
Auch für langjährige Exil-Würzburger wie mich hält die fränkische Mentalität noch Überraschungen bereit. Zum Beispiel in einer Bäckerei, wo ich öfter einkaufe, weil die Backwaren lecker und die Verkäuferinnen nett sind. Nun scheinen die beiden Damen Urlaub zu haben. Die Filiale wird gerade von einer mir unbekannten jungen Frau betreut, auf deren Namensschild ihr Vorname und „Ich lerne noch“ steht.
„Grüß Gott“, sage ich freundlich. Sie sagt nichts, woraus ich schließe, dass sie in der Bäckerei noch das Sprechen lernt. „Ein Stück Zwetschgenkuchen, bitte“, sage ich. Sie sagt nichts. „Ich möchte mir da noch ein wenig Zucker aus Ihrem Zuckerstreuer drauf streuen“, sage ich. Sie sagt nichts und packt den Kuchen ein. „Ich wollte mir da noch Zucker drauf streuen“, erinnere ich. Sie sagt nichts, packt den Kuchen wieder aus und stellt ihn vor mich, auf dass ich ihn zum Streuer trage. Während ich das tue, teile ich der Fachkraft mit, dass ich auch ein Weißbrot wünsche. Sie sagt nichts, nimmt den Laib aus dem Regal, tippt Zahlen ein. Da, endlich, spricht sie: „Dreizwanzig.“