Marktplatz.

Diakon Alban Türk trägt einen kostbaren, mit Goldstickereien geschmückten Umfang, als er vor den Altar tritt, der unter dem Kreuz vor dem Rathaus aufgebaut ist. Mit der Monstranz schreitet er uns voran, als wir in die Kirche einziehen. Der Prozessionshimmel, der ihn überspannt, wird von vier Männern getragen, die viele Jahre lang tätig die Kreuzbruderschaft unterstützt haben.

Zwei Mädchen hatten uns zuvor mit einem Gedicht begrüßt- Der Bürgermeister stand da und hat die Pilger per Handschlag begrüßt. Die Kirche füllt sich schnell bis auf den letzten Platz. Die vorderen Bänke sind den Wallfahrern vorbehalten. Dahinter drängt sich dicht das übrige Volk.

Pfarrer Sternagel findet die richten Worte für diesem Moment. Aus unserer normalen Welt seine wir sechs Tage lang ausgestiegen und in eine andere eingetaucht, eine ohne Telefon, ohne Termindruck. In meiner Rolle als Berichterstatter ist mir dieser Ausstieg nur zum Teil gelungen. Trotzdem habe ich viel mitgenommen von dieser Wallfahrt.

Ein großer Selbsterfahrungs-Trip sei die Wallfahrt, sagt Pfarrer Sternagel. Wir haben körperliche Grenzen kennengelernt, sagt er. Wir haben Schmerzen gelitten und erfahren, was es heißt, bei Sonne und Regen der Natur ausgeliefert zu sein. Wir haben Gemeinschaft erlebt, Gemeinschaft mit den anderen und Gemeinschaft im Glauben. Eine Erfahrung, die in unseren Tagen ihresgleichen sucht, sagt der Pfarrer und leitet daraus, die Anziehungskraft her, die die Wallfahrt auf ihre Teilnehmer ausübt.

Auf dem Kirchplatz wird der Gepäckwagen ausgeladen. Es geht ans Abschied nehmen. 'Auch „Hans im Glück“ ist da, Rainer Glück aus Uffenheim, der lange gelitten hatte, bevor er uns in Bad Kissingen vorzeitig verlassen hatte. Ich danke den vielen, die mich in den letzten Tagen unterstützt haben, Helene, Alois, Benno, Paul, Dirk, Georg, Matthias und den vielen anderen. Einigen von ihnen werde ich auch in den nächsten Wochen immer wieder begegnen, andere sehe ich vielleicht erst in Jahren wieder.

Mit meiner Familie und Herbert setze ich mich noch kurz vor ein Gasthaus. Wir trinken etwas, ich erzähle von den letzten Tagen und erfahre die Neuigkeiten der vergangenen Woche, um die ich mich bis dahin nicht gekümmert habe.

Die Wallfahrt ist zu Ende. So Gott will, wird es nicht meine letzte gewesen sein.

 
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