Die defizitäre Geomed-Klinik in Gerolzhofen und das geplante Nachhaltigkeitszentrum in Handthal bildeten die Hauptstreitpunkte in der Debatte um den Kreishaushalt. Die Leitlinien der Kreispolitik zog indessen keiner der Fraktionschefs in Zweifel, auch die Erhöhung der Kreisumlage um 1,5 Punkte auf 47,5 Prozent stellte niemand in Frage. So gab es eine breite Mehrheit für den 79,2-Millionen-Etat, dessen Fünf-Millionen-Minus weitgehend aus Rücklagen gedeckt wird. Nur Grüne und Linke versagten ihr Jawort wegen der Finanzierung des Frauenhauses (wir berichteten).
Die letzte Grundsatzdebatte des Gremiums vor der Landratswahl im September nutzte der designierte SPD-Kandidat Florian Töpper nicht zum Angriff. Eher schon waren bei Amtsinhaber Harald Leitherer (CSU), der wieder antritt, Wahlkampf-Zwischentöne zu registrieren. Er legte einer Art Leistungsbilanz des Landkreises vor und skizzierte die Schwerpunkte der Kreispolitik für die nächsten Jahre: Investitionen in die Schulen, in das Straßennetz, in die Biomüllvergärungsanlage, in ein gemeinsames Tarifsystem des Nahverkehrs und in Gemeinde-Projekte wie den Umbau des Ufers am Ellertshäuser See. Dazu kämen die Folgen aus dem Abschalten des Kernkraftwerks Grafenrheinfeld und dem Abzug der US-Armee. Gerade bei Letzterem dürften das Handwerk, dem jährliche Aufträge in zweistelliger Millionenhöhe verloren gingen, und Privathaushalte, denen Mietausfälle bevorstünden, nicht außer acht gelassen werden. Freie-Wähler-Chef Peter Seifert würdigte ausdrücklich, dass Leitherer die Fragen der Konversion zur Chefsache gemacht habe.
„Wir sind in der Lage zu agieren“, lobte der Landrat die Bereitschaft des Gremiums, die Kreisumlage zu erhöhen. Nach den Vorstellungen des Kreiskämmerers Wolfgang Schraut soll sie auch in den nächsten Jahr angehoben werden, bis sich der Trend der sinkenden Umlagekraft der Gemeinden wieder umkehrt.
In seiner moderaten Ansprache machte Florian Töpper (SPD) deutlich, dass der Landkreis in der Steuer- und Umlagekraft an Boden verloren habe. Dass das ursprüngliche Ziel verfehlt worden ist, die Kreisumlage bis 2014 nur auf 47 Punkte zu heben sei „keine Schande“, weil man dies den Gemeinden gut begründen könne. Kritik äußerte Töpper beim Projekt „Jugendsozialarbeit an den Mittelschulen“: Es sei nicht akzeptabel, dass dies Kommunen und Landkreis finanzieren müssten, sondern es liege in der Verantwortung des Freistaats: „Es darf nicht von der finanziellen Leistungsfähigkeit einer Kommune abhängen, ob Schulsozialarbeit stattfindet oder nicht.“ Der SPD-Fraktionschef forderte angesichts der Energiewende ein höheres Tempo bei der Umsetzung eines gemeinsamen Nahverkehrstarifs ein.
Vorsitzender Arthur Arnold äußerte sich sehr ausführlich über die inhaltlichen Intentionen der CSU-Mehrheitsfraktion. Er stellte heraus, dass der Landkreis trotz der Haushaltslage 12,7 Millionen Euro investiere – vor allem in seine Bildungseinrichtungen. Und er erinnerte daran, dass die Gemeinden trotz der Umlageerhöhung in der Summe 1,17 Millionen Euro weniger zahlten als 2011. „Wir haben uns im Landkreis sehr gut aufgestellt“, bilanzierte Arnold über die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen. In Bayern gebe es keinen Landkreis, der so vernetzt sei wie der Schweinfurter.
Peter Seifert (Freie Wähler) würdigte die Konsolidierung des Kreisaltenheims Werneck, die die Parteifreien angestoßen hätten. Und er machte darauf aufmerksam, dass der Schuldenberg der Gemeinden doppelt so hoch sei wie der des Landkreises.
Auch Birgid Röder (Grüne) unterstrich, dass die Verschlechterungen im Etat nicht hausgemacht seien, sondern aus der reduzierten Umlagekraft und der Erhöhung der Bezirksumlage stammten. Damit werde die Finanznot der Kommunen verschärft. In das „allgemeine Jammern“ über den Gewerbesteuereinbruch, der unter anderem am Kernkraftwerksstandort Grafenrheinfeld zu verzeichnen ist, wolle sie nicht einstimmen: Diese Einnahmen „waren für uns immer belastet“.
Klaus Schröder (Linke) kritisierte nicht nur die praktizierte Leiharbeit in Geomed-Klinik und Kreisaltenheim, sondern insofern auch den Kauf des Realschulgebäudes in Schonungen, weil dort nun Brandschutzmängel aufgetaucht sind. In diese Kerbe schlug auch Karl-Heinz Hiller (FDP). Er mahnte zudem an, dass angesichts der Kassenlage „das hohe Maß“ an freiwilligen Leistungen überprüft werden müsse.
Als heftigster Kritiker des erneut steigenden Defizits an der Geomed-Klinik (bis 2014 über eine Million Euro) zeigte sich der Freie Wähler Seifert. Er bekannte sich zwar zur Pflichtaufgabe, „aber nicht auf Dauer um jeden Preis“. Man müsse den Verantwortlichen deutlich machen, dass „dieses finanzielle Desaster nicht gottgegeben“ sei. Auch die Grüne Röder sieht dort zwingenden Handlungsbedarf. CSU-Fraktionschef Arnold sprach davon, dass man sich „wirtschaftlicher aufstellen“ müsse. Heinz Lorz (Rep) forderte gar einen Rettungsschirm. Den gebe es bereits, sagte Landrat Leitherer in Anspielung auf die Defizitübernahme des Landkreises.
Eine zum Teil hitzige, aber wenig fruchtbare Debatte über das geplante Nachhaltigkeitszentrum in Handthal löste Röder mit der Bemerkung aus, dort alle Gruppen einzubeziehen und es nicht als „Vereinsheim von ,Unser Steigerwald e.V.'“ erscheinen zu lassen. Dessen Initiator und Vorsitzender Gerhard Eck sagte, dass erst die Rahmenbedingungen, also die Vereinsgründung für das Wald-Zentrum in Handthal, feststehen müssten, bevor man darüber reden könne, welche Gruppen mitmachen sollen. Darauf legte auch Landrat Leitherer wert. Skepsis äußerte Karl-Heinz Hiller (FDP), ob derlei Einrichtungen wirklich einen Mehrwert für den Landkreis bringen.