
Hart, anspruchslos und wachsam mit hoher natürlicher Intelligenz, zuverlässig für den eigenen Nachwuchs sorgend – typisch fränkische Attribute? Jedenfalls sind es Eigenschaften, die der Fränkischen Landgans zugeschrieben werden, einer seit 2004 anerkannten neuen „alten“ Geflügelrasse. Beate Meisenzahl in Weilbach (Lkr. Miltenberg) züchtet diese Tiere und hat mit ihnen schon mehrfach den Titel eines Deutschen Meisters errungen.
Auf einer saftig grünen Wiese neben dem Flüsschen Mud weiden unter Schatten spendenden Bäumen Beate Meisenzahls Gänse: drei Paare mit zurzeit 22 Jungtieren. Mit ihnen hofft sie, die Erfolge der vergangenen Jahre zu wiederholen, wobei sie 2013 besonders viele Meriten einheimste: Sieg bei der Deutschen Zuchtbuchmeisterschaft in Hannover, bayerischer Meistertitel bei der Landesgeflügelschau in Kulmbach, Deutsche Meisterin bei der Bundesschau in Leipzig.
Früher hat Beate Meisenzahl mit ihrem Mann Stefan Pommerngänse gezüchtet, aber „so richtig gute Ausstellungserfolge hatten wir nicht“. 2003 entdeckte sie in Geiselwind die Fränkische Landgans im Farbschlag blau. „Da wusste ich: Das ist sie.“
So beschreibt die 52-Jährige die Vorzüge des hellblau gefiederten Wassergeflügels: selbstbrütend, das heißt, die Gans brütet zuverlässig ihre Eier selbst aus und führt ihre Jungen, der Ganter passt auf die Brut auf, ja, wird sogar aggressiv und bissig, wenn er sie verteidigen muss. Das Sozialverhalten im Familienverband gefällt ihr besonders: „Das passt einfach.“
Und dann die außergewöhnliche Farbe: Die Flanken und das gesamte Deckgefieder sollen laut Rassestandard von einheitlichem reinen mittleren Blau sein mit einer durchgehenden schmalen weißen Federsäumung, rein weiß sind Bauch- und Aftergefieder. Beate Meisenzahls preisgekrönte Tiere entsprechen diesem Standard sehr genau – wenngleich der Laie das Hellblau je nach Lichteinfall auch für Hellgrau halten könnte.
Um Fränkische Landgänse erfolgreich auf Ausstellungen präsentieren zu können, sei bei der Haltung Schatten besonders wichtig, betont die Züchterin: „Die hellblaue Federfarbe ist empfindlich und bleicht in der Sonne aus.“ Natürlich brauchen die Tiere auch ausreichend Grünfutter, außerdem Korn „für eine feste Feder“ und „immer frisches Wasser“.
Besonders zutraulich sind die Fränkischen Landgänse nicht, nicht einmal mit ihrer Lieblingsspeise, rohen Möhren, lassen sie sich so weit anlocken, dass man sie anfassen könnte. Warum Beate Meisenzahl keines der Tiere einfangen und für ein Foto auf den Arm nehmen will, erschließt sich später: „Wenn bei einer Gans eine Feder abbricht, ist sie für Ausstellungen bis zum nächsten Jahr verloren. Die Feder wächst zwar nach, aber es sieht fleckig aus“, erklärt sie.
Als eigenständige Rasse wurde die Fränkische Landgans 2004 vom Bund Deutscher Rassegeflügelzüchter (BDRG) anerkannt. „Vater“ der Fränkischen Landgans ist Ernst Mensinger (79), Gründer des Vogel-Pony-Märchenparks Geiselwind (heute: Freizeit-Land Geiselwind). In einem Beitrag für die „Geflügel Zeitung“ beschreibt er 2003 sehr anschaulich, wie er in den hintersten Winkeln der fränkischen Provinz, auf abgelegenen Gehöften an Main und Saale die für die Region typischen Bauerngänse von hellblauer Gefiederfarbe suchte, die selbstständig auf den Flussauen weiden, zuverlässig ihr Gelege ausbrüten, ihre Gössel aufmerksam behüten und – nicht zuletzt – einen schmackhaften Braten abgeben. Wie er „weit droben bei den Haßbergen und herangrüßenden Rhönhöhen“ . . . zum ersten Mal bei einer betagten Gänsehalterin anklopfte – und abblitzte: „Aus der Fensterluke neben der Haustüre musterte mich misstrauisch ein altherbes, wettergebeiztes Großmuttergesicht. ,Hab nix, verkauf nix!', zischte es mir von dem noch vorhandenen einzelnen langen Schneidezahn unten links entgegen, kaum dass ich den Grund meiner Vorsprache erläutern konnte.“ Wie ihm „die vielen schönen Hellblauen dort hinten im Garten und am Bach“ der Gevatterin keine Ruhe ließen. Und wie ihm einige Freikarten für seinen „Laden in Geiselwind“ für Sohn und Enkel der Rhöngroßmutter, eine Dose Schnupftabak und ein paar Geldscheine doch noch den Weg zu den begehrten Gänsen ebnete.
Etwas über zwei Jahre dauerte seine „Frankengans-Safari“ und endete mit einer Ausbeute von rund 40 blauen Tieren. Aus diesem Grundstock wählte er vier Ganter und acht Gänse für den Zuchtbeginn in Geiselwind aus. 2002 und 2003 stellte er erstmals bundesweit in Hannover aus und erntete schnell gute Noten. Damit stand einer Anerkennung als Rasse nichts mehr im Weg. Heute weiß der 79-Jährige seine züchterischen Bemühungen bei Beate Meisenzahl „in besten Händen“.
Seit 2004 hat die Fränkische Landgans eine steile Karriere hingelegt. Nach Angaben von Beate Meisenzahl war die „Fränkische“ im vergangenen Jahr die auf Ausstellungen in Deutschland meistpräsentierte Gänserasse. An dieser Popularität hatte ne-ben Ernst Mensinger das Ehepaar Meisenzahl erheblichen Anteil. „Wir haben in den ersten zehn Jahren alle Bundesschauen mitgemacht, um die Rasse zu präsentieren“, blickt Stefan Meisenzahl zurück. Im Herbst legt das Ehepaar mit den Tieren und seinem Transporter oft Hunderte von Kilometern zurück. „So bekloppt sind nicht viele“, grinst Meisenzahl.
Der Lohn für die Mühen sind schöne Tiere – und Trophäen: Ein ganzer Armvoll kunstvoll bestickter Bänder erzählt von den Erfolgen auf Landes- und Bundesebene. Und davon, dass die Fränkische Landgans für ihre Heimat bundesweit Ehre einlegt.
Fränkische Haustierrassen
Franken verfügt über einige typische Haustierrassen, wie häufig schon der Name sagt. Bei den Rindern ist es das „Fränkische Gelbvieh“, ein großwüchsiges Zweinutzungsrind mit hellgelber bis rotgelber Fellfarbe.
Das Rhönschaf ist in unserer Region sehr bekannt und inzwischen wieder recht zahlreich. Es steht aber ebenso wie das Coburger Fuchsschaf bei der Gesellschaft zur Erhaltung bedrohter Haustierrassen auf der Vorwarnstufe.
Die Taubenzucht erfreut sich in Franken augenscheinlich großer Beliebtheit, denn es gibt die Fränkische Feldtaube, die Fränkische Bagdette, die Fränkische Herzschecke, die Fränkische Trommeltaube und das Fränkische Samtschild, Coburger und Nürnberger Lerchen, Nürnberger Bagdette und Nürnberger Schwalbe.
Die Rhönziege ist in den 1920er Jahren ausgestorben, auch die Frankenziege gibt es nicht mehr, ihre Rassemerkmale sind in der Bunten Deutschen Edelziege zu finden.
Das typische Spessarthuhn – mittelgroß, schwarzes Gefieder, Rotgoldhals und mit Schopf – ist nach dem Zweiten Weltkrieg von der Bildfläche verschwunden. Züchter Thomas Zöller, Bürgermeister von Mönchberg (Lkr. Miltenberg), widmet sich seit Jahren dem Wiederaufleben dieser Rasse. Zwar hat er inzwischen Hühner, die dem einstigen Spessarthuhn gleichen, doch weil es keine direkte Blutlinie gibt, gelten sie als Neuzüchtung und brauchen einen anderen Namen. Als „Fränkisches Landhuhn Herkunft im Spessart“ soll das Huhn Karriere machen. Doch noch hat der Zucht- und Anerkennungsausschuss des Bundes Deutscher Rassegeflügelzüchter das Fränkische Landhuhn nicht als Rasse anerkannt. Laut Zöller werde bemängelt, dass sich seine Hühner noch nicht einheitlich genug darstellen.
Der Aischgründer Karpfen kann sich seit 2012 mit einem EU-Gütesiegel und der Bezeichnung „geschützte geografische Angabe“ (g.g.A.) schmücken. Mehr in Thüringen zu verorten sind die grauschwarz-marmorierten Kaninchen der Rasse Rhön-Rex. TEXT: geha