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FRANKEN
Franken im Mittelalter: Erst Randzone, dann Zentrum
Mit den Merowingern kamen die Franken ins Maingebiet – und ein neuer Glaube. Es war ein längerer Prozess, bis die Region fränkisch und römisch-katholisch wurde.
Fränkische Ritterspiele: Das erste Turnier auf deutschem Boden soll laut dem Chronisten Otto von Freising am 12. August 1127 vor den Toren Würzburgs stattgefunden haben. Die Illustration stammt aus der Würzburger Bischofschronik von Lorenz Fries (1489/91-1550).
Foto: Unibibliothek Würzburg | Fränkische Ritterspiele: Das erste Turnier auf deutschem Boden soll laut dem Chronisten Otto von Freising am 12. August 1127 vor den Toren Würzburgs stattgefunden haben.
Christine Jeske
 |  aktualisiert: 11.11.2021 13:44 Uhr

Der Merowinger Chlodwig I. vergrößerte bis zu seinem Tod im Jahr 511 nicht nur sein Fränkisches Reich, er trat auch zum Christentum über. Seine Taufe in Reims, die ins Jahr 496 datiert wird, hatte für die Bevölkerung in den von ihm und von seinen Söhnen eroberten Gebieten Konsequenzen. Alle Stämme hatten den römisch-katholischen Glauben anzunehmen, also auch die Menschen, die im Maingebiet, also im östlichen Randgebiet des Merowingerreichs, siedelten. Sie sollten ihren alten Götterglauben ablegen.

Beinahe wäre es anders gekommen. Chlodwig soll auch mit dem arianischen Glauben geliebäugelt haben, der damals unter den spätantiken Herrschern verbreitet war. Danach ist Jesus Christus, der Sohn Gottes, nicht wesensgleich mit Gott. Dies war nach dem katholischen Dogma der Dreieinigkeit von Vater, Sohn und Heiliger Geist ein Irrglaube. Doch aus Chlodwig wurde – zumindest nach außen hin – ein römisch-katholischer Christ. Die Frage der Religion war für ihn keine Glaubenssache, sondern eine strategische Angelegenheit und diente dem Machtausbau. Hätte er sich nicht für Rom entschieden, dann gäbe es heute womöglich in Würzburg kein Kilianifest. Denn die irische und auch die angelsächsische Missionierung hätten wohl kaum in dieser Intensität stattgefunden, ebenso die Legendenbildung um den heiligen Kilian.

Zeugnis vom Leben und Sterben des „Frankenapostels“ geben zwei Handschriften: die „Passio minor“, die zwischen 752 und 840 entstanden sein soll, und die „Passio maior“ (um 960). Die Legendengeschichten sind also Jahrzehnte nach dem überlieferten gewaltsamen Tod des irischen Missionars und seiner beiden Begleiter Kolonat und Totnan im Jahr 689 entstanden. Mit ihnen begann jedoch unter dem ersten Bischof von Würzburg, dem Angelsachsen Burkhard, der Aufstieg Würzburgs zum kirchlichen Zentrum. Es dauerte aber noch rund zwei Jahrhunderte, bis sich in den ostfränkischen Gebieten tatsächlich das Christentum durchgesetzt hat.

Mit den Merowingern kam nicht nur der neue Glaube oder neue Waffen wie die gefürchtete Wurfaxt „Franziska“ in die Region. Sie brachten auch Kostbarkeiten mit: etwa Trinkhörner aus Glas. Eines davon fand man in einem Grab in Salz an der Saale. Auch neue Keramikformen tauchten ab dem 6. Jahrhundert auf, wie Funde in Kleinlangheim, Eußenheim oder in Zeuzleben zeigen.

Schriftliche Quellen aus dieser Zeit sind dagegen wenig vorhanden. Würzburg taucht erstmals 704 in einer Urkunde von Herzog Hetan II. als „castellum Virceburch“ auf. Hetan gilt als Sohn des – der Legende nach – Mörders von Kilian, Herzog Gozbert. Er war ein mächtiger und wie es scheint auch frommer Mann und er hatte auch in Thüringen das Sagen. Jedenfalls werden in der Urkunde von 704 dem angelsächsischen Missionar Willibrord thüringische Güter übertragen – als materielle Grundlage seiner Glaubensvermittlung. Ohne Geld und mächtige Fürsprecher war schon damals nichts zu gewinnen.

Der Aufstieg zum Kirchenzentrum begann für Würzburg 741/742. Es wurde durch Bonifatius zum Bistum. Zusammen mit dem später von Heinrich II. im Jahr 1007 gegründeten Bistum Bamberg wurden dort und in den Pfalzen der Reisekönige die kirchen- und reichspolitischen Geschicke gelenkt.

Karolinger, Ottonen, Salier und Staufer – alle Herrschergeschlechter hielten sich oft und zuweilen gerne in Franken auf, etwa Karl der Große in seiner Pfalz in Salz nahe dem heutigen Bad Neustadt/Saale. Die Region gewann zunehmend an Bedeutung. Sie lag in der Mitte des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, war Königsland und Kronprovinz, jedoch kein in sich geschlossenes Gebiet mit einem Zentrum – aber ein umkämpfter Schauplatz machtpolitischer Interessen von Kirche, Königen, Kaisern und Adelsgeschlechtern. Auch die Würzburger Bischöfe waren darin verwickelt.

Freie Reichsstädte bildeten sich im 13. Jahrhundert. Sie waren nur dem Kaiser unterstellt. Dazu zählten etwa Schweinfurt, Rothenburg ob der Tauber, Nürnberg, Windsheim und Weißenburg. Am Ende des Mittelalters, um 1500, schuf der Habsburger Maximilian I. den Fränkischen Reichskreis, in dem geistliche und weltliche Fürsten sowie Vertreter der Reichsstädte vertreten waren. Eines der Ziele des politischen Zusammenschlusses Reich war der Erhalt des Landfriedens.

Doch es wurden nicht nur Kämpfe ausgetragen, Städte gegründet, Territorien abgesteckt und gewichtige Diskussionen geführt. Einblicke ins Alltagsleben um 1500 bietet zum Beispiel das reich bebilderte Volkacher Salbuch. Darin wird gezeigt, wie Hanns Gensmelker seine Gänse auf den Markt treibt, abgebildet ist auch eine Henkersmahlzeit und ein „Hurenwirt“ mit seinen Damen.
 


Eckdaten der Geschichte

689: Mission und Martyrium der irischen „Frankenapostel“ Kilian, Kolonat und Totnan.

741/42: Gründung des Bistums Würzburg.

751: Absetzung des Merowingerkönigs Childerich III. unter Mitwirkung des ersten Würzburger Bischofs Burkhard.

768: Karl der Große wird König und 800 Kaiser. Er hält sich oft im Maingebiet auf.

833: Karls Enkel Ludwig der Deutsche tituliert erstmals als „rex in orientali Francia“ (König Ostfrankens). Im Vertrag von Verdun 843 erhält er offiziell das rechtsrheinische Gebiet des Karolingerreichs.

936-973: Regierungszeit Ottos des Großen; sein Sohn und Gegner Liudolf hat in Franken mächtige Anhänger.

941: Otto der Große verleiht Würzburg das Privileg der freien Bischofswahl.

1007: Heinrich II. gründet das Bistum Bamberg.

1039-1056: Regierungszeit des Saliers Heinrich III.; er macht Nürnberg zu seinem Zentrum.

1156: Friedrich I. Barbarossa (Staufer) heiratet in Würzburg Beatrix von Burgund; 1168 erkennt er die herzogliche Gewalt des Würzburger Bischofs in der „Güldenen Freiheit“ an.

1211: Friedrich II. (Staufer) wird in Nürnberg zum König gewählt; sein Sohn und Mitkönig im römisch-deutschen Reich, Heinrich VII., hat im Würzburger Bischof Heinrich von Lobdeburg einen engen Verbündeten.

1314-1347: Regierungszeit des Wittelsbachers Ludwig IV., bekannt als Ludwig der Bayer (aktuelle Bayerische Landesausstellung in Regensburg bis 2. November).

1356: In Nürnberg wird die „Goldene Bulle“ erlassen, sie regelt die Wahl der deutsch-römischen Könige durch Kurfürsten.

1500: Der Habsburger Maximilian I. ruft den Fränkischen Reichskreis ins Leben. Text: cj

Fränkische Kunst: Ab 1499 schuf Tilman Riemenschneider das Grabmal Kaiser Heinrichs II. und seiner Frau Kunigunde. Es befindet sich im Bamberger Dom.
Foto: David Ebener, dpa | Fränkische Kunst: Ab 1499 schuf Tilman Riemenschneider das Grabmal Kaiser Heinrichs II. und seiner Frau Kunigunde. Es befindet sich im Bamberger Dom.
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