Rosen haben Stacheln. Klar, das ist bekannt. Auch der Sanddorn ist eine wehrhafte Pflanze. Ebenso die Schlehe. Doch gibt es Bäume, die Stacheln haben? „Ja, die gibt es, auch in Würzburg“, sagt Ulrike Schulz und führt den Neugierigen zu einem Baum im Ringpark nahe des Bahnhofs, der von weitem gar nicht allzu sehr auffällt. Doch tatsächlich. Beim Näherkommen sieht man: Dieser Baum besitzt tatsächlich Stacheln. „Das ist ein Lederhülsenbaum“, berichtet Schulz.
Beruf ins Hobby verwandelt
Die 66-Jährige aus Rottendorf liebt alle Arten von Pflanzen und Tieren. Sie weiß auch eine Menge darüber, was da in ihrer Heimat kreucht und fleucht. Schulz studierte in Würzburg Biologie und Chemie, sie vertiefte sich in Genetik, Neurophysiologie und die Evolutionslehre. Lange unterrichtete sie diese Themen im Schweinfurter Alexander-von-Humboldt-Gymnasium. Seit fünf Jahren ist sie im Ruhestand. Seitdem wandelt sie ihren Beruf zurück in ihr liebstes Hobby.
Seit genau einem Jahr befasst sich Ulrike Schulz mit den Bäumen des Würzburger Ringparks. Dort gibt es allerhand markante Arten – etwa einen Schnurbaum, eine Blaue Atlaszeder, einen Götterbaum und drei verschiedene Mammutbäume. Von den 300 verschiedenen Gehölzen, die im Ringpark stehen, sind 35 markiert und nummeriert. Allen diesen Bäumen ging Ulrike Schulz detektivisch nach: „Mich interessiert die Familie der Bäume, woher sie ursprünglich stammen, wie sie sich fortpflanzen und welche biologischen und ökologischen Besonderheiten sie aufweisen.“
Gleich neben dem Lederhülsenbaum mit seinen Stacheln, die einst Wildtiere abhalten sollten, steht ein Urweltmammutbaum. Der hat nadelartige Blätter – ebenso wie der Riesenmammutbaum, der ebenfalls im Ringpark in der Nähe des Quellenbachparkhauses zu finden ist. Nadelbäume, weiß man, werfen im Winter ihr Laub nicht ab. Darum eignen sie sich ja so gut als Christbaum. „Doch der Urweltmammutbaum ist anders“, sagt Schulz. Der „Metasequoia glyptostroboides“, wie die Pflanze mit ihrem botanischen Namen heißt, wirft in der kalten Saison sogar ihre Kurztriebe ab.
Überhaupt stellt dieser Baum eine kleine Sensation dar: „Er ist ein lebendes Fossil.“ Eigentlich dachte man nicht mehr daran, dass es diesen hölzernen Genossen noch geben würde auf der Welt: „Er wurde vor gar nicht so langer Zeit in Nordchina entdeckt.“ Ende der 1940er Jahre gelangte er über die USA nach Europa.
Umfangreiches Material hat Ulrike Schulz nun zu den interessantesten Bäumen zusammengetragen. Möglich war ihr dies durch das Internet. Früher, sagte sie, sei sie allein auf ihre Artenbestimmungsbücher angewiesen gewesen. Davon hat sie zwar eine Menge und in jedem Buch steht viel drin. Doch längst nicht alles. Das weltweite Netz eröffnete ihr ein internationales Recherchepool, das sie in den vergangenen Monaten ausgiebig nutzte.
Allerdings mit großer Vorsicht. Schließlich sollte man nicht alles glauben, was im Internet verbreitet wird. „Doch es gibt solide Seiten, etwa solche, hinter denen eine Universität steht“, sagt Schulz. Wichtig war ihr, die im Internet gefundenen Informationen in Büchern zu überprüfen, um nicht leichtfertig Halbwahrheiten aufzusitzen.
Baum-Wissen weitergeben
Nachdem alles Material zusammengetragen ist, möchte Ulrike Schulz die Bäume noch fotografieren. Und dann? Das weiß sie noch nicht genau. „Es reizt mich, Wissen an andere Menschen weiterzugeben“, sagt sie. Deshalb sei sie ja auch Lehrerin geworden. Doch in welcher Form sie ihr umfangreiches Wissen über die Bäume des Ringparks weitergeben könnte, steht noch nicht fest.
„Auf jeden Fall habe ich schon oft gehört, dass die Menschen, denen ich davon erzählte, es interessant finden, was ich mache“, meint sie. Schön wäre es darum, würde es möglich werden, Baumführungen durch den Ringpark zu organisieren.