zurück
WÜRZBURG
Finanzamt zeigt bei Zahnlabor Biss
Von unserem Redaktionsmitglied Manfred Schweidler
 |  aktualisiert: 16.12.2020 12:06 Uhr

Lange mag der Spruch „Morgenstund' hat Gold im Mund“ für den Chef eines Zahntechnischen Labors gegolten haben – am Dienstagmorgen aber nicht: Da kamen ihm ein eingestandener Betrug und seine kreative Auslegung der Steuergesetze vor Gericht teuer zu stehen.

Zwölf Monate Gefängnis (mit Bewährung) sowie eine satte Geldstrafe von 480 Tagessätzen zu je 110 Euro sind das Lehrgeld dafür, dass er versucht hatte, das Finanzamt hinters Licht zu führen. 150 000 Euro an Steuern soll er sich zumindest im nicht verjährten Zeitraum 2004 bis 2009 erspart haben. Nach einer Beratung mit seinem Anwalt gestand der 48-Jährige zehn der ursprünglich 15 angeklagten Fälle.

Nicht nur da hat er es mit dem Gesetz nicht so genau genommen. In der Region hat er es zuvor mit Würzburgs bekanntestem Schwarzbau zu einiger Bekanntheit gebracht. Den tempelartigen Rohbau eines Wohnhauses hatte er auf die Wittelsbacher Höhe geklotzt, der die genehmigten Ausmaße weit überschritt. Mit juristischen Finessen wehrte er sich gegen einen Rückbau, der Schlagabtausch darüber, wie es weitergeht, zieht sich hin. Seit vier Jahren wird nicht weiter gebaut, bestätigte ein Sprecher der Stadt. Die Anordnung zum Rückbau konterte der 48-Jährige mit einem neuen Bauantrag. Darüber wird am 11. Dezember vor dem Verwaltungsgerichtshof gestritten.

Zur Finanzierung des Bauprojektes diente ein Teil der kreativen Maßnahmen zur Geldbeschaffung, die das Finanzamt herausfand. Beispielsweise meldete der Angeklagte nach dem Sturm „Emma“ 2008 seiner Versicherung einen Schaden von 9000 Euro an seinem Labor. Doch den gab es nicht. Das Geld sollte, wie ein Steuerfahnder sagte, dazu dienen, „um Bauleistungen an seinem Haus am Hexenbruch zu tätigen“.

Der Angeklagte gab auch an, das Haus nach der Fertigstellung komplett vermieten zu wollen. Die Idee dahinter: einen fünfstelligen Betrag der Kosten steuermindernd absetzen zu können. Beim Studium der Baupläne fanden die Ermittler aber heraus, dass eine Vermietung „nie beabsichtigt war“, sagte der Fahnder.

„Es kam, wie es kommen musste: Man entdeckte noch mehr.“
Ein Steuerfahnder im Fall des angeklagten Zahntechnikers

Die Finanzbeamten, die 2010 bei der Prüfung seines Zahntechnik-Labors Verdacht geschöpft hatten, sahen genauer nach. „Es kam, wie es kommen musste“, sagte der Steuerfahnder im Zeugenstand selbstbewusst. „Man entdeckte noch mehr.“ In den Büchern standen fünf Beschäftigte, für die über Jahre hinweg Löhne von bis zu 8000 Euro gezahlt wurden. Aber die Arbeitsverhältnisse waren nur fingiert. In Düsseldorf bestellte der Angeklagte 21 Kilo Gold, das in seiner Firma verbucht, aber nie für die Zähne von Patienten gedacht war. Er kassierte für Rücklieferungen Bonuszahlungen, auf die Steuern fällig gewesen wären. Doch der Angeklagte ließ das Geld an ein diskretes Privatkonto in Liechtenstein überweisen, „das dem Finanzamt nicht bekannt war“, so der Finanzbeamte.

Von der Berufsgenossenschaft ließ er sich 90 000 Euro auszahlen für eine Maschine, die den gesundheitlichen Schaden nach einem Arbeitsunfall kompensieren sollte. Das Geld strich er privat ein, indem er eine fingierte Rechnung vorlegte. Dies war Betrug. Es gab zurückdatierte Rechnungen und falsche Erklärungen gegenüber dem Fiskus. Die fachlich versierten Schöffen schüttelten teilweise fassungslos den Kopf über das, was sie hörten. Am Ende blieb das Gericht über der Strafe, die der Staatsanwalt gefordert hatte. „Ich hoffe, Sie lernen“, mahnte Richter Jürgen Weber.

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Betrug
Finanzämter
Jürgen Weber
Steuerfahnder
Steuergesetze
Zahntechniker
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen