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WÜRZBURG
Grippeimpfstoff mit „Krebs-DNA“
Bayerns Krankenkassen haben zu Beginn dieser Woche einen Grippeimpfstoff freigegeben, der bei Ärzten zu Irritationen führt. Es handelt sich um das Mittel Optaflu.
Von unserem Redaktionsmitglied Gisela Rauch
 |  aktualisiert: 22.06.2022 09:22 Uhr

Hausärzteverbands-Chef Dr. Dieter Geis aus Randersacker (Lkr. Würzburg) bezeichnet Optaflu als „Mittel zweiter Wahl“, das er nur an Menschen verimpfen würde, die dringend eine Impfung bräuchten – und auch nur für den Fall, dass Anfang Dezember kein Alternativmittel vorliege. Dr. Steffen van Gelder, Hausarzt aus Gochsheim (Lkr. Schweinfurt), drückt sich deutlicher aus. Er werde diesen Impfstoff nicht bestellen, sagt er. „Ich rate allen Patienten von dem Präparat ab. Denn wer möchte schon Krebs-DNA geimpft bekommen!“

Tatsächlich ist Optaflu in der Branche umstritten. Der Einsatz von Optaflu sei nicht im Sinne des Verbrauchers, warnt Wolfgang Becker-Brüser aus Berlin. Der Arzt ist zugleich Chefredakteur des „Arznei-Telegramms“; er wurde für seinen „konsequenten Einsatz für die unabhängige Arzneimittelinformation“ 2011 mit dem Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Gegenüber dieser Zeitung sagt er: „Hier wird durch die Hintertür ein Mittel auf dem Markt eingeführt, dessen Schädigungspotenzial Fragen offenlässt.“

Laut Becker-Brüser wird bei der Herstellung von Optaflu eine aus Hunde-Nieren hergestellte Zell-Linie als Nährmedium genutzt. „Und diese Zell-Linien sind hoch-tumorig.“ In den USA werde Optaflu nicht zugelassen, weil dort Berater der Arzneimittelbehörde davon ausgingen, dass das Mittel noch „Bruchstücke von potenziell krebserregender DNA“ enthalte. Dass Optaflu jetzt als Ersatz-Grippeimpfstoff nicht nur in Hamburg und Schleswig-Holstein, sondern auch in Bayern in großem Stil eingesetzt wird, hält Becker-Brüser für „misslich.“ Optaflu wird von Novartis Vaccines produziert – jenem Konzern, der für den Bayern-Markt zum September 1,9 Millionen Impfdosen Begripal herstellen sollte, deren Auslieferung aber auf Ende November verschoben hat.

Thomas Metz, Sprecher des Bayerischen Apothekerverbands, bestätigt auf Anfrage, dass Novartis derzeit Optaflu auf dem bayerischen Markt anbiete. Zum potenziellen Risiko, das von Optaflu ausgehe, will Metz nicht Stellung nehmen. Stattdessen verweist er darauf, dass das Paul-Ehrlich-Institut, Deutschlands oberste Impfbehörde, Optaflu freigegeben hat. In einer Pressemitteilung des Instituts heißt es, dass „die Tumorigenität des zur Anzucht der Impfviren verwendeten Zellsubstrats keine Gefährdung für den Menschen“ darstelle. Experte Becker-Brüser bezweifelt exakt diese Aussage und verweist auf frühere Fehleinschätzungen der Impfbehörde.

Optaflu wird am heutigen Donnerstag über den Großhandel auch an rund 30 unterfränkische Apotheken ausgeliefert. All diese Apotheken hätten frühzeitig bei Novartis bestellt, sagt Holger Schmitt, Einkäufer beim Pharma-Großhändler Ebert + Jacobi. Schmitt zufolge ist der Mangel an Grippe-Impfmitteln noch immer groß; die verschiedenen Hersteller schickten immer nur „Kleinstmengen“ auf den Markt.

Die Hälfte seiner impfwilligen Patienten hat der Gochsheimer Hausarzt Steffen van Gelder im letzten Monat mit diesen „Kleinstmengen“ impfen können. 300 weitere Patienten haben noch keine Impfung, wollen sie aber. Aber Optaflu kommt diesem Arzt nicht in die Spritze.

 
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