Die Ereignisse, die im Herbst 1989 zum Mauerfall und schließlich zur Wiedervereinigung geführt haben, jähren sich in diesem Herbst zum 25. Mal. Aus diesem Anlass ist es durch das Engagement von Lehrkräften aus dem Bayernkolleg und dem Alexander-von-Humboldt-Gymnasium gelungen, die Wanderausstellung „Feind ist, wer anders denkt“ über die Staatssicherheit der DDR nach Schweinfurt ins Bayernkolleg zu holen.
Sie ist unter großem Interesse in Anwesenheit von Oberbürgermeister Sebastian Remelé von Schulleiter Peter Rottmann und einer Gesprächsrunde mit Roland Jahn, dem Bundesbeauftragen für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes (BStU) eröffnet worden. Jahn ist seit 2011 Leiter der Stasi-Behörde, Nachfolger von Joachim Gauck und Marianne Birthler in diesem Amt. Die Ausstellung hat direkten Bezug zu Schweinfurt.
„Hoffentlich sind Sie freiwillig hier“ – mit diesen Worten begann Roland Jahn die Gesprächsrunde mit den vielen Zuhörern, die zu der Ausstellungseröffnung gekommen waren. Diese auf den ersten Blick flapsige Bemerkung machte sogleich betroffen und beschrieb das Lebensgefühl, das er als Schüler empfunden hatte. „Wir wollten doch eigentlich nur Spaß haben und Party machen - aber man hat es nicht zugelassen.“ Letztendlich trat bei Jahn der entscheidende Wandel hin zu einer bewussten und aktiven Haltung für Persönlichkeitsrechte ein, als Mathias, einer seiner besten Freunde, im Gefängnis zu Tode kam. Wer trägt Verantwortung? Wer trägt ein diktatorisches System? Einfache Antworten auf diese Fragen gibt es nicht.
Bevormundung und Beschneidung auch noch so kleiner Persönlichkeitsrechte ließen bei ihm Zweifel an dem Regime in der DDR wachsen. Im Zusammenhang mit der Biermann-Ausbürgerung wurde er als „unliebsames Subjekt“ 1983 zwangsausgebürgert.
Die Aufgabe der Stasi-Behörde sieht Jahn in einem Verstehensprozess. Bei der Aufarbeitung der mit der Stasitätigkeit verbundenen Verletzungen gehe es nicht nur um Wahrheitsfindung, sondern auch darum, die Funktionsweise eines Systems und die Beteiligung des Einzelnen zu verstehen. Auch die Beilegung menschlicher Konflikte und zerstörter Beziehungen ist ihm ein Anliegen. Er wünscht sich, dass die Verräter die Chance haben, sich von der Last zu befreien, dass sich Verratene und Verräter wieder in die Augen schauen und die Hand reichen können.
Die sehr persönlichen Worte machten betroffen und ließen die Einschränkung und Ohnmacht spürbar werden. Mucksmäuschenstill verfolgten die Anwesenden Jahns Ausführungen. Wie groß das Interesse und der Informationsbedarf sind zeigten die vielen Fragen aus dem Publikum. Ja, er habe seine eigene Akte gleich nach der Zugänglichmachung der Unterlagen eingesehen und einen Riesenbammel davor gehabt, was er dabei erfahren müsse. Freiheit und Selbstbestimmung als großes Gut seien zu wichtig, als sich selbst unpolitisch zu verhalten und die demokratischen Rechte nicht auszuüben. Das gab der Bundesbeauftragte den Zuhörern am Ende der Veranstaltung mit auf den Weg.
Die Ausstellung ist im Bayernkolleg, Florian-Geyer-Str. 13 in Schweinfurt bis 15. Oktober 2014 (auch am 3. Oktober von 11 bis 15 Uhr) für Schüler Montag bis Freitag von 9 bis 13 Uhr und für externe Besucher Montag bis Donnerstag von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Führungen für Gruppen können unter Tel. (01 72) 8 13 31 34 oder per E-Mail unter ausstellungen@bstu.bund.de vereinbart werden. Projekttage an Schulen nach Anmeldung
Vortrag: Aktion „Zug“ – Die Botschaftsflüchtlinge auf ihrer Fahrt von Prag nach Hof am 1. Oktober um 19.30 Uhr. Referent: Konrad Felber, BStU